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Corona-Abitur: Präsenz um jeden Preis (“Ich zähle als Mutter die Tage”)

BERLIN. Die KMK hat beschlossen, die Abitur- und Abschlussprüfungen auch in diesem Jahr auf jeden Fall in Präsenz stattfinden zu lassen – selbst wenn die Schulen geschlossen sein sollten (News4teachers berichtet aktuell). News4teachers-Leserin Viva, Mutter einer betroffenen Abiturientin, hat einen dazu passenden, überaus lesenswerten Kommentar im Leserforum gepostet, den wir an dieser Stelle noch einmal prominent veröffentlichen. Sie meint: Gerade im Umgang mit den Abschlussklassen werden die Versäumnisse der Kultusministerinnen und Kultusminister deutlich.

Die widersprüchliche Corona-Politik ist für viele Lehrer, Eltern und Schüler nicht mehr nachzuvollziehen. Illustration: Shutterstock

Die Abschlussklassen wurden doch fast zu jeder Zeit sowieso zu Vollpräsenz verdonnert! Wenn Schulen intern auch die Abschlussklassen trotzdem zur Wahrung des Abstandes hälftig aufteilten (wie die meiner Tochter), dann in Präsenz vor Ort, pendelte die Lehrkraft bei uns von Raum zu Raum über den Flur, während die Nicht-Abschlussklassen der Schule online unterrichtet wurden.

Mehr „Qualitätsmanagement“ kann man den KuMis offenbar wirklich nicht abverlangen, als die Oberstufenschüler der Qualifikationsstufe in jeder Infektionslage helden- und gönnerhaft in die Vollpräsenz zu zwingen. Eine klare, leider aus gesundheitsvorsorglicher Sicht aber völlig unverantwortliche Linie: Abivorbereitungen am besten in leibhaftiger Vollpräsenz im Kurssystem mit den üblichen wechselnden vielen Kontakten, alles einmal einfach pandemieignorierend bitte, damit scheinen alle „aus dem Schneider“, allen voran natürlich völlig uneigennützig die sich mutig aufopfernden Schulminister(innen), die den Weg insbesondere für die Abschlüssler „freischaufeln“ von der Bedeutuung der Pandemie.

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Die Pandemie hat in den Schulen nur sekundär Bedeutung und betrifft die Schüler(innen) nicht so direkt. Punkt.

Diese hat nur in der Welt außerhalb der Schulen Gewicht. Alles Andere hätte doch unter Umständen außerregulären Aufwand (auch Denkarbeit) erfordert und eventuell Diskussionen um das heilige Grundsätzliche nach sich gezogen und wäre womöglich noch ausgeufert zu echtem GESUNDHEITS- UND GESELLSCHAFTSSCHUTZ in den Schulen! Das wäre viel zu komplex geworden, keine Frage. Einfacher ist es sicherlich zu beschließen, dass die Pandemie in den Schulen nur sekundär Bedeutung hat und die Schüler(innen) nicht so direkt betrifft. Punkt.

Gesundheits- und Gesellschaftsschutz ist doch aber sowieso eher Sache der mit der Pandemie über- und geforderten Gesundheitsministerien!? Vor allem, wenn Anträge und Anfragen abgewehrt werden müssen und man bei Grundsatzentscheidungen nicht so recht weiter weiß, weil Oberbürgermeister z. B. selbst aktiv auf so „dumme“ Ideen kommen, wie Distanzunterricht in einer ganzen Stadt zum Infektionsschutz bei hohen Inzidenzen und hoher Krankenhausbelastung einführen zu wollen: Dann fliegt der Ball erstmal hin und her zwischen Schul- und Gesundheitsministerium, entscheid´ dann doch lieber mal du … nee du … ach komm´ … alle beide …oder auch keiner … einer muss … kommt nicht drauf an, wer hier was entscheidet! Ich hab´s … ich auch! Blitzidee, triefender Gleichheitsgrundsatz, ein rechtlicher Überbau zur Wahrung der Gerechtigkeit durch alle Schulformen durch, ob digitialisiert oder nicht, orientiert am schwächsten sozialen Glied in der Kette … ein unantastbares Täuschungsmanöver und Orientierung für alle ohne Wenn und Aber mit absolutem Vorrang über der sonst in der Gesellschaft üblichen Pandemie-Gesundheitsvorsorge: Einfacher Präsenzunterricht nach Plan!

Heißt: Sicherstellung des Rechts auf Bildung aller und vor allem der Bildungsgerechtigkeit und Wahrung der absoluten Vergleichbarkeit der Abschlüsse durch Ignorierien der pandemisch erforderlichen Gesundheitsvorsorge … absolute Unanfechtbarkeit … durch einfach „weniger Pandemie-Thema“ in den Schulen … von Jung bis Alt … vor allem aber auch in den Abschlussklassen, damit entfällt auch ein Vergleich der Wertigkeit der Abschlüsse vor und während und auch sogar vielleicht nach der Pandemie. Genial!

Bei den (erwachsenen) Abschlüsslern gilt natürlich wie bei allen zur Abwendung der psychischen Folgen von Wechsel- und Distanzunterricht als stärker zu gewichtenden gesundheitlichen Aspekt als der einer Covid-19-Erkrankung mit LongCovid und sonstigen ja ach noch nicht fassbaren Folgen: die armen, vernachlässigten (erwachsenen) Kinder, zuhause im Distanzunterricht sonst während der Videokonferenzen der üblichen familiären Gewalt zum Opfer fallend, gerade so kurz vor´m Abi, brauchen Stabilität gerade in ihrer besonderen Situation und die Ausschau der Lehrkräfte nach blauen Flecken, Unterernährung, schlechtem Hygienezustand, auffälligen Verhaltensweisen, damit die Jugendämter rechtzeitig vor den Prüfungen hinzugezogen werden können.

Gesundheitsschutz kann, darf und sollte es jedenfalls nicht sein. Nicht so. Nicht pandemiebedingt. Nicht wegen Omikron

Was darf denn für Abiturienten über den Dienst nach Vorschrift auch in einer Pandemie gehen? Gesundheitsschutz kann, darf und sollte es jedenfalls nicht sein. Nicht so. Nicht pandemiebedingt. Nicht wegen Omikron. Das wäre nichts als Unruhestiftung! Bloß nicht so ein Fass bei Abschlüsslern aufmachen! Am Ende zählt fürs Abi nur die Vollpräsenz – Pandemie- oder Nichtpandemiebedingungen, krank oder gesund, egal.

Die (erwachsenen) Kinder benötigen in ihrer letzten stressigen Phase unbedingt den Schutz vor ihren berufstätigen Eltern! Nein, nicht vor einer Virusvariante, der man noch nicht einmal mit einer Boosterimpfung zuverlässig vor Ansteckung und Erkrankung beikommt, nein, das ist sogar gut, wenn man sie in den Schulen findet, ist in den Schulen ja harmlos, aber für die gesamtgesellschaftliche Immunität wichtig.

Dass gerade die Abi-Abschlüssler bestens mit Wechsel- und Distanzunterricht klarkommen könnten, interessiert dabei doch nicht die Bohne, dass die Abschlüssler ganz sicher keine Infektion im Prüfungsstress gebrauchen können, sowieso nicht. Das sind alles etwaige Probleme, die jede(r) im Einzelfall mit sich selbst ausmachen muss, am besten still. Aber die Pandemie kann grundsätzlich kein Problem von Abiturienten sein so wie sie in Schulen sowieso kein Problem darstellen darf.

Im Gegenteil: Alle in den Schulen Wirkenden helfen allein durch tägliche Vollpräsenz bei der Bewältigung der Pandemie … durch ihre klang- und klaglosen Infektionen per Schulbesuchspflicht mit und ohne Impfung und Teilnahme an den Tests zur Feststellung der Durchseuchungsrate – ob in oder außerhalb einer Prüfungssituation, alles kann und muss! Je höher die festgestellte Rate ausfällt, desto besser für die Gesellschaft! Die Kinder schaffen alles, was man ihnen zumutet. Man darf ihnen nur keine Wahl lassen und keine Alternativen bieten, dann klappt es sogar ganz easy mit einem von der Pandemie völlig losgelösten Abitur! Maximaler Kraftaufwand und Psycho-Stress übers Limit für die Abiturienten mit Omikron im Nacken? Oh nein! Man orientiere sich an den großartigen Vorbildern in den Schulministerien: „Augen zu und durch!“ und alles wird gut! –

(Ich denke, dass alle Beteiligten sich dieses Jahr ganz besonders über das bestandene Abitur freuen werden, schon allein deshalb, weil der Albtraum „Schule in der Pandemie“ endlich ein Ende finden kann! Ich jedenfalls zähle als Mutter die Tage …) News4teachers

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KMK-Beschluss zu Abitur- und Abschlussprüfungen 2022: In jedem Fall in Präsenz – selbst bei geschlossenen Schulen

 

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