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Lehrermangel, IQB-Debakel, Digitalisierungs-Stau: Woidke bekommt bösen Elternbrief

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POTSDAM. Lehrkräfte fehlen – eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Die IQB-Studie fällt verheerend aus – Gegenmaßnahmen? Fehlanzeige. Und die Digitalisierung an den Schulen stockt. Wütende Elternvertreter in Brandenburg wenden sich nun per Brandbrief an ihren Ministerpräsidenten, der als Vorlage an Eltern auch in anderen Bundesländern dienen könnte.

“Notbremse fester anziehen”: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Foto: Shutterstock / photocosmos 1

Eltern schlagen wegen des Lehrermangels Alarm und klagen über die in ihren Augen schleppende Digitalisierung in Brandenburgs Schulen. In einem offenen Brief an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fordern fünf Kreiselternräte aus dem Süden und Osten des Landes deshalb einen Runden Tisch.

«Der Lehrermangel, die nur langsame Digitalisierung der Schulen und die durch verschiedene Studien festgestellten Lerndefizite stellen die Gesellschaft vor besondere Herausforderungen. Nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, lassen sich diese Probleme meistern», heißt es in dem Brief der Kreiselternräte Spree-Neiße Cottbus, Elbe-Elster, Frankfurt (Oder) und Oberspreewald Lausitz. Nötig sei ein Gesellschaftsvertrag für den Bildungssektor im Land, so die Elternvertreter.

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Im Wortlaut: «In den kommenden zwei bis fünf Jahren müssen alle mit anpacken: Die Klassen werden leider größer, die Lehrer müssen mehr arbeiten, die Politik muss dafür sorgen, dass die Arbeitsbedingungen für die Lehrer besser werden, die Schulträger müssen die Ausstattung schneller verbessern und die Eltern müssen verstärkt ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen.»

Die Elternräte kritisieren, dass das Ministerium bis heute keine konkreten Maßnahmen vorgestellt habe, wie die Lerndefizite in den Grundschulen aufgeholt werden sollen. Die Ergebnisse der IQB-Bildungsstudie, die seit Oktober 2022 vorliegt, zeigt laut Bildungsministerium deutliche Rückgänge der Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im Grundschulbereich. Brandenburger Viertklässler hatten in Deutsch und Mathe die zweitschlechtesten Leistungen im Bundesländer-Vergleich gezeigt.

«Man feiert sich, weil rund ein Drittel aller Schüler Zugriff auf ein vom Schulträger zur Verfügung gestelltes, digitales Endgerät hat. Was ist mit den anderen zwei Dritteln?»

Thomas Röttger, Elternrat aus dem Kreis Spree-Neiße, sprach von einem «kollektiven Versagen der Bildungspolitiker». Der Lehrermangel sei dem Ressort seit Jahren bekannt, sagte er. Eine Prognose für 2019 habe bereits gezeigt, dass der Lehrkräftebedarf in den Folgejahren nicht annähernd gedeckt werden könne. Röttger spricht für die fünf Kreiselternräte.

Geklärt werden müsse auch, warum trotz verschiedener seit 2019 aufgelegter Digitalpakte ein Großteil der Lehrer wegen rechtlicher Hürden keine adäquate Ausstattung mit Endgeräten erhalte, so Röttger. Lehrkräfte dürften ein Notebook nicht zuhause nutzen. Zudem hätten nur ein Drittel aller Schüler ein schuleigenes Endgerät und nicht alle. «In Brandenburg feiert man sich, weil rund ein Drittel aller Schüler Zugriff auf ein vom Schulträger zur Verfügung gestelltes, digitales Endgerät hat», heißt es ätzend im Brandbrief. «Was ist mit den anderen zwei Dritteln?»

Die digitale Ausstattung der Schulen mit Laptops und schneller Internet-Verbindung hat sich laut Bildungsministerium seit Beginn der Corona-Pandemie verbessert. Mit der Vereinbarung von Bund und Ländern auf den Digitalpakt Schule im Vor-Coronajahr stehen bis 2024 in Brandenburg rund 203 Millionen Euro zur Verfügung. Davon wurde dem Bildungsressort zufolge bislang nur ein Teil abgerufen.

Zum Ende des vergangenen Schuljahrs im Sommer 2022 hatten laut Ministerium im Durchschnitt jeweils drei Schüler ein mobiles Endgerät wie PC oder Laptop zur Verfügung. Im Schuljahr 2019/20 habe es im Durchschnitt ein Gerät für etwa fünf Schüler gegeben.

Auch der Brandenburgische Pädagogen-Verband sieht Nachholbedarf bei der Digitalisierung. So hapere es etwa bei der Anschaffung und der Verwaltung von Dienst-Laptops für Lehrer, auch an IT-Administratoren in Schulen fehle es, sagte Verbands-Präsident Hartmut Stäker. Nicht in allen Klassenzimmer sei zudem W-Lan wirklich nutzbar. News4teachers / mit Material der dpa

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