KOBLENZ. Eine Lehrerin erfährt von einem Video, das unter Schülern kursiert und eine Schülerin in intimen Posen zeigt. Sie lässt sich den Film schicken, um die Mutter zu informieren – und wird nun, allen Ernstes, wegen des Besitzes von Kinderpornografie angeklagt. Ihr droht nun Gefängnis und ein Verlust ihres Beamtenstatus‘.
Der Deutsche Richterbund hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bereits im Mai aufgefordert, zügig eine Reform des erst vor rund zwei Jahren geänderten Gesetzes zu Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in die Wege zu leiten. Aus Sicht der Justizpraxis sei eine Korrektur dringend erforderlich, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn damals (News4teachers berichtete).
Nach seinen Angaben müssen sich Staatsanwaltschaften und Gerichte seit der Strafverschärfung 2021 nämlich mit einer Vielzahl von Fällen befassen, „die eigentlich nicht vor die Strafgerichte gehören“. So drohe zum Beispiel Eltern eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, die in Klassenchats ihrer Kinder auf Fälle von Kinderpornografie stießen und die Schulleitung darauf hinweisen wollten und dabei die Dateien unbedacht weiterleiteten.
Nicht nur Eltern droht das, sondern auch Lehrkräften – wie ein aktueller Fall aus Rheinland-Pfalz jetzt zeigt. Hintergrund: Eine 13 Jahre alte Schülerin hatte ein intimes Video von sich angefertigt und ihrem Freund geschickt. Der leitete es weiter und das Video machte die Runde an der Schule, einer Einrichtung im Westerwald. Eine Lehrerin erfuhr davon und lud sich das Video auf ihr Handy, um die Mutter des Mädchens zu informieren. Nun droht ihr mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe und der Verlust ihres Jobs, wie der SWR berichtet.
Allen Ernstes. Der Sender zitiert die Staatsanwaltschaft Koblenz, wonach das Gesetz, das eigentlich Pädophile hart bestrafen und den Besitz von kinderpornografischen Videos unter Strafe stellen soll, keine Ausnahmefälle zulasse. „Uns sind die Hände gebunden“, so beteuert der leitende Oberstaatsanwalt – er sei verpflichtet, gegen die Frau zu ermitteln und sie anzuklagen, auch wenn die Ermittler davon ausgingen, dass die Lehrerin in besten Absichten gehandelt habe. Juristisch korrekt wäre es gewesen, wenn die Frau sich das Video nicht hätte schicken lassen, sondern einfach mit der Information zur Polizei gegangen wäre.
Die Lehrerin muss laut SWR nun ernste Konsequenzen befürchten. Das Gesetz sehe in solchen Fällen mindestens eine Freiheitsstrafe von einem Jahr vor. Das würde für sie bedeuten, dass sie zugleich aus dem Schuldienst entlassen und ihren Beamtenstatus verlieren würde.
Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) meint, die Lehrerin habe sich so verhalten, wie Eltern es erwarten würden. Wenn das Gesetz nicht verändert werde, werde es immer weniger Lehrer geben, die in einem solchen Fall eingreifen würden. Tatächlich ist das Phänomen Sexting – das Versenden und Empfangen selbstproduzierter, freizügiger Aufnahmen via Computer oder Smartphone – unter Schülerinnen und Schülern weit verbreitet.
Eine schnelle Gesetzesänderung könnte der betroffenen Lehrerin möglicherweise noch zugutekommen, so Mertin. Für die ist er allerdings nicht zuständig. Das verantwortliche Bundesjustizministerium ließ laut Bericht verlauten, es sei geplant, das Gesetz noch in diesem Jahr anzupassen – ein Nervenspiel für die Kollegin. News4teachers
Sexting gehört für viele Jugendliche zur Entdeckung der eigenen Sexualität, aber…
