BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Kultusminister der Länder für den morgigen Montag ins Kanzleramt bestellt, um mit ihnen über die Schulen in der Corona-Krise zu sprechen. Mit dabei sind die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sowie Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Offiziell geht es dabei insbesondere um weitere Schritte bei der Digitalisierung des Unterrichts. Bei der letzten Runde von Merkel, Esken, Karliczek sowie einigen Kultusministern am 13. August in Berlin war es nach Informationen von News4teachers allerdings auch um einen besseren Corona-Schutz für Schüler und Lehrer gegangen. Merkel hatte auf einen Vier-Stufen-Plan gedrängt, der je nach Infektionsgeschehen konkrete Maßnahmen vorsieht – mit mäßigem Erfolg.
Im Vorfeld des Treffens hat sich Merkel in einem Podcast an Schüler, Eltern, Erzieher und Lehrer gewandt. „Für uns alle waren und sind die unterschiedlichen Beschränkungen, die zur Eindämmung der Pandemie ergriffen werden mussten, belastend und einschneidend. Besonders betroffen waren die Schulen und Kitas und damit Millionen Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Erzieher und Lehrerinnen und Lehrer in ganz Deutschland“, so sagt sie darin. „Von heute auf morgen musste der Schulalltag komplett auf das Lernen zu Hause umgestellt werden. Und es wurde deutlich, wie wichtig das Lernen mit digitalen Medien und wie wichtig digitale Bildungsformate sind. Die Schulschließungen haben hier zu einer großen Dynamik geführt. Es wurde aber auch deutlich, was alles noch nicht funktioniert. Daher müssen wir die Digitalisierung der Schulen mit Hochdruck weiter vorantreiben. Wir brauchen sie als eine unverzichtbare Ergänzung zum Präsenzunterricht.“
Merkel: Alle Lehrer brauchen einen für digitalen Unterricht geeigneten Computer
Der Bund unterstütze die Länder mit massiven Investitionen. Allein innerhalb des Digitalpaktes Schule fördere der Bund mit insgesamt sechs Milliarden Euro den Aufbau digitaler Lern- und Infrastrukturen an den Schulen.
Merkel: „Ich bin sehr froh, dass die Schulen nach den Sommerferien den Präsenzbetrieb wieder aufgenommen haben, auch wenn der Alltag unter ‚Corona-Bedingungen‘ noch nicht wieder so ist wie vorher.“ Weiter sagt sie: „Wir haben konkrete Vorstellungen, über die wir sprechen wollen: Alle Schulen sollen so schnell wie möglich an das schnelle Internet angeschlossen werden. Wir wollen den Einsatz von digitalen Lernsystemen und Cloudangeboten für die Schulen voranbringen. Und, das ist ganz wichtig, damit digitaler Unterricht überhaupt stattfinden kann: Alle Lehrerinnen und Lehrer brauchen die geeigneten Computer dafür.“
Warum dafür eigens ein neues Treffen in dieser Runde notwendig ist, erklärt die Kanzlerin allerdings nicht: Die Anschaffung von Lehrer-Laptops wurde ebenso längst verabredet wie schnelles Internet für alle Schulen (News4teachers berichtete umfassend darüber).
Die Bundeskanzlerin hatte auf einen Vier-Stufen-Plan für die Schulen gedrängt
So wird es bei diesem Treffen wohl ebenfalls um den Infektionsschutz an den Schulen gehen – wie schon bei der letzten Runde in ähnlicher Zusammensetzung. Beim informellen Schulgipfel am 13. August im Kanzleramt, an dem auch KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD) teilnahm, war offiziell ebenfalls nur über die Digitalisierung der Schulen und die Ausstattung der Lehrer mit Laptops gesprochen worden. Nach Informationen von News4teachers hatte Merkel bei der Gelegenheit allerdings für ein Stufenkonzept beim Infektionsschutz in Schulen getrommelt. Vorbild war Bayern, das vor den Sommerferien einen Vier-Stufen-Plan mit Schwellenwerten vorgelegt hatte. Schulschließungen beispielsweise sollten ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern und Woche innerhalb eines Landkreises oder einer Stadt erfolgen.
Ironischerweise verschob die Staatsregierung in München dann unmittelbar vor Schuljahresbeginn im Freistaat diese Grenzwerte plötzlich nach oben – und machte aus vier Stufen nur noch drei. Die hohen Infektionszahlen in Bayern hätten ansonsten den Schulstart im Regelbetrieb gefährdet (News4teaches berichtete über das Manöver – hier geht es zu dem Beitrag).
Entsprechend dünn fiel dann auch die Reaktion der Kultusministerkonferenz (KMK) auf Merkels Vorstoß aus. Formal wurde dem Wunsch der Kanzlerin nach einem Vier-Stufen-Plan zwar entsprochen. Der Rahmenplan sieht vom „Regelbetrieb“ über „eingeschränkten Regelbetrieb“ (mit Maskenpflicht im Unterricht) über ein „Wechselmodell“ (Abstandsgebot gilt wieder, wodurch kleiner Lerngruppen nötig werden) bis hin zur „vollständigen Umstellung auf Distanzunterricht“ vier Szenarien vor.
Unverbindliche Vorgaben für die Länder, was für Schulen in der Pandemie gelten soll
Allerdings verzichteten die Kultusminister darauf, Schwellenwerte festzulegen, wann welche Stufe greift. Auch sind darin nur unverbindliche „Möglichkeiten“ aufgelistet. In der Konsequenz bedeutet das, dass jedes Bundesland weiterhin nach Gusto entscheiden kann, ob und wann es in Schulen Maßnahmen zum Corona-Schutz ergreift.
Das daraus resultierende Maßnahmen-Durcheinander ließ sich in dieser Woche gut beobachten. Während bei Ausbrüchen in zwei Schulen im Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern der Schulbetrieb einstellt wurde und sämtliche jeweils rund 900 Schüler und Lehrer in Quarantäne geschickt wurden (News4teachers berichtet ausführlich), blieb der bislang größte Corona-Ausbruch an einer deutschen Schule, betroffen ist eine Schule in Hamburg mit 36 infizierten Schülern und Lehrern, praktisch folgenlos: Der Schulbetrieb läuft weiter; lediglich ein Teil der Schülerschaft wurde überhaupt getestet (auch darüber berichtet News4teachers). In einigen Landkreisen sowie in München wurde die als kritisch geltende Marke von mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gerissen, was nach dem ursprünglichen bayerischen Stufenplan die sofortige Schließung aller Kitas und Schulen in der Region bedeutet hätte. Verhängt wurde dort aber lediglich eine Maskenpflicht im Unterricht der weiterführenden Schulen.
Merkel betont in ihrem Podcast: „Am kommenden Montag habe ich ein wichtiges Treffen. Ich werde mit den Kultusministerinnen und Kultusministern der Länder, der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek weiter daran arbeiten, dass unsere Schulen so gut wie möglich durch die Pandemie kommen.“ Dafür gibt es augenscheinlich viel zu tun. News4teachers
Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.
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