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„Immer mehr Kinder körperlich und seelisch krank“: Krankenkasse fordert Schulfach Gesundheit

SAARBRÜCKEN. Zivilisationskrankheiten sind auch unter Jugendlichen auf dem Vormarsch. Aus Sicht der IKK Südwest ist es daher elementar wichtig, frühzeitig ein aktives Bewusstsein für den eigenen Körper und Geist zu schaffen.

Die Corona-Krise hat ungesunde Trends verstärkt. Foto: Shutterstock

Rund ein Viertel der gesamten Krankheitskosten in Deutschland entfallen nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie auf psychische und Verhaltensstörungen. Bewegungsmangel, falsche Ernährung und Probleme in Schule und Familie beeinflussen nach Ermittlungen der in Saarbrücken ansässigen Krankenkasse IKK Südwest zunehmend die Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auch in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die IKK Südwest plädiert daher für einen systematischen und regelmäßigen Gesundheitsunterricht an Schulen in der Region. Ziel müsse eine frühzeitige und altersgerechte Vermittlung von Gesundheitsthemen sein, um ein Bewusstsein für den eigenen Körper und Geist – und deren Gesunderhaltung – zu entwickeln, so Vorstand Jörg Loth.

Lebensstilbedingte Erkrankungen (sogenannte Zivilisationskrankheiten) stellten die Todesursache Nummer 1 in Deutschland dar und nähmen immer weiter zu mahnt die Innungskrankenkasse. Um dieser beunruhigenden Entwicklung wirkungsvoll entgegenzutreten, sei es elementar wichtig, ein aktives Bewusstsein für die eigene Gesundheit insgesamt zu schaffen. Neben der individuellen Verantwortung müssten auch die Lebens-, Umwelt- und Arbeitsbedingungen eines Jeden einbezogen werden. Die Grundlagen für ein gesundes Leben würden jedoch entscheidend in der Kindheit gelegt.

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In den Schulen müsse deshalb die Gesundheitsbildung systematischer und umfassender verankert werden als bisher. „Fast 80 Prozent der Krankheitslast in Europa gehen auf Erkrankungen zurück, die weitgehend vermeidbar sind. Die Zunahme der lebensstilbedingten Erkrankungen kommt immer ungebremster besonders in der Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen an, oft wissen die Betroffenen aber zu wenig darüber. Diese Realität muss mit konkret anwendbaren Steuerungs- und Gegenmaßnahmen stärker in den Lehrplänen abgebildet werden. Aktuell finden Gesundheitsthemen über alle Klassenstufen hinweg eher in Inselprojekten statt, die zwar sehr wichtig sind, sich aber oft auf die Fächer Biologie oder Sport beschränken. Dadurch zahlen sie zu wenig nachhaltig auf die Gesundheit der jungen Menschen ein“, bemängelt Loth.

Jungen leiden verstärkt körperlich, Mädchen eher psychisch
Das betrifft vor allem und immer stärker vermeidbare Zivilisationskrankheiten wie Adipositas und Rückenbeschwerden. Die IKK Südwest weist darauf hin, dass im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Hessen im Jahr 2020 gegenüber 2013 bis zu 5 % mehr Heranwachsende die Diagnose krankhaftes Übergewicht (Adipositas) erhalten hätten. Bemerkenswert stark sei der Anstieg innerhalb dieses Zeitraums bei den adipösen Jungen verlaufen: in Rheinland-Pfalz lag dieser laut einer Analyse bei rund 7 %, im Saarland sogar bei rund 14 %. Auf einem konstanten Niveau blieben seit 2013 laut IKK-Untersuchung in allen drei Bundesländern die ärztlichen Diagnosen bei Rückenleiden, die bei Kindern oft mit der Einschulung begännen.

Neben dem Körper leide zunehmend auch die Psyche. So seien immer mehr Heranwachsende in der Region psychisch- und verhaltensauffällig mit Krankheitsbildern wie beispielsweise ADHS. Von 2013 bis 2020 seien in Rheinland-Pfalz rund 7 % mehr entsprechender Diagnosen gestellt worden, in Hessen und im Saarland sogar rund 10 %. Hier waren Mädchen mit einem Anstieg von bis zu 18 % deutlich stärker betroffen.

Volkskrankheiten vermeiden, Gesundheitssystem finanziell entlasten
Jörg Loth: „Die Corona-Pandemie hat diesen Effekt verstärkt und gerade auch bei psychischen Erkrankungen zusätzlich deutlich gemacht, wie entscheidend Gesundheitskompetenz und Prävention im Kontext Schule ist. Es braucht also eine kindgerechte und vor allem konsequente Information zu wichtigen Themenfeldern wie Bewegung, Ernährung und Krankheit, die auch Eltern und Lehrer einbezieht. Es ist elementar wichtig, früh ein Bewusstsein für die Gesundheit und damit für Körper und Geist zu schaffen. Auch über Gesundheit als eigenständiges Schulfach, das aktuelle und alltagsnahe Inhalte aufnimmt, sollte daher diskutiert werden.“

Konkret sollten dabei neben Bewegungs- auch eine bessere Verbraucherkompetenz, zum Beispiel zum Thema Essverhalten und Frühstückskultur, auf dem Lehrplan stehen. Auch die Vermittlung von Kompetenzen im Arzt-Patienten-Verhältnis sowie eine inhaltliche Auseinandersetzung mit aktuellen und vermeidbaren Krankheitsbildern gehören demnach dazu, so Loth.

Prof. Loth ergänzt: „Schließlich muss es neben dem wesentlichen Ziel, lebensstilbedingte Erkrankungen zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren, im Interesse des Staates sein, Lösungen zu schaffen, die als solche auch die Volkswirtschaft sowie das Gesundheitssystem und damit den Beitragszahler langfristig finanziell entlasten.“ (ots)

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