DRESDEN. Die Inzidenzen unter Kindern und Jugendlichen steigen weiter rasant – insbesondere in Sachsen. Trotzdem sollen Schulen und Kindertagesstätten im Freistaat geöffnet bleiben. Das sieht die neue Coronaverordnung für den Kita- und Schulbereich vor, über den das Kultusministerium nun informiert hat. Allerdings: Eltern, die den Durchseuchungskurs nicht mittragen wollen, können ihr Kind nun vom Präsenzunterricht abmelden. Bis Weihnachten wird die Schulbesuchspflicht ausgesetzt.

Kitas sowie Grund- und Förderschulen müssen in einen sogenannten «eingeschränkten Regelbetrieb» gehen, hieß es. Er wird mit einer Übergangsfrist ab 29. November fällig und bedeutet die angeblich strikte Trennung der Gruppen und feste Bezugspersonen, um Infektionsketten kurz und nachvollziehbar zu halten. Für – die ungeimpften – Primarschüler besteht aber noch immer keine Maskenpflicht im Unterricht. Lediglich Schülerinnen und Schüler ab Klasse 5 unterliegen einer Pflicht, eine OP-Maske oder FFP2-Maske im Unterricht zu tragen.
«Einen Anspruch auf Beschulung der Schülerinnen und Schüler durch Lehrkräfte, wie im Präsenzunterricht, gibt es jedoch nicht»
Für den Zutritt zum Schul- und Kitagelände ist dreimal in der Woche ein Test erforderlich, falls die Personen nicht vollständig geimpft oder genesen sind. Für Geimpfte und Genesene wird die regelmäßige Testung empfohlen.
Eltern, denen das Infektionsrisiko zu hoch ist, können ihr Kind von der Präsenzbeschulung schriftlich abmelden. «Die Abmeldung muss durch Belange des Infektionsschutzes begründet sein. Ein etwaiges Ab-und Anmelden für einzelne Wochentage kommt nicht in Betracht», so heißt es im Blog des Kultusministeriums. «Die Kinder oder Jugendlichen verbringen dann die Lernzeit zu Hause.» Der Druck auf die Eltern, ihr Kind zur Schule zu schicken, ist gleichwohl hoch, denn: «Einen Anspruch auf Beschulung der Schülerinnen und Schüler durch Lehrkräfte, wie im Präsenzunterricht, gibt es jedoch nicht. Das ist in der angespannten Situation von den Schulen nicht zu leisten.»
Vorsorge (etwa in Gestalt einer landesweiten Online-Schule mit Lehrkräften, die aufgrund von Vorerkrankungen oder Schwangerschaft nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden können), hat der Freistaat nicht getroffen.
«Angesichts des sehr hohen Infektionsgeschehens in Sachsen sichern wir den Betrieb in Schulen und Kitas besser ab. Den Schul- und Kitabesuch unter diesen Bedingungen weiter zu ermöglichen, stellt Erzieherinnen und Erzieher und auch die Lehrkräfte vor enorme Herausforderungen», erklärte Kultusminister Christian Piwarz (CDU). Es dürfe jedoch nicht sein, dass Kinder und Jugendliche darunter leiden, dass die Quote der nicht vollständig geimpften Erwachsenen nirgendwo so hoch ist wie in Sachsen.
Offensichtlich leiden sie allerdings auch unter einem weitgehend ungeschützten Schulbetrieb. Die Neuansteckungsraten unter Kindern und Jugendlichen sind mancherorts monströs hoch im Freistaat. Die meisten Städte und Landkreise verzeichnen unter den Fünf- bis 14-Jährigen Inzidenzen über 2.000. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge meldet 3.314 für die Schülerinnen und Schüler – ein trauriger Rekordwert in Deutschland. Dutzende von Kitas und Schulen mussten aufgrund von heftigen Corona-Ausbrüchen geschlossen werden. Von normalem Unterricht kann keine Rede mehr sein. Trotzdem läuft der Präsenzbetrieb auch in den extrem belasteten Hotspots in der Fläche weiter.
Das Kultusministerium stimmt die Eltern schon mal auf weitere lokale Schulschließungen ein: Bei gehäuftem Infektionsgeschehen könnten schulscharfe Schutzmaßnahmen wie zeitlich begrenzten Wechselunterricht oder temporäre Schulschließung angeordnet werden, heißt es. Für jede einzelne Schule soll im Flächenbrand weiter neu entschieden werden.
«Die Kinder sind durch Testungen und Masken ausreichend geschützt in der Schule – die Übertragungen finden im privaten Umfeld statt»
Nach welchen Kriterien denn? «Eine entscheidende Bedeutung kommt dabei den Umständen an der betroffenen Schule zu, da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt und die Ausübung des Ermessens dem jeweils konkreten Sachverhalt gerecht werden muss», so heißt es im Blog. «Im Vordergrund werden die Belange der betroffenen Schülerinnen und Schüler stehen. Konkrete Maßnahmen werden darauf abzielen, eine weitere auch unkontrollierte Ausbreitung von Infektionen mit dem Sars-Cov2-Virus an den Einrichtungen zu verhindern. Ausgegangen wird dabei unter anderem von einem Überschreiten des Infektionsgeschehens über Schwellenwerte in Relation zur Anzahl der Schülerinnen und Schüler an der Schule. Darüber hinaus werden weitere auch räumliche Kriterien und die bereits ergriffenen Maßnahmen des Gesundheitsamtes und der Schule berücksichtigt.» Viele Worte, die wohl eins bedeuten: Entschieden wird Pi mal Daumen.
Eine «Mutter und Lehrerin» bringt eine offenbar verbreitete Meinung in Sachsen in einem Leserbeitrag auf dem Kultusministeriums-Blog auf den Punkt: «ALLE werden sich früher oder später mit Corona infizieren. Wir können wieder die Schulen schließen und die Kinder damit krank machen. Und stehen im nächsten Herbst wieder so da. Oder wir lassen den Aufbau einer natürlichen Immunität zu – innerhalb einer Bevölkerungsgruppe, die durch Corona nicht gefährdet ist – sondern nur durch die Angst, derer, die sofort nach Maßnahmen zu schreien, anstatt sich durch eine Impfung + Booster ausreichend SELBST zu schützen. Die Kinder sind durch Testungen und Masken ausreichend geschützt in der Schule – die Übertragungen finden im privaten Umfeld statt. In den Familien. Und das bremst keine Schulschließung mehr aus.»
Der Post (wohlgemerkt: auf der Seite des Kultusministeriums) bleibt vom sächsischen Kultusministerium unkommentiert – wird also nicht richtiggestellt: Kinder sind sehr wohl durch Corona gefährdet, wie das Robert-Koch-Institut unlängst noch herausgestellt hat (News4teachers berichtet). News4teachers