Website-Icon News4teachers

Landesschülerrat ist „entschieden“ gegen Luftfilter – Wahlkampfhilfe für die regierende SPD?

Anzeige

HANNOVER. Wahlkampfhilfe für die regierende SPD? Trotz des befürchteten Anstiegs der Corona-Zahlen im Herbst hat sich der Landesschülerrat Niedersachsen „entschieden“ gegen mobile Luftfilter in den Klassenzimmern ausgesprochen. Pikant: Erst im April hatte Vorstandsmitglied Yanik Möller, offensichtlich Wortführer bei der Aktion, ein Praktikum beim SPD-Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil absolviert, der aus Niedersachsen stammt.

Unterstützung vom Ex-Praktikanten: SPD-Chef Lars Klinbeil. Foto: Tobias Koch / Lars Klingbeil

Die Landesregierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) steht unter Druck, weil sie – anders als die benachbarten Bundesländer Hamburg und Bremen – kaum in mobile Luftfilter investiert hat und Geld aus einem eigens eingerichteten Fördertopf des Bundes verfallen ließ. Jetzt springt ihr der Landesschülerrat zur Seite.

„Gerade nachdem einige Schulen im vergangenen Winter mit Luftfiltern ausgestattet wurden, lässt sich von der Schülerseite nur sagen: Wir brauchen die Luftfilter nicht“, sagte Vorstandsmitglied Yanik Möller am Montag. Die Filter seien laut, bräuchten viel Platz und ihr Anschaffungspreis stehe in keinem Verhältnis zum angepriesenen Nutzen, behauptete er. Die Schülervertreter wünschten sich auch keine erneute Debatte über Luftfilter – zumindest nicht im Namen der Schüler.

Anzeige

«Der Luftfilter selbst aber hat für die Schülerinnen und Schüler keinen nennenswerten Mehrwert und durch seine Anschaffung wird Geld verbrannt»

Denn die Forderung nach Luftfiltern nutze in erster Linie dem, der diese Forderung stelle, kritisierte Möller (und meint damit unter anderem wohl die Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion Amira Mohamed Ali). Für Schülerinnen und Schüler etwas zu fordern, bewirke ein positives Bild. «Der Luftfilter selbst aber hat für die Schülerinnen und Schüler keinen nennenswerten Mehrwert und durch seine Anschaffung wird Geld verbrannt, welches in vielen anderen Bereichen des Schulbetriebs wirklich bitter nötig wäre», befand Möller. Am ehesten plädiere der Landesschülerrat für CO2-Ampeln – die kostengünstiger und leicht zu bedienen seien. Damit müssten die Fenster nicht wahllos geöffnet werden, sondern nur dann, wenn der CO2-Gehalt in der Luft zu hoch sei.

Zufall? Möller hatte in den letzten Osterferien ein Praktikum im Berliner Abgeordnetenbüro von SPD-Chef Lars Klingbeil absolviert. Die Aufgaben und Eindrücke für den Schüler seien vielfältig und spannend gewesen, so heißt es auf Klingbeils Homepage – ein Briefing über mobile Luftfilter in Schulen inklusive? In Niedersachsen wird am 9. Oktober ein neuer Landtag gewählt.

„Nur ein Bruchteil des zugesagten Geldes ist in den Schulen und Kitas angekommen. Das ist ein Skandal”

Amira Ali hatte jedenfalls noch vor Kurzem kritisiert, dass das niedersächsische Luftfilter-Programm gescheitert sei. „30 Millionen Euro umfasste die gemeinsame Förderung des Landes Niedersachsen und des Bundes zur Anschaffung von mobilen Luftfiltern an Kitas und Schulen. Davon wurden allerdings nur rund 5,6 Millionen Euro bewilligt. Weitere Anträge sind nicht möglich. Die Antrags-Frist ist am 15. Februar 2022 abgelaufen“, so berichtete sie und resümierte: „Nur ein Bruchteil des zugesagten Geldes ist in den Schulen und Kitas angekommen. Das ist ein Skandal. Luftfilter in allen Schulklassen und Gruppenräumen hätten dazu beigetragen, das Risiko der Ansteckung mit dem Corona-Virus deutlich zu reduzieren”, kommentiert Mohamed Ali.

Die Linken-Fraktionschefin wirft der Bundesregierung und der niedersächsischen Landesregierung schwere Versäumnisse vor: „Die Bundesregierung hat mit strengen Förderbedingungen verhindert, dass alle Kitas und Schulen das Geld beantragen können. Gefördert wurden zum Beispiel nur Luftfilter in Räumen ohne ausreichende Lüftungsmöglichkeit. Außerdem galt die Förderung nur für Schulen, an denen Kinder bis maximal 12 Jahre unterrichtet werden.“ Weiter stellt sie fest: „Nachdem die Bundesregierung dem Land Niedersachsen im Juli 2021 rund 18,8 Millionen Euro für Luftfilter zur Verfügung gestellt hatte, verschleppte die Landesregierung die Auflage des Förderprogramms vier Monate lang. Erst im November 2021 konnten Kitas und Schulen das Geld tatsächlich beantragen.“

Mohamed Ali schlägt vor, ein neues Förderprogramm aufzulegen: „Es ist richtig, weiter Geld für die Anschaffung von mobilen Luftfiltern bereitzustellen. Diesmal ohne Einschränkungen. Alle Kitas und Schulen müssen es beantragen können. Die Bundesregierung muss, in Abstimmung mit den Ländern, eine unkomplizierte Lösung zum Verteilen des Geldes finden. Eine Möglichkeit ist, dass die Bildungseinrichtungen es direkt über die nationale Förderbank KfW beantragen können.”

„Allerdings müssen wir uns eingestehen, dass die Schülerinnen und Schüler diesen Winter erneut frieren werden”

So oder so – die niedersächsischen Schüler rechnen damit, auch im nächsten Corona-Winter in kalten Klassenräumen sitzen zu müssen. „Allerdings müssen wir uns eingestehen, dass die Schülerinnen und Schüler diesen Winter erneut frieren werden. Mit oder ohne Luftfilter, Lüften bleibt notwendig, die Fenster werden wir auch diesen Winter wieder öffnen müssen“, sagte die Vize-Vorsitzende des Landesschülerrats, Louisa Basner. Richtig ist aber auch: Mit mobilen Luftfiltern, die Corona-belastete Aerosole aus der Atemluft filtern, müssten die Fenster weniger oft aufgerissen werden. News4teachers / mit Material der dpa

Neue Spitze im Luftfilter-Skandal: Länder lassen knapp 80 Prozent der Bundesmittel für mobile Luftfilter in Schulen verfallen

 

Anzeige
Die mobile Version verlassen