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Karliczek räumt ein, dass Präsenzunterricht mit Ansteckungsgefahr verbunden ist – und wirbt für „hybriden Unterricht“. Gegen Gebauer

DÜSSELDORF. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat eingeräumt, dass Schulen keineswegs „sichere Orte“ sind, wie die Kultusminister der Länder unisono beteuern. „Der volle Präsenzunterricht birgt natürlich eine Gefahr von gegenseitigen Ansteckungen in sich, die auch nach Hause getragen werden können“, sagte Karliczek in einem Interview mit der in Düsseldorf (sic!) erscheinenden „Rheinischen Post“. Pikant: Karliczek wirbt darin für „hybride Unterrichtsformen“, also eine Mischung aus Präsenz- und Fernunterricht – die die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) in der vergangenen Woche der Stadt Solingen verbieten ließ.

Sorgt sich um den Schulbetrieb: Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Foto: BMBF / Laurence Chaperon

Gebauer pocht seit Monaten darauf, dass „die Schulen sichere Orte“ seien. Erst unlängst betonte sie: „Schulen sind keine Hotspots und es gab auch kein unkontrolliertes Infektionsgeschehen.“ Im Gegenteil, so Gebauer: „Die strengen Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen werden eingehalten und wirken.“

„Ältere Schüler kommen besser mit einer Mischung von Präsenz- und Distanzunterricht zurecht“

„Eine Mischung von Präsenz- und Distanzunterricht gerade in den höheren Jahrgängen könnte gemeinsam mit anderen Maßnahmen als ein Sicherheitspuffer wirken, wenn die Infektionszahlen noch stärker steigen“, sagt nun Karliczek. „Ältere Schülerinnen und Schüler kommen auch besser mit einer Mischung von Präsenz- und Distanzunterricht zurecht als jüngere.“ Die Ansteckungsrisiken ließen sich bei „hybriden Unterrichtsformen“ reduzieren. Allerdings sei deren Einführung nicht leicht. „Deswegen unterstützen wir die Schulen beim Digitalunterricht auch so sehr“, meint die Bundesbildungsministerin.

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Die Stadt Solingen hatte in der vergangenen Woche bei einem Inzidenzwert von über 200 Neuinfektionen binnen sieben Tagen auf 100.000 Einwohner angekündigt, an weiterführenden Schulen die Klassenstärken zu halbieren und je 50 Prozent der Schüler digital zu unterrichten. Konkret sollte bis Ende November wechselweise die Hälfte einer Klasse im Präsenz-, die andere Hälfte daheim im Distanzunterricht lernen.

Das Vorhaben, dem sich offenbar weitere Städte anschließen wollten, wurde auf Betreiben von NRW-Schulministerin Gebauer gestoppt. Der sogenannte „Solinger Weg“ widerspreche einem gleich gerichteten Vorgehen innerhalb des Landes, aber auch den Vereinbarungen der Länder untereinander, sagte sie. „Er wird den vielfältigen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler nicht gerecht, vor allem nicht unter dem Gesichtspunkt der Bildungsgerechtigkeit.“

Karliczek stellt sich nun offen gegen Gebauer: „Wichtig ist, dass die Schulleitungen genug Freiraum haben, passende Wege für ihre Schule zu finden. Jede Schule ist anders. Sollten die Infektionszahlen, was wir nicht hoffen, weiter steigen, kann ich persönlich hybriden Unterrichtsmodellen gerade in diesem Winter einiges abgewinnen.“ Die Solinger Stadtverwaltung hatte ihr Konzept gemeinsam mit den Leitungen der örtlichen Schulen entwickelt. Ein Schulleiter ließ den getrennten Unterricht an seiner Schule trotz des Verbots aus Düsseldorf auch laufen – einen Tag lang. „Die Abmahnung hänge ich mir im Goldrahmen an die Wand. Und würde dazu auch gerne die Presse einladen und begründen, warum ich das tue“, so erklärte er zu der Aktion.

Karliczek spricht sich für Maskenpflicht im Unterricht auch der Grundschulen aus

Noch in einem anderen Punkt stellt sich Karliczek gegen Gebauers Schulpolitik – und hinter eine Kommune: Die Bundesbildungsministerin spricht sich klar für eine Maskenpflicht auch im Unterricht der Grundschule aus, die in Nordrhein-Westfalen ausdrücklich nicht gilt. „Eine allgemeine Maskenpflicht im Unterricht halte ich in einer Phase hoher Infektionszahlen selbst an Grundschulen ebenfalls für zumutbar, auch wenn das Maskentragen über den Tag natürlich lästig ist“, sagt sie.

Die Stadt Krefeld (Inzidenzwert: über 200) hat angekündigt, eine Maskenpflicht im Unterricht ihrer Grundschulen einführen zu wollen. Bereits 30 Prozent der Grundschulen in der Stadt seien von Corona-Infektionen betroffen, so begründete das die Verwaltung. Auch in diesem Fall wird befürchtet, dass das Schulministerium sein Veto einlegt. News4teachers

Schulen sind sicher? Wie wäre es mal mit der Wahrheit, Kultusminister?

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