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Kaum noch Religionsunterricht – stattdessen Ethik: Modell für Deutschland?

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MAGEDEBURG. In Sachsen-Anhalt gehören nur noch etwa 20 Prozent der Bevölkerung einer Religionsgemeinschaft an. An den Schulen ist das Land in der Pflicht, Religionsunterricht anzubieten. Tatsächlich entscheiden sich immer mehr Eltern und Schüler für die Alternative Ethikunterricht – Modell für Deutschland?

Ist Religionsunterricht verzichtbar? Foto: Shutterstock

In Sachsen-Anhalt nehmen immer mehr Schülerinnen und Schüler am Ethikunterricht teil, immer weniger am Religionsunterricht – sechmal so viele Kinder und Jugendliche werden in Ethik unterrichtet als in evangelischer oder katholischer Religion. Vom Schuljahr 2019/20 zum folgenden stieg an den öffentlichen Schulen die Zahl der Schüler im Fach Ethik um rund 6800 auf etwa 158.700, wie aus Zahlen des Bildungsministeriums hervorgeht. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit evangelischem Religionsunterricht um 955 auf knapp 27.300 zurück. Im katholischen Unterricht waren es 220 weniger und damit noch rund 1360.

«Der Religionsunterricht ist unter Druck», sagte Steffen Lipowski, Pädagogischer Vorstand der Edith-Stein-Schulstiftung des Bistums Magdeburg. Schon länger sei zu beobachten, dass die Zahlen «kontinuierlich schwinden». Zum einen fehlten Lehrkräfte, die den Religionsunterricht erteilten, zum zweiten seien Eltern nötig, die den Unterricht einforderten.

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«Es ist schwierig, in staatlichen Schulen Kontinuität beim Religionsunterricht aufrecht zu erhalten»

Das Bildungsministerium sieht keinen Mangel an Religions- und Ethiklehrkräften: «Abgesehen vom allgemein bekannten Lehrkräftemangel erstreckt sich diese angespannte Situation nicht auf Lehrkräfte mit den entsprechenden Qualifikationen für den Ethik- oder Religionsunterricht», erklärte eine Ministeriumssprecherin. «Die Anzahl der Studierenden, die sich für allgemeinbildende Schulen ausbilden lassen und das Fach Religion als Zweitfach an den Universitäten des Landes Sachsen-Anhalt wählen, ist nach Auswertung der Studierendenzahlen auskömmlich, um den Bedarf an Lehrkräften mit dieser Ausbildung abzusichern.»

An Standorten, wo das Land den gewünschten Religionsunterricht nicht abdecken könne, versucht die Kirche, diesen mit eigenem Personal abzusichern, heißt es von den Kirchen. Das gelinge aber immer weniger, sagte Lipowski. Teils würden Lerngruppen mit Schülern verschiedener Schulen gebildet, im ländlichen Raum seien da aber sehr schnell die Grenzen erreicht. «Es ist schwierig, in staatlichen Schulen Kontinuität aufrecht zu erhalten.»

Der Beauftragte der Evangelischen Kirchen in Sachsen-Anhalt, Albrecht Steinhäuser, sagte, dass mit dem Religionsunterricht weiter viele Kinder und Jugendliche erreicht würden, die keiner Konfession angehörten. Der rückläufige Trend beim Religionsunterricht sei aber nicht aufzuhalten und folge im Grunde einer demografischen Entwicklung. In Sachsen-Anhalt seien etwa 12,5 Prozent der Menschen evangelisch, unter den Kindern und Jugendlichen seien es nur noch 5 bis 8 Prozent.

«Im Land ausgebildete Lehrkräfte für den Religionsunterricht wandern oft in andere Bundesländer ab, die bessere Konditionen bieten»

Immer mehr staatliche Lehrkräfte gingen in den Ruhestand. Hinzu komme, dass im Land ausgebildete Lehrkräfte für den Religionsunterricht oft in andere Bundesländer abwanderten, die bessere Konditionen böten, sagte Steinhäuser. Lipowski berichtete, Lehrkräfte mit Religion als Zweit- oder Drittfach würden häufig in ihren anderen Fächern eingesetzt.

Grundsätzlich ist das Land Sachsen-Anhalt verpflichtet, den Religionsunterricht sicherzustellen. Wenn keine staatliche Lehrkraft verfügbar ist, versuchen die Kirchenkreise, den Unterricht abzudecken. Das gelingt in vielen Fällen nicht. Grundsätzlich müssen Schülerinnen und Schüler entweder am Ethikunterricht oder am schulischen Religionsunterricht teilnehmen. dpa

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