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Philologen schreiben Rhein ins Stammbuch, die Belastung für Lehrkräfte zu senken

WIESBADEN. Der Philologenverband begrüßt, dass sich die wahrscheinlich künftige Koalition aus CDU und SPD in Hessen „zum mehrgliedrigen Schulsystem inklusive Noten und Sitzenbleiben“ bekennt. Der Verband kritisiert allerdings, dass sich die Koalitionäre in spe bislang noch nicht zur Belastungssituation von Lehrkräften ausgelassen haben.

Wahlsieger: Hessens bisheriger und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch neuer Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Foto: Hessische Staatskanzlei

Manfred Pentz, CDU-Generalsekretär, und sein SPD-Amtskollege Christoph Degen demonstrierten Einigkeit vor der Presse in einer eigens anberaumten Pressekonferenz im Wiesbadener Landtag – ohne Details aus den laufenden Koalitionsverhandlungen zu verraten. Auf Eckpunkte hatten sich die beiden Parteien schon zuvor geeinigt.

Zur Bildung heißt es darin: „Wir bekennen uns zur Bildungsgerechtigkeit und der Vielfalt der Schulformen“ – was das konkret bedeutet, bleibt offen. Die CDU hat sich allerdings schon mal den „Erhalt des mehrgliedrigen Schulsystems inklusive Noten und Sitzenbleiben“ festschreiben lassen. Damit sich auch die Sozialdemokraten wiederfinden, werden zudem mehr Lehrer und mehr Entfristungen von Vertretungskräften versprochen. Zudem soll die Berufsorientierung in allen Schulformen gestärkt und mehr digitale Endgeräte kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

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Ausgerechnet unter der Überschrift „Freiheit und Generationengerechtigkeit“ – worunter Punkte wie ein Bekenntnis zur Schuldenbremse fällt – findet sich auch die Ankündigung, das Gendern mit Sonderzeichen in staatlichen und öffentlichen Institutionen – wie Schulen, Universitäten und beim Hessischen Rundfunk – verbieten zu wollen. Die SPD verlautete rasch, das sei kein „Schwerpunkt“ für sie gewesen.

Für den Philologenverband offenbar auch nicht. In einer Pressemitteilung zum Eckpunktepapier findet sich kein Wort zu dem geplanten Verbot – das Bekenntnis zu einem gegliederten Schulsystem, zur Notengebung und der Möglichkeit der notwendigen Wiederholung einer Jahrgangsstufe hingegen sei positiv zu werten, so heißt es. Auch die Ankündigung, weiterhin zusätzliche Lehrerstellen zu schaffen, wird von den Philologen begrüßt, obwohl das „angesichts stetig steigender Schülerzahlen“ ohnehin unerlässlich sei.

„Von Jahr zu Jahr wird immer mehr auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer abgeladen, was zulasten des regulären Unterrichts geht“

Kritik übt Philologen-Landeschef Volker Weigand aber an dem, was nicht im Eckpunktepapier zu finden ist – etwa Aussagen zur Besoldung und Entlastung der Lehrkräfte. „Angesichts der massiv gestiegenen Arbeitsbelastung und immer neuen Herausforderungen, die in den letzten Jahren auf die Schulen und somit auf die einzelnen Lehrkräfte zugekommen sind, ist es überfällig, diese endlich auch wieder verfassungskonform zu bezahlen“, sagt er.

Zudem müsse eine Aufgabenkritik vorgenommen werden, um zu erkennen, was Schule überhaupt leisten kann. „Von Jahr zu Jahr wird immer mehr auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer abgeladen, was zulasten des regulären Unterrichts geht. Ständig neue Ideen, wie hier der Ausbau der beruflichen Bildung auch an Gymnasien bereits ab der 7. Klasse, engen den Spielraum in den Stundentafeln und in der Umsetzung der Curricula ein. Zusammenhängende Unterrichtsphasen, die nicht von Projekten und besonderen Veranstaltungen unterbrochen werden, gibt es immer seltener: Die Vorbereitung auf Abschlüsse und insbesondere das Abitur werden somit immer schwieriger. Es hat den Anschein, als wird seitens der Politik davon ausgegangen, dass Schule innerhalb von ca. sechs Unterrichtsstunden am Tag alles aufarbeiten kann und soll, was zwar gesellschaftlich relevant, aber nicht zwangsläufig Gegenstand von Schule sein muss“, meint Weigand.

„Die Belastungsgrenze unserer Kolleginnen und Kollegen ist schon längst überschritten“, warnt der Philologen-Chef. Statt mehr Zeit pro Kind im Unterricht zu haben, müssten sich Lehrkräfte immer mehr mit Gewalt an Schulen, Förderplänen, zunehmenden sprachlichen Problemen und, bei weiterhin zu großen Klassen, mit Zusatzaufgaben befassen. Es fehle immer mehr an Lehrkräften, die die komplette Ausbildung durchlaufen haben, da der Beruf in vielerlei Hinsicht immer unattraktiver geworden sei. Die Entfristung von Verträgen könne hier kurzfristig zwar helfen, aber nicht eine dauerhafte Lösung sein.

„Das Gymnasium wird zwar immer wieder als beliebte Schulform herausgestellt und die Lehrkräfte mit Worten des Lobes bedacht. Jedoch wird es höchste Zeit, hier angemessene und konkrete Entlastung, z.B. für die Durchführung des Abiturs und der Ausweitung der Berufsorientierung auch im gymnasialen Bereich, schnell umzusetzen“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes. News4teachers / mit Material der dpa

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