HAMBURG. Seit gut fünf Monaten dürfen viele Schüler coronabedingt gar nicht mehr in ihre Klassen. Doch das soll nun ein Ende haben – in Hamburg jedenfalls. Bleibt die Sieben-Tage-Inzidenz unter 100, kommt nach den Mai-Ferien die Wende. Es bleibt allerdings beim Wechselunterricht, damit die Abstandsregel eingehalten werden kann, und bei der Maskenpflicht auch im Klassenzimmer. Die Empfehlungen des Robert-Koch-Insituts, die Bildungssenator Rabe (SPD) noch im Herbst als “sehr seltsam” bezeichnet hatte, sorgten für einen “deutlich sichereren Schulbetrieb”, so stellt seine Bildungsbehörde nun fest.
Hamburgs rot-grüner Senat will die Schulen der Hansestadt nach Ende der Mai-Ferien wieder für alle Schüler öffnen. Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen sollen vom 17. Mai an im Wechselunterricht in die Schule dürfen. Voraussetzung sei jedoch, dass die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen fünf Werktage hintereinander unter 100 bleibe, teilte die Schulbehörde im Anschluss an eine Sondersitzung des Senats mit.
Bereits Ende April hatte die Hansestadt angekündigt, dass Hamburgs Fünft- und Sechstklässler nach den Mai-Ferien wieder im Wechselunterricht in die Schulen dürfen. Begründet wurde das damit, dass mit Beginn der Abiturprüfungen Spielraum für eine weitere vorsichtige Öffnung sei.
Seit Mitte März sind bereits die Grund- und Sonderschüler sowie die Abschlussklassen der weiterführenden Schulen im Wechselunterricht. Das heißt, dass die Schülerinnen und Schüler die Hälfte aller Unterrichtsstunden in einer halbierten Klassengruppe in der Schule lernen, die andere Hälfte zu Hause im Distanzunterricht. Der neue Öffnungsschritt soll nun ausdrücklich auch für die Jahrgangsstufen gelten, die bislang vom Präsenzunterricht ausgeschlossen waren.
“Gleichzeitig stellt diese Veränderung die Schulen und besonders die Schulleitungen jetzt vor große Aufgaben”
Derzeit dürfen nach Angaben der Schulbehörde rund 60 Prozent der
rund 200 000 Schüler der allgemeinbildenden Schulen im Wechselunterricht lernen, rund 40 Prozent lernen dagegen ausschließlich zu Hause. «Ich freue mich, dass wir die jetzt entstehenden Spielräume nutzen und Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler in allen Jahrgangsstufen ermöglichen können», sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD).
Gerade jüngere Schülerinnen und Schüler seien auf die Begleitung und Anleitung durch Lehrkräfte und Pädagogen angewiesen und brauchten die Schule «als Ort des sozialen Lernens, als Begegnungsstätte mit Gleichaltrigen und als Struktur für ihren Tagesrhythmus», betonte Rabe. „Die voraussichtliche Öffnung der Schulen für alle Jahrgangsstufen ist für die Eltern und Kinder sowie für die Schulen eine gute Nachricht, die große Erleichterung in vielen Familien auslösen wird. Gleichzeitig stellt diese Veränderung die Schulen und besonders die Schulleitungen jetzt vor große Aufgaben. Denn natürlich ist es für die Planung nicht einfach, dass sich diese positive gesundheitliche Entwicklung ausgerechnet in den Ferien vollzieht und dadurch die Planung des Wechselunterrichts für die Zeit ab Montag, 17. Mai, für die Schulen nicht leicht ist.“
Mit Ausnahme der Grundschulen und Abschlussklassen hätten Kinder und Jugendliche seit März letzten Jahres fast ein dreiviertel Jahr lang keinen Unterricht in der Schule gehabt und in den letzten fünf Monaten nicht mehr in der Schule lernen können. Rabe: „Ich freue mich, dass wir die jetzt entstehenden Spielräume nutzen und Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler in allen Jahrgangsstufen ermöglichen können.“
Die voraussichtliche Öffnung der Schulen würde bedeuten, dass neben den Jahrgangsstufen 5 und 6 ab dem 17. Mai 2021 auch die Jahrgangsstufen 7, 8, 11 und 12 an den Stadtteilschulen und 7, 8, 9 und 11 an den Gymnasien in den Wechselunterricht an die Schulen zurückgeholt werden können. Damit hätten die Schülerinnen und Schüler aller Jahrgänge in den letzten Wochen vor den Sommerferien die Chance, wieder an Präsenzangeboten in Schule teilnehmen zu können. Zurzeit dürfen rund 60 Prozent der 200.000 Schülerinnen Schüler der allgemeinbildenden Schulen im Wechselunterricht in der Schule lernen, rund 40 Prozent lernen dagegen ausschließlich zu Hause.
Der Wechselunterricht wird auch weiterhin so organisiert, dass die Hälfte aller Unterrichtsstunden in der Schule erteilt wird. Kinder und Eltern können das neue Angebot wahrnehmen, sind dazu aber nicht verpflichtet. Denn die Präsenzpflicht bleibt weiterhin aufgehoben. Wenn Eltern beispielsweise aufgrund erheblicher gesundheitlicher Risiken im Familienkreis Bedenken gegen den Wechselunterricht haben, können ihre Kinder auch weiterhin im reinen Distanzunterricht zu Hause lernen. «Die Erfahrungen zeigen allerdings, dass weniger als zwei Prozent aller Eltern von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch machen», berichtete die Schulbehörde.
Weiterhin gelten für den Schulbetrieb besondere Sicherheitsregeln. So müssen sich alle Schülerinnen und Schüler zwei Mal pro Woche mit einem Schnelltest selbst testen. Wer den Test verweigert, darf die Schule nicht betreten und lernt im Distanzunterricht zu Hause. Beschäftigte testen sich sogar drei Mal pro Woche.
«Diese und zahlreiche weitere Maßnahmen haben dazu geführt, dass der Schulbetrieb deutlich sicherer geworden ist»
Alle Schulbeteiligten müssen in der Schule durchgängig eine medizinische Maske tragen, die nur in besonderen Ausnahmefällen für kurze Zeit abgenommen werden darf. Durchgängig müssen alle Schulbeteiligten den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten, diese Regelung gilt auch in den Klassen- und Unterrichtsräumen. Überdies müssten alle Klassen- und Unterrichtsräume alle 20 Minuten für 5 Minuten mittels Stoßlüftung kräftig gelüftet werden, um eine Infektion durch Aerosole zu vermeiden. Die Schulen verfügen zudem über ein eigenes Budget, um weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Lüftung einzuleiten, beispielsweise die Aufstellung der so genannten „CO2-Ampeln“, die bei verbrauchter Luft per Warnton zum Lüften auffordern.
«Diese und zahlreiche weitere Maßnahmen haben dazu geführt, dass der Schulbetrieb deutlich sicherer geworden ist», meint nun die Schulbehörde. Die Regelungen entsprechen den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für den Schulbetrieb, das ab einem Inzidenzwert von 50 Wechselunterricht in den Schulen und eine Maskenpflicht auch im Unterricht vorsieht. Noch im Oktober hatte Rabe diese Vorgaben als “sehr seltsam” bezeichnet – und behauptet, dass Schulen auch ohne die Vorgaben ein “sicherer Ort” seien. „Die Kinder infizieren sich in ihrer Freizeit neun Mal häufiger als in der Schule“, sagte er seinerzeit, ohne die Quelle dieses Befunds anzuführen. Davon ist jetzt keine Rede mehr. News4teachers / mit Material der dpa