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Bund-Länder-Gipfel: Müssen Kitas und Schulen wieder schließen? KMK-Präsidentin: „Wir sind bereit, unseren Teil beizutragen“

BERLIN. Fast 30.000 Neuinfektionen, fast 600 Tote – die zweite Corona-Welle rollt unerbittlich. Immer mehr Bundesländer reagieren mit drastischen Maßnahmen. Morgen treffen sich die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin, um weitere Schritte zu beschließen. Die Kultusminister rechnen offenbar damit, dass der Präsenzunterricht weitgehend eingestellt wird. Sie seien „bereit, ihren Teil beizutragen“, erklärte KMK-Präsidentin Hubig. Schließungen sollten aber nur kurz erfolgen.

Kommen die Schulschließungen – wie hier im März in Nürnberg – zurück? Foto: Shutterstock

Immer mehr Bundesländer stemmen sich mit verschärften Einschnitten in das private und öffentliche Leben gegen die sich dramatisch ausbreitende Corona-Pandemie in Deutschland. Bereits vor einem Treffen der Länderregierungschefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Sonntag kündigten Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein weitere Beschränkungen an. Am Sonntag wird eine Entscheidung für einen bundesweiten Lockdown erwartet.

Ab 10.00 Uhr soll es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Schaltkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten geben. Über den genauen Zeitpunkt gab es lange Unklarheit. Laut «Bild»-Zeitung plädiert das Kanzleramt für Laden-, Schul- und Kitaschließungen ab dem kommenden Mittwoch.

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Hubig: Einschränkungen des Regelbetriebs an den Schulen sollten möglichst kurz gehalten werden

Die Länder stellen sich auf eine Schließung von Schulen ein. Beim Beschluss eines harten Lockdowns am Wochenende seien die Bildungsminister «auch bereit, unseren Teil beizutragen», sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und rheinland-pfälzische Bildungsministerin, Stefanie Hubig (SPD). Einschränkungen des Regelbetriebs an den Schulen sollten aber möglichst kurz gehalten werden, auch mit Blick auf die Abschlussklassen. In Rheinland-Pfalz beginnt das Abitur bereits am 7. Januar.

Eine Verlängerung der kommenden Weihnachtsferien soll es nach den Worten Hubigs nicht geben. Möglich sei aber Anfang Januar eine Zeit mit eingeschränktem Unterricht. «Wir wollen, dass die Schülerinnen und Schüler möglichst viel Präsenzunterricht haben, aber nicht in eine Situation geraten, dass im Januar die Infektionszahlen hochgehen», sagte die Mainzer Bildungsministerin. Besondere Aufmerksamkeit benötigten jüngere Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen. Es sei wichtig, «sie schnell wieder in den Regelbetrieb zu bekommen». Auch sei in den unteren Jahrgangsstufen im Fall von Schulschließungen wieder eine Notbetreuung erforderlich.

Kultusminister Lorz: “Schulen sind keine Brandbeschleuniger, keine Treiber der Pandemie”

«Ob Deutschland einen Lockdown macht, das entscheiden die Ministerpräsidenten», sagte der Hamburger Schulsenator Ties Rabe (SPD). Wenn dann auch Schulen geschlossen werden müssten, sollten die Erfahrungen vom Frühjahr mitbedacht werden. «Jüngere können alleine gar nicht lernen, sie brauchen die Anleitung durch Erwachsene.» Fernunterricht sei auch für Kinder und Jugendliche in beengten Wohnverhältnissen ihrer Familien problematisch. «Uns wundert, wie schnell das in Vergessenheit geraten ist», sagte Rabe zu Forderungen nach Schulschließungen und mehr Wechselunterricht von Lernen in der Klassengemeinschaft und zuhause.

Niemand solle glauben, dass eine Schließung von Schulen «die entscheidende Stellschraube» für die Eindämmung der Corona-Pandemie wäre, sagte der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU). Wenn es nicht auch weitere Einschränkungen wie im Einzelhandel gäbe, würden sich die jungen Menschen dann außerhalb der Schulen infizieren. Die bisherigen Erkenntnisse zeigten, «dass Schulen natürlich keine virusfreien Blasen sind, aber dass sie auch keine Brandbeschleuniger sind, keine Treiber der Pandemie».

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, forderte ein schnelles Ende des Präsenzunterrichts. «Wo es noch nicht geschehen ist, muss jetzt zügig auf Digital- und Distanzunterricht umgeschaltet werden», sagte er der «Augsburger Allgemeinen». Zudem müssten die Ferien früher beginnen, außerdem brauche es schnell einen harten Lockdown mit strenger Einschränkung von Kontakten. «In den Schulen müssen wir sofort handeln, und der harte Lockdown sollte noch vor Weihnachten beginnen», sagte Dobrindt.

An den Lockerungen um die Feiertage will er demnach aber festhalten. Man müsse das Infektionsgeschehen vor Weihnachten eindämmen. «Das erreichen wir auch mit dieser Art von Vorquarantäne für die Schüler», sagte Dobrindt. Weihnachten selber könne dann mit einem geringeren Risiko in der Familie stattfinden.

«Die Lage ist bitterernst», sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag in Berlin. Die von den Gesundheitsämtern übermittelten Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden schnellten von Donnerstag auf Freitag um über 6000 auf insgesamt 29.875 hoch. 598 Todesfälle wurden übermittelt. Beides war jeweils ein neuer Höchstwert.

Steinmeier sagte bei einer Online-Gesprächsrunde mit Bürgern: «Wenn sich, wie zur Zeit, jeden Tag Zehntausende Menschen mit dem Virus infizieren, wenn täglich Hunderte an dem Virus sterben, dann bedeutet das wohl auch, dass wir unsere Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie dringend weiter verstärken müssen.» Dies gelte für die politischen Entscheidungen auf allen Ebenen, aber auch für das persönliche Verhalten. Jeder müsse sich fragen: «Was kann ich tun, damit sich das Virus nicht noch weiter verbreitet? Wie kann ich noch mehr Vorsicht für mich und noch mehr Rücksicht für andere üben?»

Sachsen verhängt von Montag an einen Lockdown – und schließt alle Kitas und Schulen

In Schleswig-Holstein soll es für Schüler ab der 8. Klasse keinen Präsenzunterricht mehr geben. In Nordrhein-Westfalen endet die Präsenzpflicht am Montag ebenfalls vorerst, wie Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mitteilte. Ab Klasse acht wird auf Distanz unterrichtet, Schüler der unteren Stufen können von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen. Die Schulferien werden um zwei Tage verlängert. Sachsen verhängt zur Eindämmung der Corona-Pandemie von Montag an einen Lockdown und fährt das öffentliche Leben herunter. Die genauen Maßnahmen beschloss das Kabinett am Freitagabend in Dresden in seiner neuen Corona-Schutzverordnung. Schulen, Kitas und Horte bleiben demnach zu, ebenso zahlreiche Geschäfte im Einzelhandel.

Der Lockdown in Sachsen soll bis zum 10. Januar Kitas, Horte und Schulen bleiben vom 14. bis einschließlich 8. Januar dicht. Es wird zwar eine Notbetreuung für Eltern in systemrelevanten Berufen angeboten – die Regeln sind aber strenger als im Frühjahr. In der Regel müssen beide Eltern einen Nachweis ihres Arbeitgebers erbringen. Die Schulbesuchspflicht wird aufgehoben. In der Woche vor den Weihnachtsferien, die am 19. Dezember beginnen, sowie vom 4. bis zum 8. Januar ist «häusliche Lernzeit» angesagt. Kultusminister Christian Piwarz (CDU) warb dafür, die Online-Angebote des Freistaates zu nutzen. «Wir haben die Zeit seit dem ersten Lockdown genutzt und sind mit unseren digitalen Diensten deutlich besser aufgestellt als im Frühjahr.»

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich eindringlich für einen bundesweiten Lockdown noch vor Weihnachten aus: «Wir müssen handeln, und zwar so schnell wie möglich.» Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte bei einem gemeinsamen Termin mit ihm in Nürnberg, es brauche «ohne Zweifel auch bundesweit einheitlich zusätzliche Maßnahmen – besser früher als später». Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte dem «Spiegel»: «Die einzige Chance, wieder Herr der Lage zu werden, ist ein Lockdown, der aber sofort erfolgen muss.»

Merkel hatte die Kultusminister schon im Sommer dazu gedrängt, Schwellenwerte für Schutzmaßnahmen an Schulen einzuführen – vergeblich

Laschet verteidigte die Entscheidung, es vor einigen Wochen zunächst mit einem Teil-Lockdown versucht zu haben: «Natürlich haben viele Wissenschaftler immer mal wieder etwas gesagt, aber ich kenne keinen, der uns vor acht Wochen gesagt hätte, macht jetzt einen totalen Lockdown», sagte er am Freitag RTL/ntv. Er sprach sich für ein gemeinschaftliches Vorgehen und für einen bundesweiten Lockdown noch vor Weihnachten aus. «Die Einschätzung, dass der Teil-Lockdown ausreicht, die hat sich leider nicht bewahrheitet und deshalb ist jetzt diese Entscheidung aus meiner Sicht erforderlich. Klar, schnell, am besten schon morgen.»

Seit Anfang Oktober liegt die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts vor, ab einem Inzidenzwert von 50 die Abstandsregel in den Klassenräumen (und damit Wechselunterricht) sowie eine Maskenpflicht im Unterricht auch der Grundschulen einzuführen. Nordrhein-Westfalen hat sich – wie alle anderen Bundesländer – nicht an diese Empfehlung gehalten. Merkel hatte die Kultusminister schon im Sommer darauf gedrängt, verbindliche Schwellenwerte für Schutzmaßnahmen in Schulen festzulegen – vergeblich. Bei den Bund-Länder-Gipfeln Anfang und Mitte November unternahm die Bundeskanzlerin Versuche, die Ministerpräsidenten zur Annahme der RKI-Empfehlungen zu bewegen – vergeblich. News4teachers / mit Material der dpa

Kultusminister tagen – und beschließen nichts. Beckmann: Unverantwortlich!

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