MÜNCHEN. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) ist mit der noch unkonkreten Ankündigung, dass schwangere Lehrerinnen in Bayern in absehbarer Zeit wieder unterrichten dürfen, auf Kritik gestoßen. Der Bayerische Philologenverband fordert rasch Klarheit und die entsprechenden konkreten Entscheidungen. Die GEW schimpft: «Mal wieder reibt man sich aufgrund der Informationspolitik des Kultusministeriums verwundert die Augen.»
«Die aktuellen Aussagen des Kultusministers zum Einsatz Schwangerer an Schulen nähren viele Spekulationen und sorgen für große Unsicherheit und Verärgerung bei den betroffenen Schwangeren, vertretenden Lehrkräften sowie Schulleitungen», sagte der Landersvorsitzende des Philologenverbandes, Michael Schwägerl. Es stoße zudem bei vielen Kolleginnen und Kollegen auf Unverständnis, dass dieses Thema nicht bereits vor Schulbeginn habe geklärt werden können. «Wir brauchen jetzt möglichst schnell klare Entscheidungen, ob Schulen wieder für Schwangere geöffnet werden, und – wenn ja – verlässliche Regelungen, die den Schutz von Mutter und Kind vor Ort sicherstellen», verlangte der Verbandsvorsitzende.
Piazolo hatte am Dienstag nach einer Kabinettssitzung angekündigt, dass schwangere Lehrerinnen in Bayern in absehbarer Zeit wieder unterrichten dürfen – das im Zuge von Corona eingeführte Betretungsverbot für die Schulen soll aufgehoben werden. Man habe im Ministerrat besprochen, dass es wieder möglich sein solle, dass Schwangere unterrichten – es solle aber keinen Zwang dazu geben, betonte er. Die Lehrerinnen sollen dies je nach Situation mit ihrem Arzt und der Schulleitung absprechen.
«Es gibt bislang kein Schreiben an die Schulen und meiner Kenntnis nach auch keinen wissenschaftlichen Standpunkt, der ein erhöhtes Risiko ausschließt»
Konkreter wurde Piazolo aber auch auf Nachfrage noch nicht, er nannte auch noch keine Details, wie die geplante freiwillige Regelung aussehen könnte. «Die Einzelheiten werden wir noch festlegen, das wird nicht von heute auf morgen passieren», sagte er lediglich. Es werde dann auch entsprechende Fristen geben. Bayern ist massiv vom Lehrkräftemangel betroffen.
Florian Kohl, stellvertretender Vorsitzender der GEW Bayern und Mitglied im Hauptpersonalrat, ärgert der Vorstoß: «Wir wissen im Hauptpersonalrat und in den örtlichen Personalräten von nichts. Es gibt bislang kein Schreiben an die Schulen und meiner Kenntnis nach auch keinen wissenschaftlichen Standpunkt, der ein erhöhtes Risiko ausschließt. Allerdings erreichen uns in den Personalräten jetzt natürlich die Anfragen von Betroffenen, die nicht wissen, wie sie vorgehen sollen. Und außer, dass wir das auch nicht wissen, können wir kaum etwas sagen. Hier handelt das Kultusministerium unprofessionell. Das ist ärgerlich.»
«Die Planungen sind jetzt durch, die Stundenpläne stehen. Diese Information an die Presse verunsichert und verwirrt»
Man sei eine «desolate Informationspolitik des Kultusministeriums» mittlerweile ja beinahe schon gewohnt. Dennoch sei nicht nachvollziehbar, warum am ersten Schultag des neuen Schuljahres eine solche Information nun öffentlich gemacht werde. «Das ist unverständlich. Die Planungen sind jetzt durch, die Stundenpläne stehen. Diese Information an die Presse verunsichert und verwirrt. Sowas muss gegen Ende des Schuljahres intern kommuniziert werden, damit alle Beteiligten planen und beraten können, bevor man das öffentlich macht. Ob und wann schwangere Lehrkräfte wieder freiwillig in Präsenz arbeiten können, ist außerdem überhaupt nicht klar. Bislang gilt weiterhin das Betretungsverbot», sagt Ruth Brenner, ebenfalls Mitglied im Hauptpersonalrat.
«Das wirkt eher wie politischer Aktionismus, was Piazolo da macht. Wichtig ist, sollte das Ganze konkret werden, dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mütter und ihrer Kinder im Vordergrund stehen. Schwangere Beschäftigte sollten sich nicht unter Druck setzen lassen. Eine individuelle Gefährdungsbeurteilung ist Pflicht und auch eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung sollte unbedingt eingefordert werden. Auskunft gibt das Arbeitsmedizinische Institut AMIS.»
Link zum Arbeitsmedizinischen Institut: www.lgl.bayern.de/arbeitsschutz/amis/index.htm
Lehrermangel: Piazolo will schwangere Lehrerinnen wieder in den Präsenzunterricht bringen
