MÜNCHEN. Was denn nun? Das bayerische Kultusministerium sorgt mit Aussagen zu Schulaufgaben (wie in Bayern die Klassenarbeiten genannt werden) für viel Verwirrung bei Lehrern, Schülern und Eltern. Jetzt heißt es: Bis zu den Pfingstferien dürfen doch noch Tests geschrieben werden – mit Einschränkung jedenfalls. So oder so: Der bayerische Realschullehrerverband kritisiert das Aussetzen der Schulaufgaben im verbleibenden Schuljahr scharf.
Die Entscheidung müsse umgehend geändert werden, forderte der Landesvorsitzende (und VDR-Bundesvorsitzende) Jürgen Böhm am Mittwoch in München. Die großen Leistungsnachweise seien wichtig, um die Qualität der Bildung aufrechtzuerhalten «und die erbrachten Leistungen und Lehrzuwächse aus der Zeit des Distanzunterrichts entsprechend zu würdigen».
«Hierbei einfach von oben herab in laufende pädagogische Prozesse einzugreifen, ist fahrlässig, demotiviert viele leistungsbereite Schüler und stößt engagierte Kolleginnen und Kollegen vor den Kopf», erläuterte Böhm. Er warf Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) zudem fehlende Kommunikation vor. Der Minister hatte am Montag verkündet, dass die großen Leistungsnachweise an Realschulen, Gymnasien und Wirtschaftsschulen im restlichen Schuljahr entfallen sollen. Für Verwirrung sorgte dabei, dass in der offiziellen Weisung des Ministeriums an die Schulen erst von der Zeit nach den Pfingstferien die Rede war.
«Unsere Schülerinnen und Schüler müssen sich erst wieder einfinden»
Den Zeitraum bis Pfingsten müsse man differenziert betrachten, erläuterte Piazolo am Mittwoch. In den meisten Landkreisen kehrten die weiterführenden Schularten erst jetzt nach und nach in den Wechselunterricht zurück. Diese Schülerinnen und Schülern sollten ohne Druck durch Klausuren wieder einsteigen können. «Aber wir haben den Sachverhalt, dass auch schon große Schulaufgaben terminiert sind», erläuterte Piazolo. «Da haben wir die Sonderregelung, die wir über die Schulaufsicht kommuniziert haben, dass die stattfinden können. Aber nur auf freiwilliger Basis und nur zur Notenverbesserung.»
Der Kultusminister erklärte: «Der Fokus wird hier in den kommenden Wochen ganz klar auf der Sicherung von Basiswissen und grundlegenden Kompetenzen liegen. Unsere Schülerinnen und Schüler müssen sich erst wieder einfinden.» Zeitdruck und übermäßigen Leistungsdruck sollten dabei vermieden werden.
«Die Corona-Auswirkungen werden den Schulbetrieb noch länger prägen»
«Wir wollen auch heuer am Schuljahresende ein aussagekräftiges Feedback zum Leistungsstand – aber keinen übermäßigen Druck durch zu viele Leistungsnachweise», sagte Piazolo. «Selbst wenn nur noch eine Schulaufgabe pro Fach geschrieben würde, käme es vielfach zu einer Ballung – und die wollen wir verhindern.» Sogenannte kleine Leistungsnachweise könne es aber überall noch geben, schriftlich und mündlich, «freilich auch hier mit Augenmaß». An anderen Schularten, beispielsweise der Mittelschule, haben die Lehrkräfte laut Kultusministerium ohnehin größere Spielräume.
Piazolo kündigte zudem weitere Anpassungen an, Richtung Schuljahresende und auch mit Blick auf das kommende Schuljahr. «Die Corona-Auswirkungen werden den Schulbetrieb noch länger prägen», sagte er. «Wir werden daher auch heuer beim Vorrücken auf Probe großzügig sein, ein Wiederholen nicht auf die Höchstausbildungsdauer anrechnen und weiterhin Schwerpunkte im Lehrplan setzen.» Sein oberstes Ziel sei es aber, die Schülerinnen und Schüler so rasch wie möglich in einen normalen Schulalltag zurückzubringen, «am besten so bald wie möglich mit vollem täglichem Präsenzunterricht für alle». News4teachers / mit Material der dpa
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