BERLIN. Viele Lehrkräfte sorgen sich in der Corona-Krise um das Bildungsniveau ihrer Schülerinnen und Schüler. Knapp 64 Prozent der Lehrkräfte an Gymnasien und zum Abitur führenden Schulen gehen davon aus, dass die politischen Maßnahmen voraussichtlich nicht ausreichen, damit die Schülerinnen und Schüler das Versäumte bis zum Ende dieses Schuljahres nachholen. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Umfrage des Deutschen Philologenverbandes unter rund 7000 Lehrkräften im gesamten Bundesgebiet vom November 2021 hervor.
Fast die Hälfte der befragten Lehrkräfte (49 Prozent) gab außerdem an, dass an ihrer Schule nicht ausreichend Fachlehrkräfte für den regulären Unterricht eingestellt worden sind. „Wir brauchen endlich bessere Rahmenbedingungen für guten Unterricht in Deutschland, der den gestiegenen Anforderungen gerecht wird“, mahnt Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes. „Die Kultusminister müssen das Bildungssystem langfristig personell und materiell qualitätsorientiert stärken.“
„Wir brauchen 130 Prozent Unterrichtsversorgung, um allein das reguläre Unterrichtsgeschäft abdecken zu können”
Sie fordert deshalb langfristig eine bedeutend höhere Unterrichtsversorgung mit personellen Reserven, im Idealfall eine Unterrichtsversorgung von 130 Prozent. „Wir brauchen diese Unterrichtsversorgung, um allein das reguläre Unterrichtsgeschäft abdecken zu können, wenn z.B. Kollegen und Kolleginnen auf Klassenfahrt sind, Projekte begleiten und in der Elternzeit vertreten werden. Hier fehlt die vorsorgliche langfristige Bildungsplanung und die konkrete politische Umsetzung – nicht erst während Corona!“
Lin-Klitzing kritisiert die zunehmende Entprofessionalisierung des Lehrerberufs, weist auf die Nöte insbesondere in den Mangelfächern an den Gymnasien hin und mahnt zudem die Kultusministerkonferenz, die seit Jahren benötigten Standards für die Nachqualifikation der quer- und seiteneinsteigenden Lehrkräfte angesichts des Lehrkräftemangels endlich 2022 fertigzustellen, damit die Ausbildungsqualität der nachzuqualifizierenden Lehrkräfte in allen Bundesländern auf hohem Niveau gewährleistet werden kann.
Bundestag und Bundesrat hatten im Juni das Programm «Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche» in Höhe von zwei Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Der Bund überlässt den Ländern unter anderem Anteile aus der Umsatzsteuer, so dass sie zusätzliche Maßnahmen zur Lernförderung finanzieren, Sozialprojekte ausweiten und mehr kostenlose und günstige Freizeit-, Sport- und Erholungsangebote anbieten können. News4teachers
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