WIESBADEN. Für Hessens Schüler fällt der Unterricht im Klassenzimmer wegen der Corona-Pandemie bis Ende Januar weitgehend weg – oder auch nicht. Nach dem Beschluss des Corona-Kabinetts der Landesregierung müssen die Kinder der Klassen 1 bis 6 bis zum 31. Januar zum Lernen nicht an die Schulen kommen, dürfen aber. Die Präsenzpflicht werde für diese Schüler ausgesetzt, sagte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Mittwoch in Wiesbaden. Für Schüler ab Klasse 7 werde grundsätzlich Distanzunterricht in den nächsten drei Wochen angeboten. Ausnahme: Absschlussklassen. Die GEW nennt das „konzeptionslos“.

Mit dieser Regelung sei für jüngere Schüler ab Montag (11.1.) noch eine Art Notbetreuung in den Schulen möglich, wenn Eltern arbeiten gehen müssen und sich nicht zu Hause um sie kümmern können. Die Kinder würden dann in der Schule in festen Lerngruppen unterrichtet, erklärte der Kultusminister. Die Eltern müssten aber keine Sorge haben, dass diese Schüler mehr Unterrichtsstoff erhielten. Die Kinder im Distanzunterricht lernten genauso viel und bekämen das gleiche Material wie die Schüler, die nicht zuhause bleiben können.
Schülern soll ermöglicht werden, ihren Schulabschluss so regulär wie möglich zu erwerben
«Das ist ein trauriger Moment. Denn wir Kultusminister sind von Amts wegen Lobbyisten für Schule», sagte der CDU-Politiker. Sein Ziel sei stets, so viel Schule wie möglich zu ermöglichen. «Ich appelliere aber an alle Eltern, ihre Kinder – wann immer möglich – im Sinne der Kontaktreduzierung zu Hause zu behalten», mahnte Lorz mit Blick auf die anhaltend hohen Corona-Infektionszahlen. Schüler in Abschlussklassen sollten unter Einhaltung des Mindestabstands dagegen weiter unterrichtet werden, teilte der Kultusminister mit. Diesen solle ermöglicht werden, ihren Schulabschluss so regulär wie möglich erwerben zu können. «Dafür brauchen wir den Unterricht», betonte Lorz.
Für die Kinderbetreuung bleibe Hessen bei seiner Linie: Es solle möglichst nur dann eine Betreuung in Anspruch genommen werden, wenn es eine dringende Betreuungsnotwendigkeit gebe, ergänzte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Wer Kinder zuhause betreut, könne bis zu zehn zusätzliche Tage Kinderkrankengeld je Elternteil geltend machen.
“Was Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler, Schulleitungen und Eltern brauchen, ist Verlässlichkeit”
„Die Präsenzpflicht an den Schulen aufzuheben, ist konzeptionslos und wird auch den Erfordernissen zur Eindämmung einer Pandemie nicht gerecht. Was Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler, Schulleitungen und Eltern in den nächsten drei Wochen und langfristig bis zum Ende des Schuljahres brauchen, ist Verlässlichkeit, Planungssicherheit und eine echte Konzeption, wie es mit dem Unterricht unter den Bedingungen der Corona-Pandemie weiter geht“, erklärte Birgit Koch, Vorsitzende der GEW Hessen.
„Bei einer ausgesetzten Präsenzpflicht entscheiden die Eltern, ob ihre Kinder die Schule besuchen – oder eben nicht. Es kann also sein, dass alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse zum Unterricht in die Schule kommen oder eben niemand. Wie soll dann der Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler umgesetzt werden? Sollen Lehrkräfte den vollen Unterrichtstag in der Schule gestalten und zusätzlich auch noch den vollen Unterrichtstag für Kinder und Jugendliche, die zu Hause bleiben, planen und durchführen? Wie sieht es mit der Schulbusbeförderung aus? Wer entscheidet und soll planen, wie viele Busse eingesetzt werden müssen? Und wie soll der Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern gehalten werden? Wie soll das alles digital laufen, da noch längst nicht alle Schülerinnen und Schüler mit einem digitalen Endgerät ausgestattet sind? Das sind nur einige Fragestellungen, die zeigen, dass eine aufgehobene Präsenzpflicht den Erfordernissen der momentanen Situation nicht gerecht wird“, sagt die Gewerkschafterin.
„Für uns ist klar“, so Koch weiter, „dass es nach dem Lockdown an den Schulen nur mit einem Wechselmodell, also dem Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht, weitergehen kann, damit alle auch in den Klassenräumen den Abstand wahren können. Und wir brauchen einen verbindlichen Stufenplan, der abhängig vom Infektionsgeschehen und den Inzidenzwerten vor Ort regelt, welches Unterrichtskonzept greift.“ News4teachers / mit Material der dpa
Kommentar: Wir werden viel verzeihen müssen? Die Liste wird immer länger…
