WIESBADEN. Am Montag beginnt nach den Weihnachtsferien in Hessen wieder die Schule – unter strengeren Corona-Vorgaben. Dabei bleibt allerdings die Frage offen, wie viele Kinder der Stufen 1 bis 6 in den Klassen sitzen werden. Präsenzunterricht wird für sie, anders als in den meisten anderen Bundesländern, angeboten – Kultusminister Alexander Lorz (CDU) hat lediglich die Schulbesuchspflicht aufgeoben.

Lehrervertreter befürchten mit Blick auf den Schulstart nach den Weihnachtsferien unter Corona-Bedingungen ein Chaos an den Schulen. «Zum jetzigen Zeitpunkt weiß niemand, wie viele Kinder sich in der kommenden Woche in den Grundschulen und in den fünften und sechsten Klassen der weiterführenden Schulen aufhalten werden», erklärte die Vorsitzende der GEW Hessen, Maike Wiedwald, in Frankfurt. «Auf dieser Grundlage kann man keinen guten Unterricht vorbereiten», sagte Wiedwald. Hessens Landesregierung sorge «mit ihrer konzeptionslosen Vorgehensweise für chaotische Zustände an den Schulen.»
Dazu komme, dass die Schulen zu wenig Zeit gehabt hätten, sich auf die neue Situation vorzubereiten. Das Kultusministerium habe den Schulen und den Eltern eine Frist von nicht mehr als 24 Stunden eingeräumt, um seine Vorgaben umzusetzen, erklärte die GEW-Co-Vorsitzende Birgit Koch.
“Infektionsketten finden natürlich auch über Kinder und Jugendliche in den Schulen statt”
Der Gesamtverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen in Hessen, die Arbeitsgemeinschaft der Unabhängigen Lehrer Hessen und der Verband der Lehrer Hessen üben in einer gemeinsamen Mitteilung ebenfalls massive Kritik. Darin heißt es: “Wir wissen inzwischen, dass Infektionsketten natürlich auch über Kinder und Jugendliche in den Schulen stattfinden. Die nun aufgehobene Präsenzpflicht mit dem einhergehenden Angebot der (Not)Betreuung ist nicht geeignet, die Pandemie in den Griff zu bekommen und dem Bildungsauftrag gerecht zu werden. Denn es ist davon auszugehen, dass keineswegs nur 10 bis 20 Prozent aller Schüler*innen in die Schule gehen werden. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass eher 2/3 bis 3/4 der Kinder vom Präsenzangebot Gebrauch machen werden. Schließlich ist nicht von einem Zeitraum von 3 sondern von 15 Tagen die Rede.”
Der Verband der Lehrer kann die Logik der Corona-Bestimmungen in Hessen nicht nachvollziehen: «Wenn in Familien nicht einmal die eigenen Kinder zu Besuch kommen dürfen, weil die Anzahl der zugelassenen Haushalte überschritten wird, ist es aber in den Schulen grundsätzlich zulässig, dass bis zu 30 Kinder einer Klasse mit ihren Lehrkräften zusammenkommen können.» Ebendiese Kinder, die in den Klassenräumen nebeneinandersitzen, dürften sich dann allerdings nachmittags nicht mehr treffen.
Für Hessens Schüler soll der Unterricht im Klassenzimmer wegen der Corona-Pandemie bis Ende Januar eigentlich weitgehend wegfallen. Nach dem Beschluss des Corona-Kabinetts der Landesregierung müssen die Kinder der Klassen 1 bis 6 bis zum 31. Januar zum Lernen nicht an die Schulen kommen. Die Präsenzpflicht wird für diese Schüler ausgesetzt. Der Gang zur Schule ist aber möglich, wenn die Eltern arbeiten gehen müssen und sich nicht zu Hause um sie kümmern können. Die Kinder würden dann in der Schule in festen Lerngruppen unterrichtet, wie Kultusminister Alexander Lorz (CDU) erläutert hatte. Für Schüler ab Klasse 7 wird mit Ausnahme von Abschlussklassen grundsätzlich in den nächsten drei Wochen ausschließlich Distanzunterricht angeboten.
Klassen fünf und sechs plus Abschlussklassen neun und zehn? “Damit ist die Schule gut gefüllt”
Ein Sprecher des Kultusministeriums sagte am Freitag, das Anmeldeverfahren für den Schulbesuch der Klassen 1 bis 6 ab Montag laufe noch. An den drei Tagen ohne Präsenzpflicht vor den Weihnachtsferien seien zwischen 10 und 15 Prozent der Kinder an Hessens Schulen gekommen. Auch wenn dies mit der jetzigen Situation nur bedingt vergleichbar sei: In Hamburg würden bei einer ähnlichen Regelung seit dieser Woche rund 20 Prozent der Kinder in die Schule kommen.
Neben den Klassen eins bis sechs sollen in Hessen allerdings auch die Abschlussklassen zurück in den Präsenzunterricht geholt werden, gegebenenfalls in geteilten Gruppen. Die GEW kritisiert das ebenfalls. „An den integrierten Gesamtschulen befindet sich ab der kommenden Woche eine zum jetzigen Zeitpunkt unbekannte Zahl an Schülerinnen und Schülern der Klassen fünf und sechs vor Ort. Darüber hinaus haben wir die Abschlussklassen neun und zehn komplett in der Schule, allerdings meist in geteilten Gruppen. Damit ist die Schule gut gefüllt“, erläutert Maike Wiedwald. News4teachers / mit Material der dpa
Bundesregierung mahnt Länder, Corona-Beschlüsse zu Schulen auch umzusetzen
