BERLIN. Die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigten Gratis-Selbsttests für alle werden nun doch nicht schon zum 1. März verfügbar sein – das ist ein Problem auch für den Schulbetrieb. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), hält es für möglich, dass sich geplante weitere Öffnungsschritte für die höheren Klassenstufen dadurch verzögern.

An Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gibt es Kritik, weil die für den 1. März angekündigten Gratis-Schnelltests nun doch nicht so rasch kommen. Breit verfügbare Schnelltests sollen ein wichtiger Baustein werden, um Infektionsketten schnell zu unterbrechen – auch an Schulen. Nach rund zweimonatiger Schließung und Notbetreuung hatten am gestrigen Montag in zehn Bundesländern Kindertagesstätten und Grundschulen wieder für Hundertausende von Schülern geöffnet.
Spahns Pläne wurden nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios vom “Corona-Kabinett” (einer Ministerrunde samt Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU) erst einmal gestoppt. Zu viele Fragen seien offen. Auch einige Bundesländer seien unzufrieden mit dem bisherigen Konzept aus dem Gesundheitsministerium. Unter anderem sei noch nicht geklärt, wie genau die Schnelltests in den Ländern organisiert werden sollen und wie häufig sich jeder und jede testen lassen kann.
“Die nächsten Klassenstufen können womöglich nicht so schnell in die Schule kommen, wie man es sich vielleicht erhofft hat”
FDP-Chef Christian Lindner bedauerte auf Twitter die Verschiebung. «Die Enttäuschung beim Impfstart darf sich nicht wiederholen.» SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas sagte: «Gerade dort, wo Maßnahmen zurückgenommen werden, müssen Schnelltests zur Verfügung stehen.» Spahn müsse jetzt dafür sorgen, dass dies zügig geschehe. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte ein „stufenweises Vorgehen“, wenn anfangs nicht ausreichend Tests für alle zur Verfügung stünden. Er halte dann zunächst den Einsatz in Kitas und Schulen für sinnvoll, berichtete die ARD-tagesschau.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller (SPD), reagierte enttäuscht. «Es ist zum wiederholten Mal so, dass von Seiten des Bundesgesundheitsministers Dinge angekündigt wurden, die dann so oder zumindest so schnell nicht kommen», sagte Müller im ZDF-«Morgenmagazin».
In den Schulen müssten nun wieder vermehrt die bekannten Schutzmaßnahmen gelten – zumindest bis die Test- und Impfkapazitäten hochgefahren werden können. «Wir haben Lüftungsanlagen, wir haben Masken.» Eine Konsequenz der späteren Ankunft der Gratis-Selbsttests könne allerdings ältere Schülerinnen und Schüler treffen. Es ist Müller zufolge möglich, «dass zum Beispiel in der Schule die nächsten Klassenstufen nicht so schnell in die Schule kommen können, wie man es sich vielleicht erhofft hat». Dass die schrittweisen Schulöffnungen grundsätzlich verantwortbar seien, bekräftigte Müller, räumte aber ein: Es sei eine «Gratwanderung».
Kultusminister Tonne: “Das wäre ein weiterer Baustein zur sicheren Schule und mehr Normalität“
Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) hatte bereits Ende vergangener Woche deutlich gemacht, welche Bedeutung die angekündigten Schnelltests für den Betrieb von Schulen haben können. Er betonte, dass kostenlose Testmöglichkeiten in Apotheken und Hausarztpraxen dann auch für Schüler zur Verfügung stehen müssten. „Wenn es außerdem eine Zertifizierung von Selbsttests gibt, eine Zulassung also, dann kann man auch damit ein Angebot machen für alle Schulbesucher, um die Sicherheit zu erhöhen. Da kann sich jeder sicher sein, dass wir uns da mit hohem Nachdruck hinter klemmen. Dann sollen auch Schüler Testmöglichkeiten erhalten. Das wäre ein weiterer Baustein zur sicheren Schule und mehr Normalität“, sagte Tonne.
Bundeskanzlerin Merkel sprach sich gestern für weitere vorsichtige Öffnungen in Bereichen wie Schulen, Sport und Kultur aus. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll dies nun bis zum 3. März vorbereiten, dem Termin des nächsten Gipfels. Befürchtet wird allerdings, dass die Ausbreitung von ansteckenderen Varianten des Virus die Werte wieder in die Höhe treibt. CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte am Montagabend in den ARD-«Tagesthemen», es sei «sehr unwahrscheinlich» dass der Wert von 35 erreicht werde. «Eins wäre sehr, sehr schlecht: Wenn wir jetzt lockern und dann in drei oder vier Wochen wieder den Schritt zurück machen müssen. Und dann wieder in den Lockdown hinein gehen müssen.»
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält die Schulöffnungen deshalb insgesamt für verfrüht. Er sagte der Funke Mediengruppe: «Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, die Schulen nur aufzumachen, wenn die Testung der Kinder mit Antigen-Selbsttests gewährleistet ist.» Aber die seien eben noch gar nicht für den Eigengebrauch zugelassen. News4teachers / mit Material der dpa
