TEL AVIV. In Israel schien das Corona-Virus besiegt, die sogenannte Herdenimmunität durch Impfungen erreicht worden zu sein. Doch schlagartig ändert sich das Bild: In immer mehr Schulen werden Ausbrüche unter (ungeimpften) Schülern registriert; auch (geimpfte) Erwachsene infizieren sich nach Medienberichten wieder zunehmend. Grund dafür ist die erstmals in Indien nachgewiesene, besonders ansteckende Delta-Variante des Virus, die schon in Großbritannien grassiert – und nun eben auch Israel erfasst hat. Eine ähnliche Entwicklung droht in Deutschland, warnt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.
„Die Delta-Variante des Coronavirus breitet sich aktuell auf der ganzen Welt aus. Die Ansteckungsrate ist 50 Prozent höher, und ich bedaure, dass wir den Beginn dieser Entwicklung auch in Israel sehen“, so erklärte Israels Premierminister Naftali Bennett. Rund die Hälfte der Neuinfizierten seien Schüler, gab das Gesundheitsministerium einem Bericht des „Focus“ zufolge bekannt. In bereits 30 Schulen gebe es Ausbrüche, zum Teil in ganzen Jahrgangsstufen mit jeweils Dutzenden von Fällen. Mehr als 6000 Schüler und 100 Lehrer steckten in Quarantäne fest.
Wir haben Glück, dass die Delta Variante bei uns erst dann die dominierende Variante sein wird, wenn mehr als in UK geimpft sein werden und die Fallzahl niedriger ist. Im Herbst wird es aber leider auch bei uns eine 4. Welle geben, die besonders Kinder und Ungeimpfte trifft. https://t.co/abayeHEoge
— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) June 24, 2021
Bennett bereite das Sorgen, so berichtet die „tagesschau“. „Wir haben in Ländern wie Großbritannien gesehen, dass die Zahl der Kinder, die ins Krankenhaus müssen, deutlich steigt. In Israel blicken wir nur auf sehr vorläufige Daten. Dennoch haben wir beschlossen, dies als neuen Ausbruch des Virus in Israel zu behandeln. Wir wollen ihn stoppen“, so wird der Regierungschef zitiert.
„Wenn wir die Impfung der Kinder zügig voranzutreiben, haben wir Chancen, dass die Schulen im September wieder normal öffnen“
Als Reaktion auf die steigenden Infektionszahlen unter Schülern verschärft die israelische Regierung laut „Focus“ nun wieder die Sicherheitsmaßnahmen (in einigen Regionen wurde zum Beispiel die Maskenpflicht im Unterricht wieder eingeführt) und empfiehlt jetzt, alle Kinder zwischen zwölf und 15 Jahren zu impfen. Bislang sind im Land lediglich vier Prozent der Kinder und Jugendlichen geimpft. Eine breit angelegte Kampagne soll nun deren Anteil schnell erhöhen.
In Deutschland lehnt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine generelle Impfung von Kindern und Jugendlichen bislang ab. Die Rückkehr zum Präsenzunterricht ist nach Ansicht des Stiko-Vorsitzenden Prof. Thomas Mertens kein entscheidender Grund für die Corona-Impfung von Kindern. Im Vordergrund müsse die Frage stehen, wie hoch die Gefährdung der Kinder durch eine Infektion mit dem Coronavirus sei, so erklärte er – und die sei als gering einzuschätzen, weil schwere Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen sehr selten seien.
In Israel wird das aufgrund der neuen Entwicklung jetzt anders gesehen. „Wenn wir es schaffen, die Impfung der Kinder in den Sommerferien zügig voranzutreiben, haben wir gute Chancen, dass die Schulen im September wieder normal öffnen können“, so zitiert das Nachrichtenmagazin den israelischen Kinderärzte-Verband. Ohne Impfung der Kinder hingegen werde man nicht zum Alltag zurückkehren können, heißt es.
Die schlechte Nachricht: in Israel 2 grosse Delta Schulausbrüche trotz Herdenimmunität der Erwachsenen. Das droht uns auch im Herbst. Die gute Nachricht: in UK, US und Russland verlangsamt sich das Wachstum mit Delta Variante etwas. So begann der Rückgang auch in Indien. https://t.co/gMznqYmwuc
— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) June 20, 2021
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagt für Deutschland voraus: „Im Herbst wird es leider auch bei uns eine 4. Welle geben, die besonders Kinder und Ungeimpfte trifft.“ Allerdings zeigten Modellrechnungen, dass die Delta-Variante in Deutschland erst dann die dominierende Variante sein werde, wenn die Impfquote höher als derzeit in Großbritannien sei – weshalb die Folgen womöglich gemildert würden. News4teachers