BERLIN. „In der Debatte über Infektionsschutzmaßnahmen und Lockerungsforderungen finden unsere Bedürfnisse kaum Berücksichtigung. Wir werden politisch, gesellschaftlich und medial nicht wahrgenommen. Wir leben in einer Grauzone, im Schatten der Debatte“, so beklagen die Initiatoren. Gemeint sind: Familien mit behinderten oder vorerkrankten Angehörigen, für die Corona eine lebensgefährliche Bedrohung darstellt. Sie betrachten die laufenden Schulöffnungen mit großer Sorge. Eine Petition – die von zahlreichen Prominenten unterstützt wird – fordert, die Präsenzpflicht auszusetzen und endlich die Klassenräume möglichst infektionssicher zu machen: mit Luftfiltern.
„Wir haben Angst: Angst um die Gesundheit und das Leben unserer Kinder, von denen viele lebenszeitverkürzend erkrankt sind und eines besonderen Schutzes bedürfen. Angst um unsere Gesundheit und unser Leben, ständige Sorge zu erkranken und für unsere Kinder nicht da sein zu können“, so heißt es in dem offenen Brief, in dem die Initiatoren der Petition, „#Schattenfamilien“, die Aktion begründen.
Schattenfamilien? „Wir #Schattenfamilien sind Haushalte, in denen mindestens eine Person, oft jedoch gleich mehrere, eine Behinderung haben, oder an einer Vorerkrankung leiden, die bei einer Covid-Erkrankung einen schweren Verlauf sehr wahrscheinlich macht. Bereits vor der Pandemie haben wir ein eingeschränktes Leben geführt. Seit über einem Jahr nun, leben wir in freiwilliger Isolation, halten uns penibel an alle Maßnahmen, gehen nur vor die Haustür, wenn es nicht vermeidbar ist.“
„In vielen Bundesländern haben Testverweigerer einen Anspruch auf Distanzunterricht. Unsere Kinder aber nicht”
Der schulische Präsenzunterricht wird in dieser Lage zum besonderen Problem. „Während Erwachsene mit Vorerkrankungen zunehmend geimpft werden, steht die Zulassung eines Impfstoffes für Kinder und Jugendliche noch aus. Uns #Schattenfamilien ist aber die Bildung unserer Kinder genauso wichtig, wie anderen Familien, die soziale Isolation ist auch für unsere Kinder eine starke Belastung. Doch schon eine Befreiung von der Präsenzpflicht an Schulen ist häufig nur nach langen Auseinandersetzungen mit den Schulleitungen möglich.“
Auch nach einer Aufhebung der Präsenzpflicht – wie in einigen Bundesländern – stehen betroffene Familien vor Problemen. „In vielen Bundesländern haben Testverweigerer einen Anspruch auf Distanzunterricht. Unsere Kinder aber nicht: Sie erhalten lediglich Aufgabenzettel oder gar nur Lehrplaninhalte. Durch die Pandemie haben unsere Kinder ihr Anrecht auf Teilhabe an Bildung anscheinend verloren.“
Dazu kommt: „Die alleinerziehenden oder einkommensschwachen Familien unter uns stehen täglich vor der schwierigen Entscheidung, entweder zusammen mit dem Kind zu Hause zu bleiben, um es vor einer Infektion zu schützen, oder aber weiter der Erwerbstätigkeit nachzugehen, um den Job nicht zu verlieren und die Familie ernähren zu können. Hort- und Kindergartengebühren müssen häufig weiterbezahlt werden, obwohl das Kind diesen Platz nicht in Anspruch nehmen kann. Alle drei Monate fallen Gebühren für die erforderlichen Atteste zur Präsenzbefreiung an. Für manche Haushalte ist das viel Geld. Mitunter sind teure Fahrten in andere Bundesländer erforderlich, da sich seit dem vergangenen Sommer Kinderärzte zunehmend weigern, Atteste auszustellen.“
„Wir sehen uns dem Vorwurf ausgesetzt, wir würden unseren Kindern die Bildung verwehren wollen”
Gefordert wird:
● die Aussetzung der Präsenzpflicht für behinderte und vorerkrankte Schülerinnen und Schüler, die aufgrund ihrer Behinderung oder Vorerkrankung ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, und ihre Geschwister, bei einmaliger Vorlegung eines Attests bis zur vollständigen Entwicklung von Antikörpern nach Erhalt entsprechender Impfungen.
● die Aussetzung von Präsenzklausuren für unsere Kinder,
● eine finanzielle Unterstützung, evtl. in Form von Krankengeld oder Kurzarbeitergeld, für ein betreuendes Elternteil von vorerkrankten Kindern unter 14 Jahren,
● den rechtlichen Anspruch auf gleichwertigen Online-Unterricht, gerne in Gruppenformaten, und dessen zügige Umsetzung,
● eine sinnvolle und hilfreiche Unterstützung der Eltern bei der Beschulung der Kinder,
● die dauerhafte Ausstattung aller Unterrichts- und Betreuungsräume mit Luftfiltern, auch an Förderschulen und
● die Impfpriorisierung behinderter und vorerkrankter Kinder und Jugendlicher sowie zumindest eines Elternteils.
Von den Schulen erwarten die Betroffenen zudem mehr Verständnis für ihre Lage. Daran fehlt es häufig, so monieren die Initiatoren. „Wir sehen uns dem Vorwurf ausgesetzt, wir würden unseren Kindern die Bildung verwehren wollen, etwa durch Schulleiter, die, obwohl fachfremd, unsere Atteste anzweifeln.“ Fazit: „Es muss Schluss sein damit, dass unseren Kindern die Teilhabe an sicherer Bildung verwehrt wird. Es muss Schluss sein, dass unsere Bedürfnisse als #Schattenfamilien von der Politik ignoriert werden.“ News4teachers
Die Petition der #Schattenfamilien wird von zahlreichen Prominenten unterstützt. Zu den Erstunterstützer*innen gehören:
Marcus Mittermeier
Schauspieler
Dr. Jana Schroeder
Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemologie, Infektologin
Sigrid Beer
MdL B90/Die Grünen im LT NRW, Bildungspolitikerin
Dr. Christian Kröner
Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Allgemeinmedizin
Karoline Preisler
Volljuristin, Politikerin
Dr. med. Cornelia Werner
Fachärztin für Allegmeinmedizin
Dr. med. Nina Schötzau
Kinderärztin
Andreas Wagner
Mitglied des Bundestages, Heilerziehungspfleger
Prof. Dr. Michael Meier
Professur für angewandte Chemie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Jochen Ott
Landtagsabgeordneter für Köln, stellv. Fraktionsvorsitzender und schulpolitischer Sprecher der SPD Fraktion NRW
Eberhard Schlie
Kinder- und Jugendpsychologe
Irina Götz
Fachärztin für innere Medizin
Marc Hanefeld
Facharzt für Allgemeinmedizin, Hausarzt, Facharzt für Anästhesie, Spezielle Intensivmedizin, Notfallmedizin, Ärztliches Qualitätsmanagement
Dipl.-Päd. Cornelia Beeking
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
Jasmina Kuhnke
Autorin, Journalistin
Dr. Peter Neumann
Schriftsteller
Dr. med. Sebastian Goß
Facharzt für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin
Dr. theol. Philipp Kurowski
Pastor der ev.-luth. Kirchengemeinde Großsolt-Kleinsolt
Prof. Dr. Johanna Sprondel
Professorin für Kommunikationswissenschaften
Tommy Krappweis
Autor, Regisseur, Produzent
Marcus Richter
Journalist & Moderator
Dr. Nicolas Wöhrl
Physiker, Podcaster
Derya Türk-Nachbaur
SPD Bundestagskandidatin für WK 286
Michael Knödler
Stellvertretender Landesvorsitzender der Piratenpartei Baden-Württemberg, Regionalrat
Dr. Felix Lorang
Facharzt für innere Medizin und Kardiologie, Notfallmedizin, klinische Akut- und Notfallmedizin
Dr. phil. Hilmar Preuß
Freier Wissenschaftler, Autor
Wolfgang M. Schmitt
Podcaster und YouTuber
Susanne Mierau
Diplom- Pädagogin, Autorin
Katharina König-Preuss
MdL DieLinke Thüringen
Dr. Christian Siemering
Wirtschaftswissenschaftler
Prof. Dr. Henning Höppe
Professor für Festkörperchemie und Materialwissenschaften
Dr. Ing. James Daniell
Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology, KIT
Georg Kurz
Bundessprecher Grüne Jugend
Mario Sixtus
Filmemacher und Autor
Anke Domscheit-Berg
Bundestagsabgeordnete, Die Linke
Sandro Witt
Gewerkschafter
Sebastian Roloff
Rechtsanwalt, Bundestagskandidat München-Süd
Ricardo Lange
Intensivkrankenpfleger
Prof. Pierfrancesco La Mura, Ph.D
Professor für Wirtschafts- und Informationswissenschaften
Raul Krauthausen
Aktivist für Inklusive und Barrierefreiheit
Lara Herter
Landesvorsitzende der Jusos Baden-Württemberg
Annamária Fábián
Wissenschaftlerin und Mutter von zwei Kindern, eins von ihnen mit körperlicher Behinderung
Dr. Zoë Hyde, MPH, PhD
Epidemiologist, University of Western Australia
Natascha Strobl
Politikwissenschaftlerin, Autorin, Analytikerin, Publizistin
#BildungAberSicher
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Volksverpetzer – Blog gegen Fake News und Desinformation
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StadtschülerInnenrat Frankfurt am Main
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UnionWatch
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