ZÜRICH. Während Schulschließungen bei vielen Schülern mit psychischen Problemen einhergehen, zeigten sich in einer Schweizer Studie auch positive Effekte wie längerer Schlaf und damit einhergehend weniger Koffein und Alkoholkonsum. Die Forscher plädieren für eine dauerhafte Verschiebung der Schulanfangszeiten.
Die Schulschließungen im Frühling 2020 wirkten sich einerseits negativ auf Gesundheit und Wohlbefinden vieler Jugendlicher aus. Andererseits hatte das Homeschooling auch positive Effekte: Da sie am Morgen länger schlafen konnten, verbesserten sich Gesundheit und Lebensqualität zahlreicher Jugendlicher. Wissenschaftler der Universität Zürich (UZH) plädieren deshalb für spätere Schulstartzeiten.
Die erste Welle der Covid-19-Pandemie führte auch in der Schweiz von März bis Juni 2020 zur landesweiten Schließung der Schulen, einschließlich der Gymnasien. Laut mehreren Studien nahmen bei Jugendlichen in dieser Zeit depressive Symptome und Angstzustände zu, während die Lebenszufriedenheit und -qualität abnahmen. Die Jugendlichen waren insgesamt außerdem weniger körperlich aktiv und verbrachten mehr Zeit sitzend vor dem Bildschirm.
Allerdings habe sich die Homeschooling-Phase auch positiv auf das gesundheitliche Wohlbefinden vieler Jugendlicher ausgewirkt, ergab nun eine Studie der Universität Zürich. «Die Schülerinnen und Schüler schliefen während des Lockdowns rund 75 Minuten länger. Gleichzeitig stieg ihre Lebensqualität signifikant und der Konsum von Alkohol sowie Koffein sank», stellt Co-Studienleiter Oskar Jenni, Entwicklungspädiater an der UZH fest. Da die Anreise zur Schule wegfiel, konnten die Jugendlichen auch wenn Unterricht stattfand später aufstehen.
Mehr Schlaf an Schultagen verbessert die Lebensqualität Jugendlicher
Für ihre Untersuchung hatten die Forscherinnen und Forscher 3.664 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten von 21 Schulen im Kanton Zürich während des Lockdowns online zu ihrem Schlafverhalten und ihrer Lebensqualität befragt. Die Ergebnisse verglichen sie im Anschluss mit der Befragung von 5.308 Schülerinnen und Schülern aus dem Jahr 2017. Dabei zeigte sich, dass in den drei Monaten im Homeschooling die Jugendlichen an Schultagen rund 90 Minuten später aufstanden, aber nur etwa 15 Minuten später zu Bett gingen – was die Schlafdauer insgesamt um 75 Minuten verlängerte. An den Wochenenden hingegen waren die Schlafenszeiten in beiden Gruppen vergleichbar.
Die Schülerinnen und Schüler der Lockdown-Gruppe beurteilten ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität besser und gaben an, weniger Alkohol und Koffein zu konsumieren als jene der Vor-Corona-Gruppe. «Obwohl der Lockdown eindeutig zur Verschlechterung von Gesundheit und Wohlbefinden vieler Jugendlicher geführt hat, offenbaren unsere Ergebnisse auch einen positiven Effekt von Schulschließungen, der bisher vernachlässigt wurde», sagt Jenni.
Schlafdefizite können bei Jugendlichen zu allgemeiner Müdigkeit, Angst und körperlichem Unwohlsein führen. Dadurch verschlechtern sich die Stimmung sowie kognitive Funktionen wie Konzentration, Gedächtnis und Aufmerksamkeit, was die Bewältigung des Alltags erheblich beeinträchtigt. Frühe Schulanfangszeiten stehen im Konflikt mit den biologisch bedingten verspäteten Schlafzeiten von jungen Menschen. Da sie spätere Aufwachzeiten verhindern, tragen sie zum chronischen Schlafdefizit vieler Jugendlicher bei.
«Unsere Befunde sprechen klar dafür, die morgendlichen Schulstartzeiten zu verschieben, damit die Jugendlichen mehr Schlaf bekommen», betont Jenni. Vermutlich wären die positiven Effekte auf die Gesundheit und Lebensqualität ohne die psychischen Belastungen durch die Pandemie noch viel größer gewesen. (zab, pm)
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