Website-Icon News4teachers

Gebauer nennt Szenarien für den Schulbetrieb. RKI-Empfehlungen missachtet sie weiter

Anzeige

DÜSSELDORF. Eine Verlängerung der Winterferien bis Ende Januar, wie aktuell vom Kinderschutzbund gefordert, lehnt NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer als «nicht praktikabel» ab. Nun hat sie ein Stufenmodell abhängig von der Infektionslage vorgestellt. Mit den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für den Schulbetrieb in der Pandemie hat das aber wenig zu tun: Wechselunterricht soll es erst ab einem Inzidenzwert von 200 geben – und dann auch nur in einzelnen Schulen für bestimmte Lerngruppen.

Bleibt bei ihrem Kurs: NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer. Foto: FDP NRW

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hat Schüler und Lehrer auf drei verschiedene Szenarien beim Schulbeginn im neuen Jahr vorbereitet. Abhängig von den Infektionszahlen der Corona-Pandemie könne es Einschränkungen geben, die aber konkret erst am 5. Januar 2021 bei der Sitzung der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin getroffen werden, kündigte Gebauer am Montag in Düsseldorf an. Bis zum 7. Januar werde dies dann für den Schulbetrieb in NRW konkretisiert. Der Unterricht soll nach Ende der Winterferien am 11. Januar beginnen.

Für den Wechselunterricht gelten so viele Einschränkungen, dass er praktisch nicht stattfinden wird

In einem Schreiben an die Schulen skizzierte das Schulministerium ein Stufenmodell für den Schulunterricht im neuen Kalenderjahr. Im günstigsten Fall («Stufe 1») werde es landesweiten Präsenzunterricht für alle unter Berücksichtigung der Vorgaben für Hygiene und Infektionsschutz geben. Nur in Einzelfällen, etwa bei konkreten Quarantäne-Maßnahmen, werde auf Distanzunterricht ausgewichen.

Anzeige

Als «Stufe 1+» bezeichnete das Ministerium das zweite Szenario: Einen angepassten Schulbetrieb in Hotspots. In Kreisen oder kreisfreien Städten mit einer 7-Tages-Inzidenz oberhalb von 200 können die Behörden Einschränkungen des Schulbetriebs anordnen, die zum Beispiel zu einer Teilung von Klassen oder Kursen führen können «und damit in der Regel parallel bzw. im Wechsel Präsenz- und Distanzunterricht erforderlich machen.»

Dabei gelten allerdings Einschränkungen, die das Modell in der Praxis weitgehend verhindern werden: Die Maßnahme soll nicht für die Klassen 1 bis 7 und Abschlussklassen gelten. Und sie darf nicht für alle Schulen einer von hohen Infektionszahlen betroffenen Stadt oder eines betroffenen Landkreises gelten. Ausdrücklich ist beim Schulministerium von “Einzelschulen” die Rede – und davon dass Distanzunterricht nur “schulscharf für einzelne Lerngruppen oder Teile von Lerngruppen” erfolgen dürfe. Und: Die Landesregierung muss die Maßnahme genehmigen. Heißt: Der Stadt Solingen, die bereits Anfang November mit ihren weiterführenden Schulen in den Wechselunterricht gehen wollte, wird die Maßnahme auch nach den Weihnachtsferien verboten (News4teachers berichtete ausführlich über den Fall Solingen).

Maskenpflicht im Unterricht der Grundschulen kann zwar in der «Stufe 1+» erlassen werden – wer das entscheidet und auf welcher Grundlage, das bleibt aber offen.

Bei «Stufe 2» kann es einen landesweit eingeschränkten Schulbetrieb geben – ab wann das eintritt, bleibt offen

Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für Schulen sehen hingegen vor, dass ab einem Inzidenzwert von 50 in einer Großstadt oder in einem Landkreis Wechselunterricht mit kleineren Lerngruppen eingeführt wird, damit die Abstandsregel in den Klassenräumen gelten kann, sowie Maskenpflicht im Unterricht aller Jahrgänge erlassen wird. NRW ignoriert (wie alle anderen Bundesländer auch) die Empfehlungen. Der Inzidenzwert für NRW liegt heute (21. Dezember) im Schnitt bei 186.

Bei «Stufe 2» käme als drittes Szenario ein landesweit eingeschränkter Schulbetrieb in Frage. «Ziel ist es dabei, den Präsenzunterricht für die Klassen 1 bis 7 – wo immer möglich – sicherzustellen. Ab einschließlich Klasse 8 kann Distanzunterricht im Wechsel von Präsenz- und Distanzbetrieb mit Ausnahme der Abschlussklassen vorgesehen werden», schreibt Gebauer. Zudem gelte dann eine generelle Maskenpflicht auch im Unterricht. Ab wann diese «Stufe 2» gelten soll, bleibt offen.

Ein weiteres Szenario bleibt geheim – sind damit Schulschließungen in der Fläche gemeint?

Gebauer verriet, dass es noch ein weiteres Szenario gebe: «Ich will es nicht hoffen, aber es kann auch darüber hinaus noch eine Eskalationsstufe geben. Die betrifft dann aber nicht nur die Schulen», sagte Gebauer. Dies habe man bewusst nicht aufgeführt. Wie ein solches Szenario aussähe – ob damit Schulschließungen in der Fläche gemeint sind -, wollte sie auch auf Nachfrage nicht ausführen.

Die Nationalakademie Leopoldina hatte in einer Stellungnahme Anfang Dezember, an der auch RKI-Präsident Prof. Lothar Wieler sowie Charité-Chefvirologe Prof. Christian Drosten mitgearbeitet hatten und die dann zur wissenschaftlichen Grundlage für den aktuellen Lockdown wurde, gefordert, für den Wiederbeginn des Unterrichts ab dem 10. Januar 2021 sollte in allen Bundesländern das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Unterricht für alle Jahrgangsstufen verpflichtend sein. Zudem sollten ländereinheitliche Regeln für den Wechselunterricht ab der Sekundarstufe erarbeitet werden, die ab einer bestimmten Inzidenz greifen. (News4teachers berichtete über die Stellungnahme der Leopoldina.) Auch diesen Empfehlungen folgt Gebauer nicht.

Eine Verlängerung der Winterferien bis Ende Januar, wie vom Deutschen Kinderschutzbund gefordert, lehnte Gebauer ebenfalls als «nicht praktikabel» ab. Die Ministerin kündigte an, alle Lehrkräfte und das weitere Personal an den Schulen für die Zeit bis zu den Osterferien mit FFP-2-Masken auszustatten.

Der Verband Bildung und Erziehung begrüßte, dass das NRW-Schulministerium am Montag mit der Tradition der «Freitag-Schulmails, gerne nach oder kurz vor Unterrichtsschluss» gebrochen habe. «Es ist ein Fingerzeig in eine Richtung, die Schulen frühzeitiger über Entscheidungswege- und mögliche Szenarien zu informieren.» Immer wieder hätten die Schulen zuvor sehr kurzfristige Entscheidungen ausbaden müssen.

«Ja, die Situation ist dynamisch, aber die Landesregierung ist gefordert, vorausschauender zu agieren, um gerade in stürmischen Zeiten unnötige Hektik zu vermeiden», forderte der VBE-Landesvorsitzende Stefan Behlau. «Es bleibt zu hoffen, dass das kommende Jahr besser beginnt, als das Jahr 2020 geendet hat.» News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zum “Stufenmodell” der Landesregierung.

Erstes Bundesland kündigt an: In den weiterführenden Schulen wird nach den Weihnachtsferien im Wechsel unterrichtet

Anzeige
Die mobile Version verlassen