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Was gutes Lehren und Lernen ausmacht: Jury benennt 20 Schulen, die für den Deutschen Schulpreis infrage kommen

BERLIN. 20 Schulen aus ganz Deutschland können jetzt auf den Deutschen Schulpreis 2023 hoffen, der im Oktober von Bundespräsident Steinmeier verliehen wird. Eine 41-köpfige Jury aus Bildungswissenschaft, Schulpraxis und Bildungsverwaltung hat die Einrichtungen aus insgesamt 85 Bewerbungen ausgewählt. „Im Mittelpunkt des Wettbewerbs steht die Qualität des Unterrichts und die Frage, wie Schulen das Lehren und Lernen für ihre Schüler:innen am besten gestalten können“, so heißt es in einer Pressemitteilung der Veranstalter. Was das konkret bedeutet, haben wir uns von dem langjährigen (und nun frisch ausgeschiedenen) Jury-Sprecher Prof. em. Michael Schratz erklären lassen.

Die Hauptpreisträgerschule 2022: das Regionale Berufliche Bildungszentrum Müritz, Waren. Foto: Max Lautenschlaeger / Robert-Bosch-Stiftung

In den kommenden Wochen werden die nun ausgewählten Schulen von Juryteams besucht. Vor Ort führen die Fachleute Gespräche mit Lehrkräften, Schülern, Eltern und außerschulischen Partnern, besuchen Unterrichtseinheiten und Projekte. Im Anschluss an die Schulbesuche nominiert die Jury Ende Juni bis zu 15 Schulen für den Deutschen Schulpreis 2023, deren Vertreterinnen und Vertreter dann nach Berlin eingeladen werden – zur feierlichen Preisverleihung am 12. Oktober 2023 mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und weiteren Gästen, darunter der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke.

Dann wird bekanntgegeben, wer die Preise erhält. Der Hauptpreis ist mit 100.000 Euro dotiert, die fünf weiteren Preise insgesamt mit nochmals mehr als 100.000 Euro. Alle nominierten Schulen, die nicht ausgezeichnet werden, erhalten einen Anerkennungspreis in Höhe von 5.000 Euro.

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Was zeichnet die Siegerschulen (den Deutschen Schulpreis gibt es seit 2006) denn aus? „Beim Deutschen Schulpreis gilt für die Preisträger: Sie müssen besser abschneiden als der Durchschnitt vergleichbarer Schulen. Letzteres ist aber wichtig – wir können Brennpunkt-Schulen schließlich nicht mit Schulen in einem gutbürgerlichen Umfeld vergleichen“, betonte der Erziehungswissenschaftler und Bildungsforscher Prof. em. Michael Schratz von der Universität Innsbruck in einem Gespräch mit News4teachers von 2017 (hier geht es zum vollständigen Interview). Schratz wirkte insgesamt 16 Jahre lang als Sprecher der Jury – und ist nun erstmals nicht mehr dabei.

Was macht darüber hinaus eine gute Schule aus? Schratz antwortete: „Wir haben beim Deutschen Schulpreis sechs Bereiche, in denen wir die Schulen begutachten. Erstens, wie gesagt, die Leistung. Zweiter Punkt: Wie geht eine Schule mit Vielfalt um? Unsere Gesellschaft wird immer bunter. Die Schulen stehen vor den Herausforderungen Inklusion und Integration, ob es sich dabei um Flüchtlingskinder oder um Kinder mit Behinderungen handelt – und wir schauen, wie sie diese Herausforderungen bewältigen.“

“Die Kinder sollen Aufgaben bekommen, in denen sie Sinn sehen und sich die Welt erschließen. Und sie sollen keinen engstirnigen Buch-Unterricht haben”

Aber ist das nicht vor allem eine Ressourcenfrage, also eine Frage von genügend Lehrpersonal, auf das die Schulen ja keinen Einfluss haben? Schratz: „Unsere exzellenten Preisträgerschulen haben so viele Mittel wie andere auch. Sie finden aber Lösungen trotz bestehender Ressourcenprobleme. Das können Kooperationen sein. Ich war neulich an einer Schule, die mit einem Theater zusammenarbeitet – und einem Schüler, der stark stotterte, die Hauptrolle gab. Nach zwei Jahren hatte der Junge sein Stottern verloren und er zeigte bessere Schulleistungen. Oder eine andere Schule kooperiert mit einer Musikschule – und ermöglicht es Kindern, ein Instrument zu lernen, die sonst nie die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Das sind tolle Beispiele, die zeigen: Es hängt nicht vom Geld allein ab.“

Was checken Sie noch beim Deutschen Schulpreis? Schratz: „Wir achten drittens auf die Unterrichtsqualität. Dabei ist es uns wichtig zu sehen, dass jeder Schüler in seinen Fähigkeiten vorangebracht wird, dass jeder zu Zielen geführt wird, die er sich vielleicht selbst nicht zugetraut hat, dass jeder Schüler herausgefordert wird. Die Kinder sollen Aufgaben bekommen, in denen sie Sinn sehen und sich die Welt erschließen. Und sie sollen keinen engstirnigen Buch-Unterricht haben.

“Wie sorgt das Kollegium dafür, dass es nicht in Einzelkämpfer zerfällt, sondern systematisch an einem Konzept entlang arbeitet?“

Viertens, und das wird bei PISA tatsächlich kaum berücksichtigt: Bekommen die Schüler Verantwortung übertragen? Sie sollen ja in der Schule auch lernen, später einmal als Staatsbürger die Demokratie mitzugestalten. Und dieses gesellschaftliche Engagement fängt in der Schule im Kleinen an – meinetwegen in der Schulkantine mit dem Teller abräumen. Das kann aber auch eine funktionierende Schülermitwirkung sein. Oder, wie an einer Schule in Brandenburg, dass die Schüler einmal im Jahr die Schule einen Tag lang übernehmen – und verantwortlich den Betrieb organisieren.

Die letzten beiden Punkte sind das Schulklima und die Außenbeziehungen – also das Miteinander von Lehrern, Schülern und Eltern – sowie die Schule als lernende Organisation: Wie entwickelt sie sich weiter? Wie sorgt das Kollegium dafür, dass es nicht in Einzelkämpfer zerfällt, sondern systematisch an einem Konzept entlang arbeitet?“ News4teachers

Die Ausgewählten

Diese 20 Schulen gehören zum engeren Kandidatenkreis des Deutschen Schulpreises 2023:

  • Hermann-Brommer-Schule, Merdingen, 79291, Baden-Württemberg
  • Sebastian-Ott-Schule, Sigmaringen, 72488, Baden-Württemberg
  • Grundschule Jettingen-Scheppach, 89343, Bayern
  • Johannes-Kern-Mittelschule, Schwabach, 91126, Bayern
  • Mittelschule Erlangen Eichendorffschule, Erlangen, 91058, Bayern
  • Evangelische Grundschule Babelsberg, Potsdam, 14482, Brandenburg
  • Johann Heinrich August Duncker Oberschule, Rathenow, 14712, Brandenburg
  • Rothenburg-Grundschule, Berlin, 12165, Berlin
  • Berufliche Schule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg, Hamburg, 21109, Hamburg
  • Heinrich-Hertz-Schule, Hamburg, 22303, Hamburg
  • Anne-Frank-Gesamtschule Rheinkamp, Moers, 47445, Nordrhein-Westfalen
  • Erich-Gutenberg-Berufskolleg, Köln, 51065, Nordrhein-Westfalen
  • Franziskus-Schule, Erkelenz, 41812, Nordrhein-Westfalen
  • Grundschule am Dichterviertel, Mülheim an der Ruhr, 45468, Nordrhein-Westfalen
  • Josef-Albers-Gymnasium, Bottrop, 46236, Nordrhein-Westfalen
  • Nelson-Mandela-Gesamtschule, Bergisch Gladbach, 51469, Nordrhein-Westfalen
  • Raiffeisen-Campus, Dernbach, 56428, Rheinland-Pfalz
  • Schule am Floßplatz – Grundschule der Stadt Leipzig, Leipzig, 04107, Sachsen
  • Grundschule Op de Host, Horst, 25358, Schleswig-Holstein
  • Leif-Eriksson-Gemeinschaftsschule, Kiel, 24109, Schleswig-Holstein

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