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1.546! Landkreis verzeichnet bei Schülern neuen Inzidenz-Rekord – Arzt berichtet von Corona-Partys unter Jugendlichen

MÜNCHEN. In Bayern gerät die Corona-Lage insbesondere unter Kindern und Jugendlichen außer Kontrolle. Im Kreis Berchtesgadener Land ist die Inzidenz unter Fünf- bis 14-Jährigen auf den schlimmsten Rekordwert in Deutschland überhaupt gestiegen: 1.546 Corona-Neuansteckungen in der Altersgruppe binnen sieben Tagen auf 100.000 Menschen bezogen werden dort aktuell registriert. Zur ohnehin prekären Situation, die offenbar durch den Verzicht auf die Maskenpflicht im Unterricht des Freistaats angeheizt wurde – Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Wiedereinführung bereits in Aussicht gestellt –, könnte problemverschärfend ein neues Phänomen hinzukommen: Offenbar feiern Jugendliche Corona-Partys, um sich gegenseitig anzustecken.

Feiern statt impfen? Offenbar finden unter Jugendlichen Corona-Partys statt, um sich die jungen Leute bewusst gegenseitig anstecken. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

In Bayern gibt es mittlerweile sechs Landkreise, in denen die Inzidenzen unter Fünf- bis 14-Jährigen auf Werte über 1.000 gestiegen sind. Der oberbayerische Landkreis Miesbach gehört dazu: Dort beträgt die Inzidenz unter Fünf- bis 14-Jährigen 1.359, unter 15- bis 34-Jährigen 934. Treiber sind offenbar auch Corona-Partys unter Jugendlichen. „Früher gab es Rötel-Partys, bei denen sich Kleinkinder mit Röteln anstecken sollten. Heute veranstalten Einige Partys bei Corona-Positiven, um sich zu infizieren und danach sechs Monate als genesen zu gelten, um keine Tests machen zu müssen“, so berichtet Dr. med. Florian Meier, Ärztlicher Pandemie-Koordinator des Landkreises Miesbach, in einem Interview mit dem „Merkur“.

„Als ich es am Anfang gehört habe, habe ich es auch nicht geglaubt. Bei jungen Leuten ist das derzeit die ganz große Masche. Wenn sie weggehen wollen, brauchen sie einen PCR-Test und der kostet um die 80 Euro. Wenn ich aber als genesen gelten, kann ich mir den Test sechs Monate lang sparen.“ Auf die Frage, warum sie sich nicht einfach impfen lassen, antwortet der Arzt: „Das weiß ich nicht. Es wäre natürlich das Schlauste. Aber das machen sie nicht.“

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“Schwere Verläufe sind bei jungen Menschen zwar selten, aber es gibt sie. Auch Long Covid ist nicht zu verharmlosen”

Dabei seien Infektionen auch für Heranwachsende gefährlich. „Das ist der Punkt. Schwere Verläufe sind bei jungen Menschen zwar selten, aber es gibt sie. Die Patienten auf der Intensivstation in Agatharied werden immer jünger. Wir reden von gesunden, sportlichen Menschen in ihren Zwanzigern und Dreißigern. Auch Long Covid ist nicht zu verharmlosen. Viele kämpfen Monaten mit den Folgen. Sich zu infizieren, um die Rechte zu haben, ist äußerst leichtsinnig“, sagt Meier.

Miesbachs Landrat Olaf von Löwis hat sich gestern mit einem dramatischen Appell an die Öffentlichkeit gewandt. „Innerhalb kürzester Zeit ist das gesamte Gesundheitssystem ans Limit gekommen. Unser regionales Gesundheitssystem ist überlastet! Zum Beispiel sind in unserem Krankenhaus in Agatharied, Stand heute Vormittag, alle Covid-19 Betten belegt. Die Intensivstation ist voll, aktuell kämpfen vier Patienten auf Intensiv gegen das Virus, 26 Patienten sind auf Normalstation und weitere 2 Patienten werden auf der Intermediate Care betreut. Im gesamten Rettungszweckverband gibt es kein Intensivbett für Covidpatienten mehr“, so berichtet er.

„Es ist wichtig, dass man das große Ganze betrachtet. Wenn regional keine Kapazitäten mehr vorhanden sind, müssen andere lebensbedrohliche Gesundheitszustände wie Verkehrsunfälle oder Herzinfarkte in weitergelegene Krankenhäuser verbracht werden, dringend notwendige Operationen z.B. für Krebspatienten sind in Gefahr. Jetzt gilt es, die Kurve der vierten Welle gemeinsam zu brechen. Ich appelliere an alle Veranstalter und Besucher, geplante Großveranstaltungen zu überdenken. Bedenken Sie bitte: Nicht alles, was erlaubt ist, ist derzeit auch sinnvoll. Die zusätzlichen Maßnahmen, die wir gemeinsam mit den anderen stark betroffenen Landkreisen erarbeitet haben und welche ab Montag gelten, sind nur ein Puzzleteil im Kampf gegen die aktuelle Welle. Es bedarf der Eigenverantwortung jedes Einzelnen, um die Welle zu brechen!“

Auch im nicht weit entfernten Berchtesgadener Land schrillen die Alarmglocken. „Seit Wochen haben wir im Landkreis steigende Coronazahlen, sowohl bei Inzidenz als auch Belegung in den Kliniken. Deshalb müssen in den Krankenhäusern bereits jetzt schon wichtige Untersuchungen und Eingriffe — wie im letzten Jahr — verschoben werden. Das geht massiv zu Lasten einer guten Gesundheitsversorgung. Auch die Arztpraxen sind zunehmend mit Infekten ausgelastet“, sagt Dr. med. Reinhard Reichelt, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands.

„Die Politik will uns glauben machen, dass die Pandemie vorbei sei. Die Ampeln stehen allerdings jetzt schon auf tiefrot”

„Die Politik will uns glauben machen, dass die Pandemie vorbei sei. Die Ampeln in den Südostbayerischen Landkreisen stehen allerdings jetzt schon auf tiefrot. Und der Winter steht vor der Tür. In der kalten Jahreszeit halten wir uns mehr in geschlossenen Räumen auf, in denen dann die Ansteckungsgefahr größer ist als im Sommer. Den Lockdown haben wir alle miterleben müssen. Nach der Anfangseuphorie zu Beginn des Jahres, als unser Landkreis als einer der ersten im Bundesgebiet mit Impfungen in den Arztpraxen begonnen hat, ist die Impfbereitschaft gesunken. Die Impfzahlen im Landkreis sind immer noch deutlich zu niedrig. Die Impfung ist die einzige Möglichkeit, irgendwann wieder zur Normalität zurückzukehren“, betont der Mediziner.

Die Landräte der betroffenen Landkreise in der Region und der Oberbürgermeister der Stadt Rosenheim hätten sich darauf verständigt, eine FFP2-Maskenpflicht einzuführen. „In allen Bereichen, wo bisher die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske galt, ist das Tragen einer FFP2-Maske Pflicht. Hierzu zählen beispielsweise Supermärkte, Einzelhandel, Freizeiteinrichtungen und der öffentliche Personennahverkehr.“ Ausgenommen von der FFP2-Maskenpflicht blieben Schulen und der Arbeitsplatz – „hier gelten weiterhin die bayernweiten Regelungen“. Bislang galt für den Unterricht: ohne Maske am Platz. In der kommenden Woche sind im Freistaat Herbstferien. Und anschließend wird es wohl wieder eine Maskenpflicht im Unterricht geben, wie Ministerpräsident Markus Söder in Aussicht stellte (News4teachers berichtete).

Auf Twitter schrieb er: „Wir stehen vor einem schweren Winter. Wir wollen keinen Lockdown, aber es gibt zwei Prioritäten: Die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs sowie die Sicherheit und Stabilität von Krankenhäusern.“ Ein Versprechen, dass es keinen Lockdown mehr geben wird (und wie es Söder eigentlich bereits gegeben hat), ist das nicht mehr. News4teachers

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