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Lehrkraft an einer Privatschule werden: Warum eigentlich nicht? (Fragt der VDP)

WIESBADEN. Privatschule oder öffentliche Schule? Diese Frage stellt sich nicht nur für Eltern und ihre Kinder. Auch (angehende) Lehrer*innen können entscheiden, wo sie lieber arbeiten möchten. Doch der Weg in die Privatschullandschaft ist noch immer die Ausnahme. Vorurteile und falsche Vorstellungen halten viele davon ab, dort nach einer geeigneten Stelle zu suchen. Schade – meint jedenfalls unsere Gastautorin, Lisa Raudasch, Referentin beim Verband Deutscher Privatschulen (VDP) Hessen. Denn die Welt der Privatschulen zeige, dass der Lehrberuf genauso vielfältig sein könne wie die Schullandschaft selbst.

„Hier am Bildungszentrum Hermann Hesse habe ich das Glück, so zu arbeiten, wie ich mir das vorstelle“: Schulleiter Jan Große. Foto: Bildungszentrum Hermann Hesse 2022

Vorstellungen von „Privatschule“

Privatschulen erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit und dennoch: Klischees und Vorurteile über „Schulen für Reiche“, „gekaufte Abschlüsse“ und „Namen tanzen“ halten sich nicht nur bei Eltern hartnäckig. Auch Lehrer*innen haben oft Vorbehalte und ziehen es nicht in Erwägung, an eine Privatschule zu gehen. Gegen diese Vorbehalte spricht: Privatschulen werden staatlich unterstützt und versuchen Schulgelder so gering wie möglich zu halten. Abschlussprüfungen müssen nach staatlichen Vorgaben oder internationalen Richtlinien durchgeführt werden. Und auch die Ergebnisse der PISA-Studien zeigen, dass viele reformpädagogische Ansätze zu besseren Ergebnissen bei weniger Leistungsdruck führen. Gut qualifiziertes Personal ist dafür unerlässlich.

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Lehramt – nein, danke?

Der aktuelle Lehrkräftemangel zeigt jedoch, dass das Lehramt insgesamt an Attraktivität verloren hat. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für das Studium, die Abbrecherquote (bis zu 50 Prozent) ist hoch. Abenteuer, örtliche Flexibilität und Selbstverwirklichung stehen für Schulabsolventen hoch im Kurs, werden aber von den wenigsten im Bereich Schule verortet. Erfahrungen aus der eigenen Schulzeit und dem Umfeld prägen dabei oft ein Bild, das jedoch nur einen Teil unserer vielfältigen Schullandschaft in Deutschland widerspiegelt.

Frei wählen, was passt

So verwundert es nicht, dass sogar die, die gerne Lehrer*in werden wollen, sich häufig auf das beschränken, was ihnen selbst bekannt ist: Wenn schon Lehrer*in, dann bitte „richtig“, also mit Planstelle und Verbeamtung. Dabei wird außer Acht gelassen, dass es neben den zahlreichen öffentlichen Schulen auch noch eine große Vielfalt an Privatschulen gibt, die vielleicht sogar viel besser zu den eigenen Vorstellungen vom Lehrerdasein passen. Denn im Gegensatz zum staatlichen System gibt es hier die Möglichkeit, die Schule, die zu einem passt, selbst zu wählen. Schließlich gibt es nicht DEN oder DIE Lehrer*in und erst recht nicht DIE Schule.

Qualifiziertes Personal ist wichtig – Quereinsteiger trotzdem willkommen

An den Privatschulen zählt, was man an Qualifikationen und als Person mitbringt. Gesucht werden daher auch berufserfahrene Lehrer*innen von öffentlichen Schulen, die ihre langjährigen Erfahrungen einbringen und erweitern möchten. Genauso spielt die Persönlichkeit und das Interesse am jeweiligen pädagogischen Konzept eine Rolle. Ähnlich wie an staatlichen Schulen können zudem Quereinsteiger mit dem entsprechenden Profil, z.B. einer praktischen Ausbildung oder relevantem Hochschulstudium, für bestimmte Fächer eingestellt werden.

Die richtige Schule für mich?

Wir geben einen Einblick in die Vielfalt der Privatschullandschaft:

Schulleiter*innen an Privatschulen wissen: Lehrer*in sein, das ist ein Vollblutjob. „Umso wichtiger ist es, dass dieses Engagement auch dementsprechend gesehen und gewürdigt wird.“, findet Bettina Otto, Verwaltungsleiterin der Strothoff International School in Dreieich. „Bei uns an der Schule geht es international, aber auch familiär zu. Denn viele unserer Lehrer und Pädagogen kommen aus anderen Ländern zu uns und haben daher ihren Lebensmittelpunkt in der Schule.“ Die Schulleitung unterstützt hier rundum, sei es bei der Wohnungssuche, mit Fortbildungen oder einem ansprechenden Gehalt. Auch die Tatsache, dass sie ihr Curriculum, also die Lehrpläne und Abläufe selbst bestimmen können, mache internationale Schulen für Lehrer*innen, die weltoffen sind und etwas bewegen wollen attraktiv, so Otto. Ihr ist es wichtig, dass Lehrer*innen an ihrer Schule zu Gestalter*innen werden können und ihr Engagement voll ausleben.

…so nennt Jan Große, Schulleiter des Bildungszentrums Hermann Hesse in Frankfurt, seine Schule gern. Denn hier gibt es das, was sich für Lehrer*innen im öffentlichen Schulsystem nicht realisieren lässt: Kleine Klassen von vier bis acht Schülern, eine besonders persönliche Beziehung zu den Schüler*innen und eine enge Vernetzung mit der Schulsozialarbeit.

Schulen wie seine, die sich speziell an Schüler*innen mit Suchtproblematiken und anderen psychischen Erkrankungen richten, zeigen: Privatschule ist nicht gleichzusetzen mit Reichtum und Elite. Denn die Vielfalt des Privatschullandschaft bedeutet eben auch, „dass es Menschen gibt, die keine Ressourcen haben“, wie Große es ausdrückt. Damit verweist er auch auf das „Scheitern“, das viele seiner Schüler*innen in ihrer Schulzeit im öffentlichen System erlebt haben. Für ihn bedeutet Privatschule, dass er Schule so gestalten kann, dass sie den Umständen seiner Schüler*innen gerecht werden kann. Wer als Lehrer*in nah am Menschen sein will und Selbstwirksamkeit sucht, findet sie hier.

An christlichen Schulen können Lehrer*innen ihren Glauben auch im Beruf voll ausleben. Zentrales Anliegen aller Mitarbeiter*innen ist es, jungen Menschen tragfähige Antworten auf die Fragen des Lebens zu bieten. Dabei ist es wichtig, dass die Lehrer*innen selbst Orientierung durch den Glauben an Christus und dem Lesen der Bibel gefunden haben. Denn den Schulen ist es ein besonderes Anliegen, dass ihre Lehrer*innen in ihrem Unterricht über Jesus sprechen. Gott und die Bibel sind die Grundlage des pädagogischen Konzeptes. Wer sich früh entscheidet, kann wie an allen privaten Grund- und weiterführenden Schulen bereits dort sein Referendariat machen und direkt an seinem Wunscharbeitsort einsteigen.

Christliche Schulen sind staatlich anerkannt und legen Wert auf moderne Technik. In den Klassen sitzen dabei nicht nur Kinder aus christlichen Familien, sondern auch andere, die für ein Leben mit Gott offen sind. Lehrer*innen, die ihren Glauben missionarisch leben, sind hier genau richtig

Unterricht mit Rollentausch: An der Steinmühle begegnen sich Lehrer*innen und Schüler*innen durch neue Methoden auf Augenhöhe. Foto: Steinmühle Marburg 2022)

Privatschulen haben im Gegensatz zu öffentlichen eine Geschäftsführung, die schnelle Entscheidungen unbürokratisch umsetzen kann. „Dies bietet für Lehrer*innen den Vorteil, Ideen einfacher einbringen und sich voll und ganz auf ihren Unterricht konzentrieren zu können“, meint Dirk Konnertz, Geschäftsführer an der Steinmühle Marburg. Denn das pädagogische Konzept seiner Schule sieht vor, dass es möglichst wenig Frontalunterricht gibt und die Schüler*innen zu selbstverantwortlichen Akteuren ihres Lernens werden. Dafür brauche es einerseits Enthusiasmus in der Vorbereitung, andererseits die Bereitschaft kreativen und differenzierten Unterricht zu machen“, so Konnertz.

Lehrer*innen an seiner Schule sollten gerne Neues ausprobieren und ihre persönlichen Leidenschaften in die Schulentwicklung einbringen. Im Gegenzug achtet die Schule darauf, dass sich Beruf und Familie bzw. Freizeit gut vereinbaren lassen „Wir geben uns besonders viel Mühe auf die einzelnen Personen einzugehen. Neben Job-Ticket bzw. -Bike und Sabbatjahr bieten wir auch flexible Arbeitszeiten und achten beispielsweise auf die Kinderbetreuung bei der Erstellung der Stundenpläne.“

Weitere Infos erhalten Sie unter: https://www.lehrer-privatschule.de/ und direkt über den Verband Deutscher Privatschulen Hessen (www.privatschulen-hessen.de) bzw. alle weiteren Landesgeschäftsstellen des VDP (https://privatschulen.de/landesverbaende/).

„Beruf und Berufung treffen aufeinander“: Eine Lehrerin an einer Bekenntnisschule berichtet

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