DÜSSELDORF. Nordrhein-Westfalen lehnt einen flächendeckenden Wechselunterricht in den Schulen zur Corona-Eindämmung auch weiterhin ab. Einen Weg, wie ihn gerade Bayern mit einer deutlichen Einschränkung des Präsenzunterrichts für ältere Schüler beschlossen hat, zeichnete sich für NRW auch am Montag nach wie vor nicht ab. Das Infektionsgeschehen mache sich zwar auch an Schulen in NRW bemerkbar, die Entwicklung sei aber «erkennbar positiv», hieß es aus dem Schulministerium in Düsseldorf. Wer sich die Zahlen allerdings genauer ansieht, bekommt ein anderes Bild.
Einen Beleg für die Behauptung, die Entwicklung sei «erkennbar positiv», blieb das Ministerium schuldig. Veröffentlicht wurden lediglich punktuelle Daten – und auch die nur relativ: Zum Stichtag 2. Dezember hätten 96,5 Prozent der Schüler am Präsenzunterricht teilgenommen. An dem Tag seien landesweit “nur” sechs Schulen vollständig geschlossen. An 84,3 Prozent der Einrichtungen habe regulärer Präsenzunterricht für alle Klassen stattgefunden – eine Woche zuvor seien es laut Ministerium 81,3 Prozent gewesen. Und an 15,6 Prozent der Schulen befänden sich einige Schüler oder Lerngruppen in Quarantäne.
Das Schulministerium gibt Daten immer nur sporadisch und punktuell heraus – und relativiert sie
Immer wieder veröffentlicht das NRW-Schulministerium – unter dem Druck der Öffentlichkeit – Zahlen zum Infektionsgeschehen unter Schülern und Lehrern, allerdings nur sporadisch und punktuell. Und: Stets werden diese Zahlen relativiert. Heißt: Sie werden in Bezug zu Gesamtzahlen gesetzt. Wenn es allerdings darum geht, die Corona-Situation in Deutschland darzustellen – um etwa die derzeitigen Schließungen von Restaurants und Freizeiteinrichtungen zu rechtfertigen –, dann spielen Vergleichswerte keine Rolle. Würde man beispielsweise die Zahl der täglichen Neuinfektionen zur Bevölkerungszahl in Deutschland (Stand 5. Dezember: rund 23.300 zu rund 83 Millionen) setzen, käme lediglich ein Wert von etwa 0,03 Prozent heraus.
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Bayern will ab Mittwoch von Klassenstufe acht an die Klassen überall teilen und in den Wechselunterricht schicken. In Hotspots ab einer Inzidenz von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche sollen die Schüler ab der achten Klasse komplett in den Distanzunterricht wechseln.
Das Schulministerium will mit betroffenen Städten über “Maßnahmen” reden – verrät aber nicht welche
Für solche Hotspots in NRW gilt laut Düsseldorfer Schulministerium: Die Landesregierung werde mit den Kommunen «ein möglichst zielgerichtetes Vorgehen» vereinbaren. Man werde über die Möglichkeiten zur Einrichtung von Distanzunterricht in einzelnen Schulen reden und über «etwaige weitere Maßnahmen». Das Schulministerium sei dazu in engem Austausch mit dem Gesundheitsressort.
Der Gesundheitssschutz ist dabei allerdings erkennbar zweitrangig: Das Recht auf Bildung für alle Schüler müsse sichergestellt werden, hieß es. Das gehe am besten mit möglichst viel Präsenzunterricht, hatte das Schulministerium schon seit Wochen immer wieder betont. Einen stadtweiten Wechselunterricht, wie ihn die Stadt Solingen plante, hatte das Ministerium untersagt (News4teachers berichtete ausführlich über den Fall).
Das lieferte noch weitere relative Daten: “Nur” 1,8 Prozent der Lehrkräfte seien derzeit in Quarantäne, und bei 0,4 Prozent sei eine Corona-Infektion bestätigt worden. Unter den Schülern gelte für 2,5 Prozent aktuell eine Quarantäne, bei rund 0,19 Prozent ist eine Infektion bestätigt. Zum Vergleich: Das Robert-Koch-Institut hat für die vergangenen sieben Tage in Deutschland rund 120.000 Neuinfizierte gemeldet – das sind 0,14 Prozent, bezogen auf die Gesamtbevölkerung.
Schüler in NRW wären nach dieser Rechnung überproportional von Corona-Infektionen betroffen, Lehrer dort sogar fast dreimal so häufig. News4teachers / mit Material der dpa
An Hamburgs Schulen ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen übers Wochenende um 96 gestiegen. Neue Fälle hätten am Freitag, Samstag und Sonntag insgesamt 58 Schulen gemeldet, teilte die Schulbehörde am Montag mit. Betroffen seien 79 Schülerinnen und Schüler sowie 15 Schulbeschäftigte. «Dabei handelt es sich meist jeweils um einzelne Infektionen pro Schule», sagte ein Sprecher. Das wirft allerdings – umgekehrt – die Frage auf, wie viele der genannten Fälle denn Ausbrüche an Schulen betreffen. Dazu gab es keine Informationen.
Dafür dann das: Im Wochenvergleich sei die Zahl der Neuinfektionen um neun Prozent gestiegen. 18 Klassen seien von den Gesundheitsämtern vorsorglich in Quarantäne versetzt worden. Damit befänden sich nun 78 Klassen sowie 174 Schulbeschäftigte in Quarantäne. Insgesamt haben dem Sprecher zufolge aktuell 138 Schulen 317 Infektionen gemeldet. Mit 256 infizierten Schülerinnen und Schülern sei aber “nur” 0,1 Prozent der Gesamtschülerschaft betroffen. Die 61 infizierten Schulbeschäftigten machten 0,2 Prozent aller Beschäftigen an Schulen aus. Auch hier der Vergleich: Das Robert-Koch-Institut hat für die vergangenen sieben Tage in Deutschland rund 120.000 Neuinfizierte gemeldet – das sind 0,14 Prozent, bezogen auf die Gesamtbevölkerung.
Also sind augenscheinlich auch in Hamburg überproportional viele Lehrer von Corona-Infektionen betroffen.