WIEN. Österreich ist mit den Corona-Schutzmaßnahmen gescheitert, die die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer gestern erst vereinbart haben – und verhängt nun einen neuen landesweiten Lockdown für alle. Das kündigte Bundeskanzler Alexander Schallenberg am Freitag an. Auch die Schulen sind davon betroffen. Nach zuletzt widersprüchlichen Meldungen verkündete Schallenberg in einer Pressekonferenz am Freitagmorgen: Schließungen soll es zwar nicht geben – an Eltern wird aber appelliert, ihre Kinder zu Hause zu lassen.
Österreich geht wegen Corona erneut in einen Lockdown und wird im Februar eine Impfpflicht einführen. Das kündigte Bundeskanzler Alexander Schallenberg am Freitag an. Österreich leidet unter einer massiven vierten Infektionswelle, die mit den bisherigen Maßnahmen nicht gebrochen werden konnte. Trotz aller Überzeugungsarbeit und Kampagnen hätten sich zu wenige Menschen impfen lassen, sagte Schallenberg. Daher werde es ab 1. Februar 2022 zu einer Impfpflicht kommen. „Wir wollen keine fünfte Welle, wir wollen keine sechste und siebte Welle.“ Das Virus werde nicht weggehen, sondern bleiben.
In Österreich haben die Politiker*innen einsehen müssen, dass sie die Infektionszahlen nicht ohne einen #Lockdown senken können.
Nun herrscht auch an den Schulen Chaos, weil die Politik es versäumt hat sich auf einen solchen Ernstfall vorzubereiten. #BildungAberSicher https://t.co/y6g2EcyrSA
— #BildungAberSicher (@BildungSicher) November 19, 2021
„Das schmerzt enorm“
Der Lockdown sei ein schwerer Schritt. „Das schmerzt enorm“, sagte der Kanzler weiter. Ohne sie beim Namen zu nennen, kritisierte er die in Österreich einflussreiche rechte FPÖ heftig. Deren Impfkritik sei eigentlich ein „Attentat auf unser Gesundheitssystem“. Der Lockdown werde nach zehn Tagen bewertet und höchstens 20 Tage dauern. Ab spätestens 13. Dezember sei für Geimpfte und Genesene der Lockdown vorbei, sagte Schallenberg. Dann soll wieder die 2G-Regel gelten.
Die Sieben-Tage-Inzidenz steht in Österreich bei knapp 1.000 und seit mehr als einer Woche werden täglich mehr als 10.000 neue Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet. Kliniken gelangen an ihre Kapazitätsgrenzen. Besonders dramatisch ist die Lage in Salzburg und Oberösterreich mit Inzidenzen über 1.500 pro 100.000 Einwohnern.
Zu den bisherigen Maßnahmen zählte eine 3G-Regel am Arbeitsplatz. Die Beschäftigten müssen nachweisen, dass sie geimpft, genesen oder getestet sind. Am 8. November folgte die 2G-Regel für Veranstaltungen, Gastronomie und Tourismus, die Ungeimpften den Zutritt zu weiten Bereichen in der Freizeit verwehrte. Die Maßnahmen hatten den Zweck, die Impfbereitschaft zu erhöhen. Allerdings wirken die Vakzine erst nach einigen Wochen. In Deutschland sind Regelungen wie die 3G-Regel am Arbeitsplatz erst gestern von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen worden.
„Es gibt den Präsenzunterricht“ – aber…
Der österreichische Regierungschef und sein konservatives Regierungsteam hatten sich bis zuletzt gegen weitere Einschränkungen ausgesprochen. Vorschläge des grünen Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein zum Beispiel zu nächtlichen Ausgangsbeschränkungen für alle wurden kritisiert. Doch am Donnerstag preschten die von der ÖVP regierten Bundesländer Salzburg und Oberösterreich mit der Ankündigung regionaler Lockdowns vor. Lokale und die meisten Geschäfte schließen, Schulen stellen auf Fernunterricht um. Auch einige andere Länder signalisierten am Donnerstag, dass sie mitziehen würden.
Geschlossene Schulen sind eine Folge von keine Maßnahmen und „Freedom Day“. Geschlossene Schulen sind eine Folge von nicht sicheren Schulen. Geschlossene Schulen sind Folge der Leugnung der Gefahr für Kinder. Geschlossene Schulen sind eine Folge von nicht sicheren Schulen.
— Natascha Strobl (@Natascha_Strobl) November 19, 2021
Kanzler Schallenberg erklärte nun am Freitagvormittag, die Schulen sollten zwar offenbleiben. „Es gibt den Präsenzunterricht.“ Eltern sei es aber freigestellt, die Kinder zu Hause zu lassen. Mehr noch: Es werde appelliert, dies, wo es möglich ist, auch umzusetzen. Entscheidungen in Bezug auf Schulen seien immer schwierig, meinte der ÖVP-Politiker.
“Was uns von Virologen empfohlen wird wie Kontaktreduzierung und Abstand, das müsste auch in der Schule umgesetzt werden”
Laut Bildungsministerium gibt es allerdings kein flächendeckendes “Distance Learning”, da der Unterricht grundsätzlich in Präsenz stattfindet – Kinder, die nicht in die Schule kommen, sollen sich aber über die durchgenommenen Stoffgebiete bei den zuständigen Lehrerinnen und Lehrern informieren können, wie vienna.at berichtet. Sie könnten auch Lernpakete für daheim erhalten. Falls sie die technischen Möglichkeiten hätten und die Lehrer dies anbieten, können sie sich auch von daheim in den Unterricht “dazuschalten”. Eine Verpflichtung dazu bestehe nicht.
Kritik kommt aus der Lehrerschaft. Man werde ab Montag sehen, ob die Appelle, die Kinder nach Möglichkeit nicht in die Schule zu schicken, auch helfen, so Gewerkschafter Paul Kimberger laut Bericht: “Aus meiner Sicht sind die Maßnahmen ungenügend, um Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Kinder und Familien, die man ja auch mitdenken muss, zu schützen. In Wirklichkeit müssten jetzt die Präsenzphasen deutlich reduziert werden. Was uns von Virologen empfohlen wird – Kontaktreduzierung, Abstand -, das müsste auch in der Schule umgesetzt werden.” News4teachers / mit Material der dpa