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Debatte um neue Notbremse für Schulen: Reicht ein Grenzwert von 200?

BERLIN. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat gefordert, die Pläne zur Vereinheitlichung der Corona-Schutzmaßnahmen nachzubessern. Der Vorschlag des Bundes sieht derzeit vor, dass Schulen schließen sollen, wenn eine Sieben-Tage-Inzidenz von 200 an drei aufeinanderfolgenden Tagen in einem Landkreis erreicht wird. Der SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach begrüßt die geplante Regelung – unter der Voraussetzung, dass konsequent jeder Schüler zweimal pro Woche getestet wird.

Ab einer Inzidenz von 200 soll der Präsenzbetrieb in Schulen eingestellt werden – so sieht es der Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz vor. Illustration: Shutterstock

«Der Entwurf lässt leider offen, was bei einer Inzidenz von unter 200 zu passieren hat. Hier besteht die Notwendigkeit, die Bestimmungen noch nachzuschärfen», erklärte der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann am Samstag. Dabei müsse auch klar festgelegt werden, dass ab einem Inzidenzwert von 50 Wechselunterricht vorgeschrieben sei.

Man begrüße den Plan für bundeseinheitliche Standards im Bildungsbereich, betonte Beckmann. «Allerdings hätten wir uns einen mutigeren Vorschlag als die Festschreibung des Minimalkonsenses gewünscht.» Er wies darauf hin, dass in einigen Ländern Schulen bereits ab einer Inzidenz von 100 geschlossen würden. Der Wert 200 sorge immerhin dafür, dass es nicht mehr möglich ist, Schulen unabhängig von den Infektionszahlen offen zu halten und damit den Gesundheitsschutz von Lehrkräften und Schülern völlig außer Acht zu lassen. Allerdings soll für Abschlussklassen auch jenseits der 200 Präsenzunterricht möglich sein.

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“Leider traurig, dass die Kultusministerkonferenz erneut scheiterte beim Versuch, etwas Brauchbares zu beschließen”

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach begrüßte die geplante Regelung – kritisierte allerdings die Kultusministerkonferenz dafür, bei ihrer Sitzung in dieser Woche keine Testpflicht für Schüler vereinbart zu haben. Es sei „leider traurig, dass Kultusministerkonferenz erneut scheiterte im Versuch, etwas Brauchbares zu beschließen. Insbesondere wurde die Kombination Wechselunterricht und Pflicht der Testung der Schüler für Präsenzunterricht nicht beschlossen…“, so twitterte er.

Und: „Wenn man dazu in den Schulen 2 mal pro Woche testen würde, als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht im Wechselmodell, könnten auch die Schulen bis zu einer Inzidenz von 200 offenbleiben. Ansonsten würde sich die Pandemie stark auf Kinder und Eltern verlagern.“

Weiter schrieb er: „Kombination von Testen Schule/Betrieb senkt R-Wert um mindestens 0,2. Dazu kommen Ausgangsbeschränkungen, bringen ca 0,15, somit würde B117 R-Wert unter 1 fallen. Testung in Betrieben und Schulen sollte auch unter Inzidenz von 100 fortgesetzt werden, und Öffnungen ermöglichen.“

Lauterbach bezieht sich dabei offenbar auf den Modus-Covid-Bericht eines Teams um den Mobilitätsforscher Prof. Kai Nagel von der Technischen Universität Berlin. Das hatte tatsächlich einen starken „infektionsreduzierenden Effekt“ durch Selbsttests unter Schülern errechnet, wie News4teachers berichtete.

Dabei schreiben die Wissenschaftler allerdings: „An dieser Stelle muss jedoch betont werden, dass die deutliche Wirkung der Schnelltests nur eintritt, wenn erstens jede Schülerin / jeder Schüler das Angebot wahrnimmt und zweitens bei einem positiven Testergebnis sofort in Quarantäne geht. Hier ist also eine hohe Beteiligungsrate und Disziplin notwendig. Insbesondere weil die Tests nicht in den Bildungseinrichtungen, sondern als Selbsttest zu Hause durchgeführt werden sollen, ist unklar, wie diese Disziplin durchgesetzt werden soll.“ In Berlin und Niedersachsen zum Beispiel sollen die Tests zu Hause stattfinden, in einigen Bundesländern auf freiwilliger Basis.

„Selbsttests sind keine Wunderwaffe. Man kann trotzdem infiziert sein und andere anstecken”

Das Robert-Koch-Institut warnte deshalb schon Anfang März vor einer Überschätzung von Selbsttests in der Pandemie-Bekämpfung. „Selbsttests sind keine Wunderwaffe“, sagt RKI-Präsident Lothar Wieler. Die Erwartung, dass man sich für bestimmte Situationen „freitesten“ könne, sei nicht hundertprozentig zu erfüllen. Ein negatives Ergebnis sei eine Momentaufnahme und schließe eine Infektion nicht aus. „Man kann trotzdem infiziert sein und andere anstecken“, betont er. Deshalb sei es wichtig, sich und andere auch weiter durch Abstandhalten, Maskentragen, Hygiene und Lüften zu schützen. News4teachers / mit Material der dpa

Drei Gründe, warum die Hoffnung auf Schnelltests unter Schülern trügerisch ist

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