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Verwaltungsgericht: Testpflicht für Schüler im Klassenraum verletzt den Datenschutz – Bildungsbehörde legt Beschwerde ein

HAMBURG. Ein Grundschüler muss sich nach einer Entscheidung des Hamburger Verwaltungsgerichts nicht an seiner Schule auf Corona testen lassen, um am Präsenzunterricht teilnehmen zu dürfen. Es reiche ein negatives Ergebnis aus einem anerkannten Schnelltestzentrum, das maximal 24 Stunden alt sei, heißt es in dem Beschluss vom 29. April (Az. 2 E 1710/21). Die Schulbehörde hat gegen die Eil-Entscheidung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt, wie ein Gerichtssprecher sagte.

Respektieren verpflichtende Tests in der Klasse die Würde der Schülerinnen und Schüler? Manche Eltern bezweifeln das. Foto: Shutterstock

Der Schüler hatte sich zu Hause testen lassen und der Schule nur das Ergebnis mitteilen wollen. Einen solchen Selbsttest akzeptierte das Verwaltungsgericht allerdings nicht. Eine Bescheinigung von einem Testzentrum ist schon erforderlich.

Seit dem 6. April müssen sich Schüler in Hamburg mindestens zweimal pro Woche unter Aufsicht an der Schule testen, wenn sie am Präsenzunterricht teilnehmen wollen. Als einzige Alternative ist ein PCR-Test erlaubt, der nicht älter als 48 Stunden sein darf.

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Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts verletzt die Testpflicht an der Schule den Datenschutz, zumindest wenn ein Test positiv ausfällt und das Ergebnis an das Gesundheitsamt weitergeleitet werden muss. «Die derzeitige Ausgestaltung der testabhängigen Zugangsbeschränkung verstößt nach summarischer Prüfung (…) gegen die Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung», heißt es in dem Beschluss. Die Datenerhebung setze Freiwilligkeit voraus. Die Alternative Homeschooling bedeute aber einen Nachteil für den Schüler, er könne sich darum nicht freiwillig entscheiden.

Das Gericht stützt damit die Linie des Thüringer Datenschutzbeauftragten Lutz Hasse. Der sieht durch die Testpflicht im Klassenraum die Rechte betroffener Schüler massiv beeinträchtigt und verlangt von Schulen, zumindest eine Einverständniserklärung der Eltern für dieses Procedere einzuholen.

«Eine Identifizierbarkeit von positiv getesteten Schülern/innen sollte vermieden werden»

In einem Schreiben an die Schulen im Freistaat wies Hasse auf die Datenschutzbedenken hin und betonte unter anderem, dass positive Testergebnisse vertraulich behandelt werden müssten. «Eine Identifizierbarkeit von positiv getesteten Schülern/innen, bspw. durch eine offenkundige Separierung dieser Schüler auf dem Schulhof oder im Klassenraum, sollte vermieden werden», heißt es in dem Schreiben. In den meisten Bundesländern ist aber vorgesehen, dass die Tests in den Klassenräumen gemacht werden – in Anwesenheit von Schülern und Lehrkraft. Positiv getestete Schülerinnen und Schüler sollen dann umgehend in einen gesonderten Raum gebracht werden, von wo sie die Eltern dann abholen.

Im Zusammenhang mit der Testpflicht in Schulen kämpft das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) mit einer Klagewelle. Nach Angaben einer OVG-Sprecherin gab es bei keinem anderen Corona-Thema in kurzer Zeit so viele Eingänge von Bürgern. Auch in anderen Bundesländern gibt es entsprechende Verfahren.

Das OVG in Münster lehnte allerdings einen Eilantrag von Schülern gegen die Testpflicht an Schulen bereits ab. Nach Auffassung des Gerichtes bestehen gegen die angegriffene Testpflicht keine offensichtlich durchgreifenden Bedenken, wie der WDR berichtete. Insbesondere stelle sie beim gegenwärtigen Stand des Infektionsgeschehens voraussichtlich eine verhältnismäßige Schutzmaßnahme dar. Das Land trage damit der erhöhten Infektionsgefahr durch die leichter übertragbaren Virusvarianten Rechnung. Der Gerichtsbeschluss ist unanfechtbar.

Ausdrücklich zum Datenschutz äußerten sich die Richter nicht. Allerdings stellten sie mit Blick auf Nordrhein-Westfalen fest: Die Schüler müssen nicht an den Selbsttests in der Schule teilnehmen. Die Coronabetreuungsverordnung sehe als Alternative die Vorlage eines höchstens 48 Stunden alten negativen Testergebnisses vor. Was die Hamburger Bildungsbehörde nicht akzeptieren will. News4teachers / mit Material der dpa

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