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Muss eine ukrainische Lehrkraft, die Flüchtlingskinder unterrichten soll, zwingend Deutsch sprechen?

DRESDEN. Mit dem Strom der aus der Ukraine Geflüchteten kommen viele Kinder und Jugendliche nach Deutschland. Sie sollen fern der Heimat weiter lernen können – auf Deutsch und in ihrer Muttersprache. Dabei helfen ukrainische Lehrkräfte, wie das Beispiel Sachsen zeigt. Allerdings erweist sich die deutsche Bürokratie einmal mehr als schwerfällig. 

Viele Frauen und Kinder, hier an der rumänisch-ukrainischen Grenze, flüchten in den Westen. Foto: Shutterstock / Pazargic Liviu

Sachsen will vertriebenen und geflüchteten jungen Ukrainern eine möglichst gute Schulbildung bieten und setzt dabei auch auf die Hilfe herkunftssprachlicher Lehrer. Bisher sind 599 Kinder und Jugendliche Schulen zugewiesen sowie 1623 auf einem kürzlich freigeschalteten Online-Portal angemeldet worden, wie Kultusminister Christian Piwarz (CDU) am Donnerstag in Dresden sagte. Die Situation sei momentan zu bewältigen, «aber wenn die Zahlen weiter steigen, werden wir an den Punkt kommen, wo wir Dinge umstellen und ein Stück weit mehr improvisieren müssen».

Die meisten der ukrainischen Kinder gehen in die seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 etablierten Vorbereitungsklassen an Grund- und Oberschulen, wo sie Deutsch als Zweitsprache lernen und zudem herkunftssprachlichen Unterricht erhalten – durch extra eingestellte Lehrer sowie Online-Angebote direkt aus der Heimat. In Dresden und Leipzig gebe es bereits Planungen für rein ukrainische Vorbereitungsklassen, sagte Piwarz. 45 Kinder und Jugendliche mit hervorragender Bildung, die Englisch sprechen, wurden Gymnasien zugeordnet.

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«Wir müssen schneller werden in der Anerkennung ausländischer Abschlüsse»

Laut Piwarz liegen mehr als 200 Bewerbungen ukrainischer Lehrer vor. Es seien bereits 49 Arbeitsverträge mit Pädagogen geschlossen worden, die überwiegend schon länger in Deutschland leben. Das Kontingent für zunächst bis zum Schuljahresende befristete Einstellungen sei – auch mit Blick auf die noch zu erwarteten Flüchtlingszahlen – auf landesweit 400 Stellen verdoppelt worden. Diese würden temporär besetzt, auch weil Abstriche bei den sonst sehr hohen Anforderungen gemacht würden. Die Beherrschung der deutschen Sprache sei nicht erforderlich, aber ein pädagogischer Abschluss.

«Wir müssen schneller werden in der Anerkennung ausländischer Abschlüsse», forderte Piwarz generell. Es dauere zu lange in Deutschland – «dadurch vergeben wir uns Chancen», in diesem Bereich dauerhaft Fachkräfte zu gewinnen. Vor allem bei der Hürde C1-Sprachniveau sieht der Minister Möglichkeiten – im Bereich der Grundschule sei das «unabdingbar». Ob aber an Gymnasien, wo es einen Sprachenmix gebe, ein niedrigeres Niveau möglich sei, «überlegen wir uns auch bundesweit» zugunsten schnellerer Anerkennungen.

«Der Grundsatz ist, so viel Beschulung in Deutsch und Ukrainisch wie es geht»

«Wir müssen die Integration bewerkstelligen», betonte Piwarz. Es sei ja unklar, wie lange die Kinder und Jugendlichen da seien, oder ob sie später einen deutschen Schulabschluss machen wollten. Zugleich müsse man herkunftssprachlichen Unterricht anbieten – das sei von Schule zu Schule verschieden und hänge auch vom Personal ab. «Der Grundsatz ist, so viel Beschulung in Deutsch und Ukrainisch wie es geht.»

Nach Angaben des Innenministeriums hat der tägliche und wöchentliche Zustrom Vertriebener und Geflohener etwas nachgelassen. «Wir müssen nach wie vor davon ausgehen, dass pro Tag 150 bis 250 Menschen aus der Ukraine nach Sachsen kommen und einreisen», sagte Amtschef Thomas Rechentin. «Daher ist es die vordringliche Aufgabe, gemeinsam mit den Kommunen schnell weiteren Wohnraum zu schaffen, um die Kapazitäten in den Aufnahmeeinrichtungen weiter zu erhöhen.» Es gehe auch darum, die Menschen zu überzeugen, dass sie nicht nur in den größeren Städten gut aufgehoben sind, sondern auch im ländlichen Raum, erläuterte Rechentin. News4teachers / mit Material der dpa

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