BERLIN. Das womöglich bedenklichste Ergebnis der Europawahl: Den etablierten Parteien (schlimmer: der Demokratie) laufen die jungen Menschen davon – hin zur AfD und zu Kleinstparteien. Das muss Konsequenzen haben. Ein Kommentar von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.
„Die Zustimmung unter den 16- bis 24-Jährigen zeigt uns: Wir haben funktionierende Elternhäuser, die Ideologisierung in den Schulen funktioniert nicht“, meint der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla. Das ist natürlich Blödsinn. Das Gegenteil ist richtig: Es findet viel zu wenig politische Bildung in Schulen statt – schon gar, um dem grassierenden Rechtsextremismus (samt den auf Schülerinnen und Schülern ausgerichteten Socia-Media-Kampagnen von Rechtsextremen) mit gelebter Demokratie in den Bildungseinrichtungen ein positives Weltbild entgegenzusetzen.
Stattdessen: Vollgestopfte Lehrpläne, marode Schulgebäude, frustrierte Lehrkräfte – und eine Serie von Weltkrisen, die von politischen Scharlatanen dazu genutzt werden, Sündenböcke auszumachen und einfache Lösungen zu versprechen. Die Europawahl-Ergebnisse unter Jungwählerinnen und -wählern (News4teachers berichtet) geben Anlass zur Sorge.
Weil es einfache Lösungen bei Themen wie Klima, Krieg oder Migration nun mal nicht gibt, bleibt seriösen Politikerinnen und Politikern nur ein Weg, um die jungen Menschen für sich und damit für die Demokratie zu gewinnen: Bindet sie ein! Schafft Formate, in denen Kinder und Jugendliche wirklich mitsprechen und mitbestimmen können – im Kleinen (Schule) wie im Großen (Bundestag). Die Probleme werden sie ohnehin später beschäftigten, wenn sie selbst dann als Erwachsene die Verantwortung tragen. Bis dahin sind die globalen Krisen sicher nicht verschwunden.
Derzeit sind es laut einer forsa-Umfrage für die TUI-Stiftung nur 23 Prozent der 16- bis 24-Jährigen in Deutschland, die sagen, „das Parlament vertritt mich stark oder sehr stark“. Satte 51 Prozent stimmen hingegen der Aussage (eher) zu, dass Politiker und Politikerinnen sich nicht viel darum kümmern, was junge Menschen denken. Dass die Aussagen in anderen europäischen Staaten noch harscher ausfallen, tröstet dabei nicht.
Aber: Hier lässt sich gegensteuern. Nicht mit inhaltsarmen TikTok-Kampagnen (des Kanzlers Aktentasche); das Feld ist von Rechtsaußen besetzt – wohl jedoch mit ernstgemeinten Angeboten.
Apropos soziale Medien: Demokratie braucht diskussionsfähige Menschen. Gift für die Demokratie ist allerdings die Flut von Lügen, Hetze und Desinformation, die tagtäglich über TikTok und Co. auf Kinder und Jugendliche hereinprasselt. Einerseits benötigen junge Menschen Medienkompetenz, um solche Inhalte als toxisch erkennen zu können (und um selbst die Grundregeln eines zivilisierten Umgangs unter Menschen zu lernen, die auch im Netz gelten sollten – also um wirklich diskussionsfähig zu werden).
Wichtig auch: Die Rechtslage anpassen! Wir sind als journalistisches Medium presserechtlich für alle Informationen verantwortlich, die wir verbreiten (und damit auch regresspflichtig, falls jemand durch Falschinformationen auf News4teachers zu Schaden käme). Das gilt auch für die Inhalte in unserem Leser*innenforum. Wir müssen dafür im Impressum eigens eine/n “Verantwortliche/n im Sinne des Presserechts” (V. i. S. d. P.) namentlich benennen – gut so.
Warum aber gilt das für (un)soziale Medien nicht? Das würde zumindest den Spuk der anonymen Hetzposts beenden – und damit den Menschenfängern, die sich auf junge Menschen stürzen, das Geschäft zumindest ein Stück weit erschweren. News4teachers
