BERLIN. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat in Anbetracht der dramatisch steigenden Corona-Infektionen gefordert, in den Schulen den zeitgleichen Unterricht für alle Schüler zu beenden. Sonst drohen ihm zufolge ein Lockdown – und ein deutlicher Anstieg der Todeszahlen.
«Wenn wir nicht wollen, dass die Schulen mit regelmäßigem Schulausfall auch noch zu Hotspots werden, sollten die Schulklassen jetzt aufgeteilt werden in Vormittags- und Nachmittagsunterricht», sagte er der «Bild am Sonntag». Generell fügte er hinzu, wenn es in den nächsten zwei bis drei Wochen nicht gelinge, die persönlichen Kontakte zu beschränken, werden es in wenigen Wochen harte Ausgangsbeschränkungen wie im Frühjahr geben. «Die Einschränkungen, die jetzt beschlossen wurden, reichen leider nicht aus, um überfüllte Intensivstationen und einen deutlichen Anstieg der Todeszahlen im Dezember zu verhindern.»
“Präsenz-Unterricht kann zum Superspreading-Event werden”
«Präsenz-Unterricht kann zum Superspreading-Event im Herbst und Winter werden», hatte der studierte Epidemiologe bereits Anfang Oktober gewarnt (News4teachers berichtete). Um das Infektionsgeschehen einzudämmen, riet Lauterbach dazu, die Abstandsregel wieder einzuführen – und dann eben den Unterricht für einen Teil der Schüler morgens und für die anderen am Mittag zu beginnen. «Dafür braucht es einen entschlackten Lehrplan für das laufende Schuljahr, in dem manche Fächer ausnahmsweise nicht unterrichtet werden müssen – oder nur noch virtuell.» So würden überfüllte Klassenräume und Stoßzeiten an den Schulen verhindert und das Risiko für Ansteckungen etwa in Bussen und Bahnen verringert.
Zurzeit laute das Motto an den Schulen aufgrund fehlender Konzepte der Kultusministerien «Maske auf und durch», kritisierte Lauterbach. «So gefährden die zuständigen Behörden unter Umständen die Gesundheit der Schüler, Lehrer und Eltern und riskieren immer weiter steigende Infektionszahlen, weil Schüler das Virus genauso wie Erwachsene weitergeben können.»
Kultusminister missachten die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für den Schulbetrieb
Das Robert-Koch-Institut empfiehlt ab einem Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen innerhalb einer Woche auf 100.000 Einwohner für alle Schulen des betroffenen Gebiets eine generelle Maskenpflicht im Unterricht (also auch in Grundschulen) sowie eine Verkleinerung der Lerngruppen, damit die Abstandsregel in den Klassenräumen eingehalten werden kann (News4teachers berichtet ausführlich über die Empfehlungen des RKI für den Schulbetrieb – hier geht es hin). Keines der Bundesländer beachtet die Empfehlungen, obwohl in vielen Regionen Deutschlands die Schwellenwerte längst gerissen werden. Allenfalls die Maskenpflicht im Unterricht wurde vereinzelt verhängt, zumeist aber nur in den weiterführenden Schulen oder sogar nur in den Oberstufen.
Die Gesundheitsämter meldeten laut Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) innerhalb eines Tages 11.176 in Deutschland neue Corona-Infektionen (Stand: 25.10., 00.00 Uhr). An Sonntagen sind die erfassten Fallzahlen allerdings meist niedriger, auch weil am Wochenende weniger getestet wird. Vor genau einer Woche waren es noch 5.587 Neuinfektionen an einem Tag. News4teachers / mit Material der dpa
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