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Wie Lehrkräfte das schwierige Thema Islam im Unterricht behandeln können

„Wenn man sich die historisch gewachsenen transkulturellen Verflechtungen zwischen Europa und der islamisch geprägten Welt bewusst macht, dann stellt sich heraus, dass wir viel mehr gemeinsam haben als uns trennt“, sagt Prof. Dr. Stefan Weber, Direktor Museum für Islamische Kunst, Foto: Issam Hajjar

BERLIN. Viele Lehrkräfte in Deutschland sind unsicher im Umgang mit dem Thema Islam – und wünschen sich mehr Informationsmaterial und Hilfestellung. Das Museum für Islamische Kunst in Berlin stellt Schulen und außerschulischen Lernorten deshalb ab sofort vielfältige transkulturelle Bildungsangebote kostenlos zur Verfügung. Das Ziel: Lehrkräfte, Pädagog:innen der Jugendarbeit und Schüler:innen, aber auch Schulbuchredaktionen sollen für Stereotype sensibilisiert werden und sich ein vielseitigeres Bild islamisch geprägter Kulturen machen können.

Hier geht’s direkt zum Bildungsportal des Museums: Islamische Kulturen im Unterricht

„Wie sicher fühlen Sie sich, mit Ihren Schülerinnen und Schülern über den Islam zu sprechen?“ Das wurden Lehrkräfte auf News4teachers gefragt. Insgesamt 1.437 Lehrerinnen und Lehrer aus ganz Deutschland beteiligten sich an der Umfrage am 8. und 9. Dezember. Ergebnisse: Im Schnitt gaben 19,42 Prozent der befragten Grundschul-, Sekundarschul- und Berufsschul-Lehrkräfte an, sie seien „sehr unsicher und mit dem Thema überfordert“, 13,99 Prozent von ihnen, sie seien „eher unsicher, ich wünsche mir mehr Material und Hilfestellung“, 18,72 Prozent antworteten, „sicher, ich habe das Thema im Unterricht bereits besprochen“. „Kann ich so pauschal nicht sagen“, antworteten 44,75 Prozent.

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„In den Schulbüchern liegt, wenn es um das Thema Islam geht, der Fokus weitgehend auf Extremismus und Terrorismus”

Die Unsicherheit hat Ursachen. Die Göttinger Professorin Riem Spielhaus, Leiterin der Abteilung Wissen im Umbruch im Leibniz-Institut für Bildungsmedien/Georg-Eckert-Institut, stellt etwa fest: „In den Schulbüchern liegt, wenn es um das Thema Islam geht, der Fokus weitgehend auf Extremismus und Terrorismus. Dabei ist es wichtig für das Zusammenleben, dass Kinder und Jugendliche auch das normale Leben des Islam – den Alltag, die Kunst und die Wissenschaften – kennenlernen. Wissen darüber kann gefährlichen Polarisierungen entgegenwirken. Es ist die Grundlage für ein friedliches Miteinander.“

Und in diese Lücke stößt nun das renommierte Museum für Islamische Kunst in Berlin vor – mit einem reichhaltigen Angebot an Unterrichtsmaterialien und Workshops zum Thema. Gefördert wurde das Projekt unter dem Titel „Gemeinsame Vergangenheit – Gemeinsame Zukunft“ von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. „Mit den Bildungsangeboten möchten wir einen Beitrag zu einer wertschätzenden, inklusiven Gesellschaft leisten und populistischen und extremistischen Narrativen entgegenwirken“, erklärt Professor Stefan Weber, Islamwissenschaftler und Direktor des Museums, das im Pergamonmuseum auf der Museumsinsel Berlin beheimatet ist. „Wenn man sich die historisch gewachsenen transkulturellen Verflechtungen zwischen Europa und der islamisch geprägten Welt bewusst macht, dann stellt sich heraus, dass wir viel mehr gemeinsam haben als uns trennt“, so Weber weiter.

Das sieht auch die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman so, die das Projekt unterstützt: „Europa in der einen Ecke, die Islamische Welt weit weg in der anderen? Die Vorstellung stimmt heute nicht und war auch vor Jahrhunderten schon falsch. Trotzdem hält sie sich hartnäckig in den Köpfen und bildet den Nährboden für Diskriminierung. Genau hier setzt das Bildungsprojekt „Gemeinsame Vergangenheit – Gemeinsame Zukunft“ des Museums für Islamische Kunst an. Durch seine Unterrichtsmaterialien macht es transkulturelle Verflechtungen sichtbar, stellt falsche Vorstellungen von Fremdheit und Zugehörigkeit infrage und hilft so dabei, diskriminierende Einstellungen abzubauen.“

Unter Mitwirkung von Lehrkräften, Künstler:innen und Partnern wie dem Leibniz-Institut für Bildungsmedien / Georg-Eckert-Institut sind verschiedene Formate für unterschiedliche Bildungsakteur:innen entstanden, die im Bereich „Digitales Lernen“ des übergeordneten Online-Portals „Islamic·Art“ zu finden sind.

„Für viele Lehrkräfte ist das Thema Islam im Unterricht eine Herausforderung“, sagt Abdurrahman Kulaç aus eigener Erfahrung. Der Lehrer für Geschichte, Politik, Geografie, Ethik und Biologie an der Wolfgang-Borchert-Schule in Berlin-Spandau hatte bereits die Möglichkeit, das Material zu begutachten. Sein Fazit: „Wissenschaftlich fundierte, praxisnahe Unterrichtsmaterialien, die sich ohne großen Aufwand auch digital und für verschiedene Fächer einsetzen lassen – das ist genau das, was wir als Pädagog:innen brauchen, um auch mit solchen Themen sicher umgehen zu können, die mit Stereotypen belastet sind.“

“So kreativ gestaltet und so lehrer*innenfreundlich serviert habe ich nichts Vergleichbares gefunden“

„Wie kann man im Ethikunterricht der Unterstufe die Vielfalt des Islam sichtbar machen? Und zwar so, dass die Kinder möglichst nachhaltig das Klischee von ‘dem’ Islam als Klischee erkennen? Das Modul ‘Moscheen der Welt -Architektur und Vielfalt’ macht‘s meiner Meinung nach möglich”, sagt Josef Kurz, Lehrkraft für Deutsch, Geschichte und Ethik an einem Gymnasium in Baden-Württemberg. “Das anschauliche Bildmaterial beeindruckt, es ermöglicht Hypothesenbildung, und Kinder, die im Anschluss selbst ein Moscheemodell bauen dürfen, werden sich länger an das Gelernte erinnern als nach der Analyse von Statistiken, Karten und einem Video. Vielleicht sollte man das Bildmaterial sogar im Geschichtsunterricht als Korrektiv einsetzen zu den immer gleichmäßig grün gefärbten Landkarten, die einen monolithischen Block Islam suggerieren. So kreativ gestaltet und so lehrer*innenfreundlich serviert habe ich nichts Vergleichbares gefunden.“ News4teachers

Hier geht es zu einer Übersicht der gratis nutzbaren Materialien: www.smb.museum/gemeinsame-zukunft

 

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