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RKI-Daten: In drei Bundesländern, die Masken im Unterricht gestrichen haben, explodieren Inzidenzen bei Schülern

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BERLIN. Die Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen sind im Bundes-Durchschnitt leicht gesunken. Kein Wunder: In zahlreichen Ländern, darunter dem bevölkerungsreichsten Nordrhein-Westfalen, sind Herbstferien, weshalb Schülerinnen und Schüler zurzeit dort praktisch kaum getestet werden. Trotzdem zeigen sich die bundesweiten Werte für die jungen Menschen weiterhin auf hohem Niveau. Das hat augenscheinlich einen Grund: In drei Bundesländern, die die Maskenpflicht im Unterricht gestrichen haben (und wo noch keine Ferien sind), explodieren die Fallzahlen unter Schülerinnen und Schülern geradezu.

Hotspots: Thüringen, Bayern und das Saarland – in den schwarz markierten Landkreisen liegt die Inzidenz unter Schülern bei Werten über 500. Quelle: https://semohr.github.io/risikogebiete_deutschland/

Bei den Fünf- bis Neunjährigen verzeichnet das Robert-Koch-Institut für Deutschland eine Sieben-Tage-Inzidenz von 135 (Vorwoche: 143), bei den Zehn- bis 14-Jährigen von 172 und bei den 15- bis 19-Jährigen 114. Die Ursache dafür, dass trotz der Ferien die Fallzahlen hoch bleiben, hat das RKI in einer Mitteilung auf Twitter erläutert: „Die 7-Tage-Inzidenz ist derzeit insbesondere bei den 10- bis 19-Jährigen sehr hoch: in 8 Landkreisen liegt sie über 500“, heißt es. Damit bestätigt die Behörde Berichte von News4teachers, denen zufolge in manchen Landkreisen und Städten das Infektionsgeschehen unter Kindern und Jugendlichen geradezu explodiert.

Sebastian Mohr, Physiker und Statistiker in einer Wissenschaftler-Gruppe um die Max-Planck-Forscherin Viola Priesemann, sammelt aktuelle Corona-Daten und veröffentlicht sie fortlaufend in einer Übersichtskarte mit Inzidenzen in den Städten und Kreisen in Deutschland, die sich auch nach Alter spezifizieren lässt.

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Im am stärksten betroffenen Thüringen waren praktisch sämtliche Schutzmaßnahmen in Schulen aufgehoben worden

Schwerpunkte sind danach vor allem Thüringen, Bayern und das Saarland – drei Bundesländer, in denen die Landesregierungen die Quarantäne-Regeln für Kita-Kinder und Schüler gelockert und die Maskenpflicht im Unterricht gestrichen haben, im Saarland sogar im gesamten Schulgebäude. Im am stärksten betroffenen Thüringen waren praktisch sämtliche Schutzmaßnahmen in Schulen aufgehoben worden; dort werden Schüler nicht mal mehr in der Schule auf das Coronavirus getestet. Kinder und Jugendliche mit Symptomen sollen zum Arzt gehen. Das geschieht offenbar massenhaft: Im Unstrut-Hainich-Kreis beispielsweise liegt die Inzidenz bei den Fünf- bis 14-Jährigen bei 940, im benachbarten Landkreis Sömmerda bei 571, im Saale-Kreis bei 540.

Mittlerweile gibt es auch in Bayern drei Landkreise mit Werten über 500 in der Altersgruppe: Berchtesgadener Land mit 734, Straubing-Bogen mit 587 und Cham mit 566. Auch das Saarland ist in dieser unrühmlichen Spitzengruppe vertreten: der Landkreis Neunkirchen mit 530. Wie sehr sich die Herbstferien auf die registrierten Inzidenzen unter Schülerinnen und Schüler auswirken, wird aus der Karte ebenfalls ersichtlich: Im Landkreis Prignitz in Brandenburg ist dort aktuell eine Inzidenz bei Fünf- bis 14-Jährigen von 256 verzeichnet – vergangene Woche, also vor den Ferien, lag der Wert noch bei 938.

Das Robert-Koch-Institut verzeichnet auch immer mehr Corona-Ausbrüche in Kitas und Schulen. „Von Mitte August bis Anfang September 2021 hat die Zahl an übermittelten Ausbrüchen in Kitas wieder zugenommen. Für die letzten vier Wochen (MW 37-40/2021) wurden bisher 188 Kita-Ausbrüche übermittelt. Der weitere Verlauf des Infektionsgeschehens in Kitas kann wegen noch eingehender Nachmeldungen nicht gut bewertet werden. Seit dem Vorjahr nahm der Anteil der 0- bis 5-jährigen Fälle an allen in Kita-Ausbrüchen beteiligten Fällen kontinuierlich zu: von etwa 35 % während der zweiten Welle und etwa 45 % während der dritten Welle auf zuletzt etwa 60 % im August/September 2021“, so heißt es im aktuellen Wochenbericht.

Bei den Schulen ist die Entwicklung noch deutlicher: „Die Zahl der übermittelten Schulausbrüche nahm von Anfang August bis Ende September 2021 wieder sehr deutlich zu. Bisher wurden 636 Schulausbrüche für die letzten vier Wochen (MW 37-40/2021) übermittelt, doch auch hier sind insbesondere die letzten zwei Wochen noch nicht bewertbar. Von März 2021 bis Mitte Juni 2021 betrafen die meisten übermittelten Fälle in Schulausbrüchen Kinder im Alter von 6-10 Jahren (6-10: 41 %; 11-14: 18 %; 15-20: 21 %; ab 21: 20 %). Seit Anfang August 2021 werden überwiegend Fälle im Alter von 6 bis 14 Jahren in Schulausbrüchen übermittelt, während der Anteil der 15-20-jährigen und vor allem der über 20-jährigen Fälle abnimmt (6-10: 41 %; 11-14: 36 %; 15-20: 15 %; ab 21: 8 %).“

Weiter heißt es: „Bei der zugenommenen Ausbruchshäufigkeit in Kitas und Schulen spielen vermutlich die leichtere Übertragbarkeit der Delta-Variante und die ausgeweiteten Testaktivitäten eine Rolle, wobei (auch asymptomatische) Infektionen frühzeitig erkannt werden. Im September 2021 waren in Kita-Ausbrüchen mit durchschnittlich 5 Fällen pro Ausbruch (Median = 4 Fälle) etwa ähnlich viele Personen involviert wie in Schulausbrüchen (durchschnittlich 5 Fälle pro Ausbruch; Median = 3 Fälle). Es wurden in beiden Settings vereinzelt aber auch größere Ausbrüche mit mehr als 10 Fällen pro Ausbruch übermittelt.“

“Die Zahl der übermittelten Schulausbrüche erreichte Ende September  mit bisher 191 Ausbrüchen pro Woche ein neues Höchstniveau”

Das Robert-Koch-Institut stellt fest: „Sowohl die übermittelte Ausbruchshäufigkeit in Kitas als auch in Schulen stieg dieses Jahr im Vergleich zu 2020 etwa zwei Monate früher an. Während die Zahl der übermittelten Schulausbrüche Ende September 2021 (MW 39) mit bisher 191 Ausbrüchen pro Woche ein neues Höchstniveau erreichte, blieb die Zahl der Kita-Ausbrüche bisher noch deutlich unter dem Niveau der zweiten und dritten Welle.“

RKI-Präsident Prof. Lothar Wieler hatte vergangene Woche davor gewarnt, die Maskenpflicht im Unterricht aufzuheben. Man sehe keinen Anlass, zumindest bis zum Frühjahr 2022 an der Empfehlung zu Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen, Kitas und in Alten- und Pflegeheimen zu rütteln, sagte er. Im Herbst und Winter sei wegen der Zunahme von Kontakten in Innenräumen auch mit steigenden Infektionszahlen zu rechnen. Man sei wegen des Risikos von Langzeitfolgen (Long Covid) unverändert der Ansicht, «dass wir Kinder zu schützen haben». Er betonte: «Wir wollen, dass Kitas und Schulen auf bleiben, aber bitte unter Beibehaltung von Schutzmaßnahmen.» Thüringen, Bayern und das Saarland hatten den Schritt bereits zuvor vollzogen – weitere Bundesländer, darunter Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, haben angekündigt zu folgen. News4teachers

Hier lässt sich der aktuelle Wochenbericht des RKI herunterladen.

„Wir laufen auf eine katastrophale Situation zu“: Land streicht Corona-Schutz an Schulen – immer mehr Schüler stecken sich an

 

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