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Schülern vermeintliche Frauenberufe nahezubringen, stärkt die Gleichstellung

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KÖLN/BERLIN. Auf die Männer kommte es an: Wenn Oberstufenschüler ermutigt werden, in frauendominierten Branchen zu studieren, dürfte dies die Gleichstellung der Geschlechter verbessern, zeigt eine neue Studie von Kölner und Berliner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Grundschullehrer – warum nicht? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Frauen wählen häufiger Studienfächer in menschenzentrierten Bereichen, während Männer häufiger Studienfächer in technischen, mathematikintensiven und sachorientierten Bereichen bevorzugen. Dass damit eine spätere geschlechtsspezifische Arbeitsteilung einhergeht, ist naheliegend, ebenso wie die Tatsache, dass sich auf diese Weise Geschlechterstereotypen reproduzieren. Entsprechend der Mechanismen des Arbeitsmarktes gilt die Geschlechtertrennung in der Hochschulbildung als eine der Hauptursachen für die anhaltende wirtschaftliche Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.

Versuche, diese Benachteiligung zu überwinden, zielen meist darauf ab, mehr Schülerinnen dazu zu bewegen, sich für einen „Männerberuf“ und ein entsprechendes Studium zu entscheiden. Eine intensive Beratung von Oberstufenschülerinnen und -schülern könnte allerdings insbesondere mehr junge Männer überzeugen, einen für ihr Geschlecht atypischen Studiengang aufzunehmen, zeigt jetzt eine Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität zu Köln und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) um die Kölner Soziologin Marita Jacob. Im Rahmen einer experimentellen Studie zu einem Beratungsprogramm für deutsche Abiturienten mit 625 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zeigte sich, dass entgegen den ursprünglichen Erwartungen der Einfluss des Programms auf die Studienfachwahl von Männern besonders stark war.

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Das über die gesamte Oberstufenzeit und teilweise darüber hinaus fortgesetzte Programm zielte darauf ab, Bildungsentscheidungen von Jugendlichen von ihrem sozialen Hintergrund zu entkoppeln und die Passung zwischen Bildungsentscheidungen und individuellen Fähigkeiten und Interessen zu verbessern. Es umfasste neben Einzelgesprächen mit ausgebildeten Beraterinnen und Beratern unter anderem Aktivitäten, die es ihnen ermöglichten, Studierende mit ähnlichen Interessen zu treffen, Kontakte zu Berufspraktikerinnen und -praktikern zu knüpfen sowie Campusbesuche und Verweise auf andere Beratungsdienste. Die Beraterinnen und Berater verstanden sich dabei als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Bildung nach der Schule, insbesondere auch bei persönlichen Unsicherheiten.

Bei männlichen Schülern förderte die Beratung die geschlechtsuntypische Studienfachwahl um etwa 16 Prozentpunkte. Nachdem in der Kontrollgruppe ohne Beratung insgesamt nur etwa 13 % der männlichen Schüler geschlechtsatypische Studienfächer gewählt hatten, deute dieser Effekt darauf hin, dass sich die atypische Studienfachwahl bei Männern mehr als verdoppelt habe, so Jacob.

Wie die Forscherinnen und Forscher vermuten, könnte eine wesentliche Ursache für den Effekt in der Persönlichkeit der Beraterinnen und Beratern liegen. Diese verfügten zumeist über akademische Abschlüsse in frauendominierten Studienfächern, etwa Pädagogik, Psychologie, Sozialarbeit, Geistes- und Sozialwissenschaften. Dies lege nahe, dass sie über damit verbundene Berufe grundsätzlich eher positiv berichteten und mehr Informationen liefern konnten. Daneben könnten die Jugendlichen die Beraterinnen und Berater als Vorbilder für das Studium dieser Fächer wahrgenommen haben.

Insgesamt erhöhte das Beratungsprogramm nicht nur die Einschreibungen in geschlechtsuntypische Studienfächer, sondern habe auch das Potenzial, dem sogenannten Drehtüreffekt entgegenzuwirken. Dieser besagt, dass Studierende mit geschlechtsuntypischen Studienfächern in der Hochschulbildung höhere Abbrecherquoten aufwiesen, die Studiengänge also ohne Abschluss wieder verlassen. Sowohl die wahrgenommene Passung zwischen Person und Studienfach als auch die Zufriedenheit mit dem Studium wurden bei Studierenden signifikant positiv beeinflusst.

Langfristig könnte die verstärkte Wahl frauendominierter Studiengänge von jungen Männern durchaus die Gleichstellung der Geschlechter verbessern, so die Forscher. Einerseits könnte eine ausgewogenere Geschlechterzusammensetzung in ehemals frauendominierten Bereichen zu einer höheren Wertschätzung dieser Bereiche führen, was zu einem höheren Einkommen führen könne. Außerdem könnten sich so auf mittlere Sicht Geschlechterstereotypen abbauen, was positive Effekte auf die Entscheidungen von Frauen haben könne, ein bislang männerdominiertes Studium aufzunehmen. (zab, pm)

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