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Schülerschwund: Kirchen wollen Religionsunterricht nur noch gemeinsam anbieten

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HANNOVER. Bisher bekommen katholische und evangelische Kinder in der Regel getrennten Religionsunterricht an der Schule. Doch das soll sich schon bald ändern, in Niedersachsen jedenfalls – auf Wunsch der Kirchen. Kultusministerin Hamburg sieht in dem Vorstoß eine „Pionierleistung“ mit bundesweiter Strahlkraft.

Früher musste ein Kruzifix in jedem Klassenzimmer hänten – verfassungswidrig sei diese Vorschrift, urteilte Karlsruhe. Foto: Shutterstock

„Religionsdemografische Modellrechnungen gehen davon aus, dass die Zahl der Kirchenmitglieder in den Jahren bis 2060 in der Altersgruppe von 0 – 20 Jahren um rund 40 Prozent abnehmen wird. Schon heute zeigen die Zahlen, dass im allgemeinbildenden Schulwesen nur noch ca. zwei Drittel der Schüler*innen in Niedersachsen einer christlichen Konfession angehören“, so heißt es in einem Grundsatzpapier der Schulreferenten  der evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer in Niedersachsen.

Gleichzeitig gilt aber auch: „Der Vergleich der Reduktion der Zahl der Unterrichtsstunden in den Fächern Evangelische und Katholische Religion für die Jahre 2010 – 2018, einschließlich der konfessionell-kooperativ erteilten Stunden, mit den prozentualen Rückgängen an getauften Schüler*innen des gleichen Zeitraumes zeigt: Die Reduktion des erteilten Religionsunterrichts folgt dem Schülerrückgang deutlich langsamer. Denn bei einem Rückgang von 12,5 Prozent evangelischer Schüler*innen und 10,48 Prozent katholischer Schüler*innen weist die Statistik einen deutlich geringeren Rückgang der erteilten Unterrichtstunden in beiden Fächern aus, nämlich nur um 4,8 Prozent.“

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„Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kooperation deutlich zu einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung im Fach Religion beigetragen hat“

Ein Grund für den vergleichsweise geringen Schülerschwund bisher: die konfessionelle Kooperation von evangelischem und katholischem Religionsunterricht, die seit 1998 in Niedersachsen möglich ist und offenbar gut in den Schulen angenommen wird. „An allgemeinbildenden Schulen wird der konfessionell-kooperative Religionsunterricht im-
mer mehr zu der Form, in der der konfessionelle Religionsunterricht erteilt wird“, heißt es. Und: „Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kooperation deutlich zu einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung im Fach Religion beigetragen hat.“

Dem wollen die Kirchen nun Rechnung tragen. Die katholischen Bistümer des Landes, das katholische Offizialat Vechta und die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen sprachen sich dafür aus, mit der Landesregierung in Verhandlungen darüber einzutreten, künftig grundsätzlich einen gemeinsamen Religionsunterricht in der Schule anzubieten. Denkbar sei eine Einführung zum Schuljahr 2025/2026, teilten die Kirchen am Montag mit. Dafür müssten allerdings unter anderem das Schulgesetz und die Lehrpläne geändert werden.

Kultusministerin Julia Willie Hamburg teilte mit, das Land stehe einem gemeinsam von evangelischer und katholischer Kirche verantworteten Religionsunterricht positiv gegenüber. «Diese Pionierleistung der Kirchen aus Niedersachsen ist ein tolles Zeichen und birgt viel Potenzial für guten Unterricht für die Schülerinnen und Schüler», sagte die Grünen-Politikerin. Zum Zeitplan äußerte sich Hamburg nicht. Sie wies allerdings darauf hin, dass die Ausgestaltung komplex sei und gut vorbereitet werden müsse. Man freue sich auf «zeitnahe weitere Gespräche».

Landesbischof Karl-Hinrich Manzke erklärte, Themen, bei denen die beteiligten Kirchen nicht übereinstimmen, sollten im gemeinsamen Unterricht als verschiedene Wege des Christseins thematisiert werden. Dies trage zur Identitätsbildung und Pluralitätsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler bei. Der Bischof des katholischen Bistums Osnabrück, Franz-Josef Bode, sagte, das Vorhaben sei in hervorragender ökumenischer Zusammenarbeit entwickelt worden.

Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen heißt es, man wolle den Weg der Kirchen zu einem gemeinsamen Religionsunterricht unterstützen. Darüber hinaus wolle man auch die Weiterentwicklung des Fachs Werte und Normen begleiten und mit den Religionsgemeinschaften abklopfen, «wie ein gemeinsamer konfessionsgebundener und konfessionsloser Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler entwickelt werden kann». News4teachers / mit Material der dpa

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