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Kulturelle Bildung maßgeblich abhängig vom Elternhaus – aber nicht nur

FRANKFURT/MAIN. Die Herkunft bestimmt offenbar nicht nur den Schulerfolg, sondern auch die kulturelle Bildung von Jugendlichen. Lediglich kreative Angebote in Jugendzentren scheinen unabhängig vom familiären Hintergrund wahrgenommen zu werden.

Eine Schülerin bei der Akkumulation kulturellen Kapitals. Foto: Shutterstock

Inwieweit Kinder und Jugendliche an Angeboten kultureller Bildung teilnehmen, hängt in erheblichem Maße vom Elternhaus ab. Das betrifft insbesondere Museums-, Konzert- und Theaterbesuche sowie Kurse außerhalb der Schule. Einzig kreative Angebote in Jugendzentren werden unabhängig vom familiären Hintergrund wahrgenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung von Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS), die am DIPF, Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation durchgeführt wurde.

Für ihre Studie wählten Jannis Burkhard, Stefan Kühne, Jan Scharf und Kai Maaz einen besonders breiten Begriff der kulturellen Bildung, um möglichst umfassend die vielfältigen Sparten und Formen darzustellen. „Abseits vom Unterricht in der Schule findet kulturelle Bildung ja nicht nur in der Kunstausstellung oder beim Instrumentalunterricht statt, sondern auch in einem Verein, der Brauchtum pflegt, oder beim Streetdance-Workshop im Jugendzentrum“, erläutert Burkhard. „Gerade die Teilnahme an kreativen Aktivitäten in kulturellen Vereinen und in Jugendzentren ist bislang nur wenig empirisch erforscht.“

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Die in der Untersuchung ermittelten Befunde reihen sich, so die Forscher, gut in den bisherigen Forschungsstand ein. So stellten sie fest, dass das Elternhaus einen starken Einfluss darauf hat, ob Kinder Museen, Theater, klassische Konzerte sowie Kurse in der Musikschule besuchen. Auch beim Besuch von Schulen mit einem künstlerischen Profil und kulturellen Angeboten in Vereinen zeigte sich ein zumindest moderater Effekt der kulturellen Herkunft der Eltern. Lediglich bei der Teilnahme an künstlerischen Angeboten in Jugendzentren habe es keinen Zusammenhang mit dem Elternhaus gegeben. „Jugendzentren bieten offenbar einen Zugang zu kultureller Bildung, der unabhängig vom familiären Hintergrund ist. Aus bildungspolitischer Sicht können Jugendzentren also als Orte betrachtet werden, die insbesondere den Jugendlichen kulturelle Teilhabe ermöglichen, denen diese nicht schon durch die Eltern mitgegeben wird“, unterstreicht Burkhard.

Für die Studie werteten die Wissenschaftler Daten von rund 6.000 Schülerinnen und Schüler der 7. bis 9. Klassen sowie von über 4.000 Eltern aus. In den Datensätzen sind rund 12.000 offene Antworten zu den außerschulischen Kursen der Schülerinnen und Schüler enthalten, die für die aktuelle Studie codiert und ausgewertet wurden. In insgesamt zehn Sparten kultureller Bildung wurden diese Aktivitäten erfasst, beispielsweise Tanz, Schauspiel, bildende Kunst und Mediengestaltung. Bei weitem am häufigsten gaben die Jugendlichen musikalische Aktivitäten an.

Neben diesem breiten Verständnis von kultureller Bildung betrachteten die Autoren auch den familiären Hintergrund differenzierter und orientierten sich dabei am Begriff des kulturellen Kapitals, der durch den französischen Soziologen Pierre Bourdieu geprägt worden ist. Somit bezogen sie nicht nur die Bildungsabschlüsse der Eltern in die Untersuchung mit ein, sondern auch Daten zu hochkulturellen Aktivitäten wie Konzertbesuchen und zu kulturellen Besitztümern im Elternhaus, zum Beispiel Kunstgegenstände und die Anzahl der Bücher.

Durch die teilweise unterschiedlichen Messweisen bei den einzelnen Formen kultureller Bildung seien die jeweiligen Ergebnisse nur bedingt vergleichbar. So gingen die Museums-, Konzert- und Theaterbesuche als quantitative Messgrößen in die Studien ein (1 = „nie“, 2 = „einmal“, 3 = „2 bis 3 mal“, 4 = „4 bis 5 mal“ 5 = „mehr als 5 mal“ – jeweils bezogen auf die letzten 12 Monate). Die anderen Formen kultureller Bildung hingegen wurden lediglich binär (ja/nein) gemessen. Die geschätzten Effekte seien daher zwischen den einzelnen Formen kultureller Bildung nur bedingt miteinander vergleichbar. Die skizzierten Befunde zur Abhängigkeit vom Elternhaus ließen sich dennoch ableiten, so die Forscher. (zab, pm)

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