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Philologen-Chefin mahnt Kultusminister: Es gibt Gymnasial-Lehrer ohne Stelle. Stellt ein!

BERLIN. Der Philologenverband hat die Einstellungspolitik der Kultusminister kritisiert. Statt kurzfristige „Aufholprogramme“ aufzulegen, damit Corona-bedingte Lernlücken aufgearbeitet werden können – und dabei auf Quereinsteiger, Studierende und/oder private Nachhilfe zu setzen – sollten die Landesregierungen endlich dafür sorgen, dass die Schulen genügend Personal bekämen. Trotz Lehrermangels (insbesondere in den Grundschulen) gebe es unter ausgebildeten Gymnasiallehrern noch genügend Bewerber, die für feste Stellen gewonnen werden könnten.

“Unterrichtsversorgung mit 130 Prozent Lehrkräften allein für den Pflichtunterricht”: Philologen-Chefin Susanne Lin-Klitzing macht Druck. Foto: DphV

Der Deutsche Philologenverband setzt sich dafür ein, dass die Kultusminister „endlich ihre Pflichtaufgaben“ wahrnehmen und sich nicht nur „um die Kür von ‚Corona- Nachholprogrammen‘ kümmern“, wie es in einer aktuellen Pressemitteilung heißt. „Sommerkurse und außerschulische Angebote sind schön und gut, aber was wir dringender brauchen, ist, dass die vorhandenen und gut ausgebildeten Lehrkräfte endlich eingestellt werden”, stellt Verbandsvorsitzende Susanne Lin-Klitzing klar.

In Bayern bekommen dem Verband zufolge jährlich im Herbst rund 2000 ausgebildete Gymnasiallehrkräfte kein Einstellungsangebot am Gymnasium: Im Jahr 2019 waren es 1946 Lehrkräfte, ein Jahr später standen sogar weitere 2097 ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung und wurden nicht am Gymnasium eingestellt. „Das kann unmöglich so weitergehen, denn unsere Kinder brauchen dringend Unterricht von gut ausgebildeten Lehrkräften”, fordert Lin-Klitzing: „Es ist ein Märchen, dass nicht genug Gymnasiallehrkräfte vorhanden wären. Sie sind da! Und sie müssen eingestellt werden!”

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„Der ,normale’ Unterrichtsausfall kann mit der jetzigen Berechnung der Unterrichtsversorgung nie kompensiert werden”

In Baden-Württemberg beispielsweise sei es noch immer üblich, dass sich die fertig ausgebildeten Lehrkräfte, die übernommen werden sollen, trotzdem mit Beginn der Sommerferien beim Jobcenter als arbeitslos melden müssen, um dann erst nach den Ferien wieder an Schulen eingestellt zu werden. Jährlich sind davon tausende Lehrkräfte betroffen. In diesem Jahr werden es in Baden-Württemberg voraussichtlich über 4000 ausgebildete Lehrkräfte sein, die vom Kultusministerium nicht nur in die zeitweilige Arbeitslosigkeit, sondern in Hartz IV entlassen werden.

„In Berlin ist die Lage noch desolater! Der Stadtstaat stellt unter allen Bundesländern die meisten Quereinsteiger ein, um den eigenen Bedarf zu decken, und leistet es sich unbelehrbar seit mehr als 15 Jahren als einziges Bundesland, Lehrer nicht mehr als Beamte einzustellen. Statt um Lehrkräfte zu werben und für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen, ist Berlin 2004 aus der Verbeamtung der Lehrkräfte ausgestiegen, was für die Berliner Schülerinnen und Schüler zusätzlich dazu führt, dass die vorhandenen Lehrkräfte auch noch abwandern“, so monieren die Philologen.

Der Verband kritisiert, dass die Kultusminister generell mit einer zu niedrigen Lehrkräfteversorgung für die reguläre Abdeckung allein des Pflichtunterrichts kalkulierten. Susanne Lin-Klitzing: „Der ,normale’ Unterrichtsausfall, z. B. durch Schwangerschaft und Klassenfahrten, kann mit der jetzigen Berechnung der Unterrichtsversorgung nie kompensiert werden. Es fällt deshalb immer mehr Unterricht aus, als es müsste.” Die Verbandsvorsitzende fordert deshalb: „Wir brauchen eine umfassendere Versorgung mit Lehrkräften für den Unterricht als bisher, nur um jede reguläre Unterrichtsstunde halten zu können. Soll zudem die individuelle Förderung der Schüler gewährleistet werden, führt an einer generellen Unterrichtsversorgung mit 130 Prozent Lehrkräften allein für den Pflichtunterricht kein Weg vorbei!“

Selbst wenn kein einziger Lehrer erkranken würde, fielen bei einer Unterrichtsversogung von unter 100 Prozent Stunden aus

Zur Einordnung: Aktuell wurden die Zahlen für Sachsen-Anhalt bekannt. Angestrebt wird dort einem Bericht des MDR zufolge eine Unterrichtsversorgung an den allgemeinbildenden Schulen von 103 Prozent – der Wert lag bei zuletzt 96 Prozent. Heißt: Unterrichtsausfall ist damit programmiert. Selbst wenn kein einziger Lehrer erkranken würde, fielen bei diesem Wert Stunden aus. News4teachers

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