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“Generation Mitte”: Optimismus ist zurück, Reformbedarf bei Bildung wird aber gesehen

BERLIN. Die Stimmungslage der mittleren Generation in Deutschland ist deutlich besser, als die aktuellen Wirtschaftsnachrichten vermuten lassen. Vor allem die Zufriedenheit der 30- bis 59-Jährigen mit ihrer eigenen finanziellen Situation ist derzeit tendenziell höher als im vergangenen Jahrzehnt. Zugleich steigt der Zukunftsoptimismus der „Generation Mitte“, während die Abstiegsängste zurückgehen. Dennoch wird großer Reformbedarf gesehen – insbesondere bei der Bildung. Das zeigen die Ergebnisse der neuen Allensbach-Untersuchung im Auftrag des Gesamtverbands der Versicherer (GDV).

Geht doch. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die mehr als 35 Millionen 30- bis 59-Jährigen in Deutschland stehen mitten im Berufsleben, erziehen Kinder (oder unterrichten sie) und finanzieren die sozialen Sicherungssysteme. Sie stellen 70 Prozent der Erwerbstätigen und erwirtschaften über 80 Prozent der steuerpflichtigen Einkünfte. Die „Generation Mitte“ ist damit im wahrsten Sinne des Wortes der „Leistungsträger“ unserer Gesellschaft. „Wir sind überrascht, wie stabil und krisenfest die mittlere Generation ist“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Auch der robuste Arbeitsmarkt hat zur Zufriedenheit der Befragten mit ihrer finanziellen Situation beigetragen.“

Das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) hat zum zehnten Mal die 30- bis 59-jährigen Menschen in Deutschland befragt. Verglichen mit der ersten Umfrage 2013 zeigt sich die „Generation Mitte“ heute zufriedener mit der eigenen finanziellen Lage: Auf einer Skala von 0 (unzufrieden) bis 10 (völlig zufrieden) wählte sie im Durchschnitt die Stufe 6,6 (2013: 6,3). Noch besser bewerteten die Befragten ihre Berufs- und Wohnsituation. „Insgesamt beeindruckt der Langzeittrend durch die Stabilität der Zufriedenheit in den unterschiedlichen Lebensbereichen, ob finanzielle Lage, Beruf, Wohnsituation oder generelle Lebenszufriedenheit“, sagte IfD-Geschäftsführerin Renate Köcher.

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Gefahr des sozialen Abstiegs wird wieder geringer gesehen

Ein ähnlich optimistisches Bild ergibt sich auch bei der Frage nach der persönlichen Wohlstandsentwicklung. Aktuell ziehen 38 Prozent der mittleren Generation die Bilanz, dass es ihnen heute wirtschaftlich besser geht als vor fünf Jahren, während 26 Prozent von einer Verschlechterung berichten. Auch die künftige Entwicklung wird heute deutlich positiver eingeschätzt als im Nachgang der Pandemie vor zwei Jahren: Jeder fünfte Befragte geht jetzt von Wohlstandsgewinnen in den kommenden fünf Jahren aus, nur noch 13 Prozent glauben an Einbußen.

Auch die Gefahr des sozialen Abstiegs wird von der mittleren Generation heute wieder deutlich geringer gesehen als unter dem Eindruck der Corona-Pandemie vor zwei Jahren: Herrschte 2022 noch bei einem Viertel der Befragten große Sorge vor, sozial abzusteigen, teilen diese Befürchtung aktuell nur noch 16 Prozent der „Generation Mitte“. Auf der anderen Seite ist der Anteil jener, die überhaupt keine Gefahr sieht, von 17 auf 28 Prozent angestiegen. Die Mehrheit von 49 Prozent schließt für sich dieses Risiko nicht aus, schätzt es jedoch überwiegend als begrenzt ein.

Bemerkenswert ist auch die Bilanz der Eltern, wieweit sie sich für ihre Kinder finanziell einschränken müssen. Bei der ersten Bestandsaufnahme 2013 berichteten 19 Prozent der Eltern, dass sie sich wegen ihrer Kinder finanziell stark einschränken müssen, aktuell sind es 13 Prozent. Auch der Anteil der Eltern, die von begrenzten Einschränkungen berichten, hat sich tendenziell verringert, von 49 auf 45 Prozent. 36 Prozent der Eltern ziehen heute die Bilanz, dass sie sich wegen ihrer Kinder finanziell keinerlei Einschränkungen auferlegen müssen; dies waren vor einem guten Jahrzehnt nur 26 Prozent.

„Viele stimmen der These zu, dass bei uns zu viel gejammert wird und die Lage besser ist als die Stimmung“

„Das zeigt: Die ‚Generation Mitte‘ empfindet sich in einer relativ befestigten Situation, die primär durch die Pandemie kurzfristig angegriffen wurde“, so Köcher. Diese weitgehend stabile Lage der mittleren Generation und ihre überwiegend optimistische Einschätzung ihrer Zukunftsperspektiven prägt demnach auch den Blick auf die generelle Situation in Deutschland. „Viele stimmen der These zu, dass bei uns zu viel gejammert wird und die Lage besser ist als die Stimmung“, sagte Köcher. 48 Prozent bejahen dies, nur 26 Prozent der Befragten widersprechen ausdrücklich.

Hier gibt es allerdings einen deutlichen Unterschied zwischen Ost und West: So können im Osten mehr Menschen (42 Prozent) im mittleren Alter der Wir-jammern-zu-viel-These nichts abgewinnen, als ihr zustimmen (33 Prozent). Im Westen ist das Verhältnis mit 23 zu 51 Prozent umgekehrt, und zwar deutlich.

Aber auch wenn die mittlere Generation die wirtschaftliche Lage in Deutschland grundsätzlich positiv beurteilt: Sie sieht dennoch sehr große Herausforderungen für das Land und erheblichen Reformbedarf. 46 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass Deutschland tiefgreifende Reformen braucht. Ebenso viele sind der Meinung, es gebe zumindest einen begrenzten Reformbedarf. Fast ebenso viele wünschen sich auch ein höheres Tempo bei der Veränderung des Landes: 45 Prozent gehen die Reformen nicht schnell genug, während 18 Prozent finden, es gehe zu schnell.

Die Agenda der aus Sicht der „Generation Mitte“ reformbedürftigen Themen ist vielfältig. An der Spitze finden sich, mit 79 Prozent der Befragten, die Wünsche nach Verbesserungen im Pflegebereich – gefolgt von „Unser Bildungssystem verbessern“ (mit 76 Prozent). Platz drei: „Das Gesundheitswesen stärken“ (73 Prozent). Nicht ganz so wichtig sind der mittleren Generation in diesem Zusammenhang die sozialen Sicherungssysteme wie die gesetzliche Rentenversicherung und ganz allgemein die Digitalisierung, wenngleich immer noch deutlich mehr als die Hälfte der Befragten hier Handlungsbedarf sieht.

„Glauben Sie, dass eine Frau/ein Mann Kinder haben muss, um ein erfülltes Leben zu haben, oder ist das nicht nötig?“

Verändert haben sich die Rollenbilder und die Vorstellungen von optimaler Aufgabenteilung in Familien. Das Modell, bei dem der Mann der Haupternährer der Familie ist und die Frau nur Teilzeit arbeitet, um sich Kindern und Haushalt zu widmen, ist zwar nach wie vor das populärste, hat aber deutlich an Rückhalt verloren: 2013 präferierten 45 Prozent der mittleren Generation dieses Modell, heute nur noch 33 Prozent. Gegenläufig hat das Modell, bei dem beide Teilzeit arbeiten und sich die Betreuung von Haushalt und Familie teilen, signifikant an Unterstützung gewonnen, von 13 auf 26 Prozent. Weitere 19 Prozent präferieren die Vollzeittätigkeit beider Partner und eine partnerschaftliche Aufgabenteilung von Erziehung und Arbeit im Haushalt. Das Modell, bei dem nur der Mann berufstätig ist, Kinder und Haushalt nur von der Frau betreut werden, halten nur 15 Prozent für optimal; dies sind allerdings nur unwesentlich weniger als vor gut 10 Jahren.

Auch einen bemerkenswerten Perspektivwechsel in Bezug auf Kinder stellt die Umfrage fest. „Glauben Sie, dass eine Frau/ein Mann Kinder haben muss, um ein erfülltes Leben zu haben, oder ist das nicht nötig?“ Darauf antworteten 2013 noch 38 Prozent der Frauen und 32 Prozent der Männer mit: „Kinder sind die Voraussetzung für ein erfülltes Leben.“ Heute ist das Verhältnis umgekehrt: 38 Prozent der Männer und nur noch 23 Prozent der Frauen denken entsprechend. News4teachers

Hier lässt sich die vollständige Studie herunterladen.

Bildungssystem in der Vertrauenskrise: Nur noch ein Viertel der Eltern glaubt, dass die Schule ihr Kind gut auf den Beruf vorbereitet

 

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