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Lehramtsstudierenden mit Migrationshintergrund fehlt oft das Zugehörigkeitsgefühl

FRANKFURT. Lehramtsstudierende mit Migrationshintergrund weisen häufig ein geringeres Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer Studiengruppe auf als ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen und brechen häufiger ab. Dem Problem könnte möglicherweise schon mit einfachen Mitteln begegnet werden, zeigt ein aktuelle Studie.

Eine neue Studie zeigt, dass Studentinnen und Studenten mit Migrationshintergrund im Vergleich zu ihren Mitstudierenden ein geringeres Zugehörigkeitsgefühl zum Lehramtsstudium aufweisen. Zugleich neigen sie eher dazu, das Studium abzubrechen. Die jetzt veröffentlichte Untersuchung des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation sowie der Goethe-Universität Frankfurt gibt auch Hinweise darauf, dass es zwischen dem mangelnden Zugehörigkeitsgefühl und der Entscheidung, das Studium vorzeitig zu beenden, einen Zusammenhang geben könnte – neben weiteren Einflussfaktoren.

Mehr Gruppenarbeit könnte das Zugehörigkeitsgefühl von Lehramtsstudierenden mit Migrationshintergrund stärken. Foto: Stocksnap / Pixabay (P. L.)

Anhand einer Stichprobe von 925 Lehramtsstudierenden von vier verschiedenen Universitäten hatte das Forscherteam um die Frankfurter Psychologin Kristin Wolf das Zugehörigkeitsgefühl und die Abbruch-Intentionen der angehenden Lehrerinnen und Lehrer untersucht. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer waren in unterschiedlichen Semestern und verfolgten verschiedene fachliche Schwerpunkte (viele von ihnen Deutsch oder Biologie) und schulische Spezialisierungen. Rund 29 Prozent hatten einen Migrationshintergrund, sie selbst oder mindestens ein Elternteil waren im Ausland geboren. Das Zugehörigkeitsgefühl und die Abbruch-Intentionen erhoben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit standardisierten Fragebögen.

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Im Ergebnis wurde deutlich, dass die Studentinnen und Studenten mit Migrationshintergrund ein geringeres Zugehörigkeitsgefühl und höhere Abbruch-Intentionen aufwiesen. Auf Basis statistischer Strukturgleichungsmodelle konnte das Forschungsteam dabei einen individuellen, wenn auch kleinen Effekt des Zugehörigkeitsgefühls auf die Abbruch-Intentionen der Studierenden mit Migrationshintergrund belegen. Weitere Variablen, die Einfluss auf das Zugehörigkeitsgefühl und die Abbruch-Intentionen haben können, rechneten sie weitgehend heraus, zum Beispiel den Bildungshintergrund der Eltern, die Abiturnoten, das Geschlecht, den im Studium gewählte Schulzweig, den Universitätsstandort und den fachlichen Schwerpunkt.

Mehrere Aspekte unterstreichen, nach Meinung von Kristin Wolf die Relevanz der Ergebnisse: In Deutschland bestehe ein hoher Bedarf an Lehrkräften. Daher sei es generell wichtig, mehr darüber zu erfahren, was zum Abbruch dieses Studiums führen könnte. Außerdem sind Studierende mit Migrationshintergrund im Lehramtsstudium unterrepräsentiert. Dabei sind Lehrkräfte mit Migrationshintergrund aus verschiedenen Gründen gesucht: Ihre interkulturelle Kompetenz könne beim Unterrichten einer vielfältigen Schülerinnen- und Schülerschaft helfen. Zudem könnten sie Kindern und Jugendlichen als Rollenvorbilder dienen. „Nicht zuletzt ist es eine Frage der Bildungsgerechtigkeit, dass alle Studierenden unabhängig von ihrer Herkunft die gleichen Chancen haben, das Studium erfolgreich zu beenden“, betont die PSychologin.

Um die ermittelten Befunde zu erhärten, sind aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun längere Studien mit mehr Messzeitpunkten und weiteren Messwerkzeugen wünschenswert, die sich nicht allein auf die selbst berichteten Erfahrungen der Studierenden stützen. Für Kristin Wolf bietet allerdings schon die aktuelle Studie Anlass für erste Hinweise an die Hochschullehre, die sich teilweise auch schon auf die schulische Ausbildung übertragen lassen: „Es ist deutlich geworden, dass es sich lohnen könnte, neben den fachlichen Kompetenzen der Studierenden auch das Zugehörigkeitsgefühl zu fördern.“ Aus der Forschung wisse man, so die Wissenschaftlerin, dass Gruppenarbeit hierfür ein sinnvolles Instrument sein könne. Auch seien gerade zu Beginn des Studiums außeruniversitäre Veranstaltungen von Nutzen, um sich kennenzulernen und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.

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