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Wie umgehen mit Heterogenität im Klassenraum? didacta-Diskussion zeigt drei Modelle auf

STUTTGART. Es war eine lebhafte Debatte, die vom didacta-Studio in der Stuttgarter Messe aus ins Netz gesendet wurde: „Die größten Herausforderungen im Schulalltag: Wie Schulen mit Heterogenität umgehen“, so lautete das Thema. Drei Vertreterinnen von drei sehr unterschiedlichen Schulen waren eingeladen worden, ihre Konzepte und Ideen vorzustellen. News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek moderierte die Runde. Heraus kam ein Gespräch, in dem sehr viel pädagogisches Engagement deutlich wurde – aber auch große Unterschiede im Umgang mit der Inklusion. Die Aufzeichnung der Sendung ist jetzt online zu sehen.

Mit dabei: Prof. Dr. Anke Langner, wissenschaftliche Leiterin der Universitätsschule Dresden – die wohl ambitionierteste und innovativste Schulgründung der letzten Jahre in Deutschland –, Nikola Kurpas, Leiterin der Mittelschule in Taufkirchen bei München, sowie Sylvia Stahl von der Theodor-Heuss-Grundschule in Mainz.

Ausgangspunkt der Debatte: eine bislang unveröffentlichte, aber noch vor der Corona-Krise erfolgte Umfrage im Auftrag des didacta Verbands unter Lehrkräften, bei der grundsätzliche Herausforderungen, vor denen die Schulen und Lehrkräfte stehen, zur Sprache kamen. „Wenn Sie an Ihre Schülerinnen und Schüler denken – welche Aspekte von Vielfalt spielen für Sie im Alltag die größte Rolle?“ Meistgenannte Problemfelder: Konzentration (von 74 Prozent der Befragten angeführt) und sozial-emotionale Auffälligkeiten (75 Prozent).

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“Schüler kommen mit Fragen und an diesen Fragen etablieren sie Projekte, begleitet durch die Lehrerinnen und Lehrer”

Wie gehen die Schulen mit solchen Problemen um? Den radikalsten Ansatz vertritt Prof. Langner, die mit der Universitätsschule neue pädagogische Wege beschreitet – digital, individuell, inklusiv, jahrgangsübergreifend und fächerverbindend. „Die klassische Methode für die Umsetzung ist die Projektmethode“, so erklärt sie das Konzept der Schule. „Das heißt, die Lehrkraft greift einen Impuls der Kinder auf und unterstützt sie dann darin zu planen, wie sie sich ihre Fragen erklären können. Eltern beschreibe ich es wie folgt: Wenn sich ein Kind fragt, warum das Flugzeug in der Luft bleibt, können davon ausgehend ganz viele weitergehende Fragen gestellt werden. Als geschickte Lehrerin kann ich eigentlich an so einer Frage den kompletten Lehrplan bearbeiten lassen. Das ist die Idee unserer Schule zu sagen: Schüler kommen mit Fragen und an diesen Fragen etablieren sie Projekte, begleitet durch die Lehrerinnen und Lehrer. In der Regel arbeiten fünf bis sechs Schülerinnen und Schüler in einem solchen Projekt zusammen. Die Gruppen sind altersheterogen und wir setzen an dieser Stelle sehr bewusst auch auf eine starke Heterogenität und die Möglichkeiten des Peer Learning.“

Alle Schülerinnen und Schüler, egal mit welchen Voraussetzungen sie kommen, sollen in der Schule ihren Platz finden. Langner: „Kinder, die viel Struktur brauchen, werden sie auch bekommen. Man kann mit den Kindern ja auch ganz enge Vereinbarungen treffen, was jeweils der nächste Schritt ist und auch mehr Meilensteine im Rahmen des Projekts setzen als bei einem Kind, das sehr selbstständig lernen kann. Das ist genau die Idee unserer Schule, dass wir versuchen, das zu ermöglichen: Jedem Kind das zu geben, was es braucht.“

„Wir holen die Schülerinnen und Schüler durch den Kleingruppenunterricht da ab, wo sie sind“

Das versucht auch die Mittelschule in Taufkirchen bei München, wie Leiterin Kurpas in der Sendung erläuterte – allerdings im Rahmen des bestehenden Schulsystems. Die Schule liegt in einem sozialen Brennpunkt; die Zahl der Kinder mit Förderbedarf sei stetig gestiegen („die einen diagnostiziert, die andern nicht“). Nikola Kurpas: „Wir haben festgestellt, wir werden manchen Kindern in der Regelklasse nicht mehr gerecht. Und wir können den anderen Schülern nicht mehr gerecht werden, wenn immer zwei stören.“ Die Idee, dem zu begegnen: eine „flexible Trainingsklasse“ an der Schule, bestehend aus maximal acht Schülerinnen und Schüler, einem Klassenlehrer und einem Sozialpädagogen. Klares Ziel der Einrichtung, so die Schulleiterin: die Kinder und Jugendlichen wieder nach einem, spätestens zwei Jahren wieder in eine Regelklasse zurückzuführen. „Wir holen sie durch den Kleingruppenunterricht da ab, wo sie sind.“ Sowohl fachlich – als auch sozial.

Einen vergleichbaren Ansatz stellte Sylvia Stahl von der Theodor-Heuss-Grundschule in Mainz vor – in Gestalt eines Projektraums. „Schüler werden dort aufgenommen, die bevorzugt in Kleingruppen arbeiten können“, so erläuterte die Pädagogin – und zwar kurzfristig und zeitlich eng begrenzt, maximal zwei Stunden täglich. Die Beobachtung: Kinder, die in der großen Klasse massive Probleme mit Konzentration und Aufmerksamkeit haben, kommen dort zur Ruhe.

Eine lebhafte Diskussion um die Konzepte schloss sich an. News4teachers

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