BERLIN. Das Grundgesetz hat Jubiläum – und an warmen Worten (auch) von Bildungspolitikerinnen und -politikern mangelt es nicht. Tatsächlich aber lässt die politische Bildung in der Schule zu wünschen übrig. Der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR) hat ein Positionspapier mit vier Punkten für Demokratie und Zusammenhalt in der Schule vorgelegt.
„Demokratie ist ein wertvolles Gut. Demokratie wird durch Menschen gemacht und sie wird durch Menschen erhalten“, sagt Simone Oldenburg (Linke), Bildungsministerin von Mecklenburg-Vorpommern. „Deshalb braucht es auch das Engagement der Heranwachsenden, um die Rechte und Freiheiten, die das Grundgesetz ermöglicht, weiter mit Leben zu erfüllen und für Vielfalt und Toleranz einzustehen.“
Ähnlich äußert sich die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) anlässlich des 75. Jahrestages der Verabschiedung des Grundgesetzes in dieser Woche. „Es ist ein Geschenk, dass wir in einem Rechtsstaat und in einem freien Europa leben. Kindern und Jugendlichen müssen wir das vermitteln und gleichzeitig zeigen, dass wir alle etwas dafür tun müssen: Denn Demokratie muss jeden Tag mitgestaltet, aktiv gelebt und verteidigt werden, damit wir auch weiterhin in einer freien, vielfältigen und toleranten Gesellschaft leben können“, sagt sie. „Unser Land braucht engagierte Demokratinnen und Demokraten. Deshalb ist es essentiell, dass unsere Schulen und Kitas nicht nur Lernorte sind, sondern Orte der gelebten Demokratie und Demokratiebildung.“
„Demokratiebildung muss spürbar, erleb- und erfahrbar sein, nur dann werden Kinder und Jugendliche ihren Wert erkennen“
Dummerweise sind sie das offenbar nicht, jedenfalls nicht immer. Laut einer Umfrage der Vodafone Stiftung nimmt nur die Hälfte der Jugendlichen die Schule als einen Raum wahr, in dem Diskussionen geführt und vermittelt werden (News4teachers berichtete). Ein Ranking der Uni Bielefeld, bei dem die Stundentafelquote für den Politikunterricht in den Bundesländern verglichen wurden, stellte 2022 fest, dass „in keinem Bundesland das Leitfach der politischen Bildung im Verlauf der Sekundarstufen I und II durchgehend verbindlich ist“. Besonders dürftig ist das Angebot demnach in Rheinland-Pfalz, Thüringen und Bayern. „Bayern belegt kontinuierlich mit Abstand den letzten Platz“, so heißt es in der Untersuchung.
So klingt es ein bisschen schal, wenn Hubig erklärt: „Schon in meiner Regierungserklärung 2019 habe ich Demokratiebildung zum Schwerpunkt gemacht, und dies gilt bis heute fort: Ob mehr Sozialkundeunterricht, schuleigene Demokratietage und der landesweite Demokratietag, der verpflichtende Besuch einer Gedenkstätte oder Zeitzeugenarbeit – mit all diesen Punkten haben wir die Demokratiebildung an unseren Schulen gestärkt.“
Sie betont: „Besonders wichtig ist mir zugleich, dass Demokratiebildung über den theoretischen Unterricht hinausgeht. Sie muss spürbar, erleb- und erfahrbar sein, nur dann werden Kinder und Jugendliche ihren Wert erkennen. Deshalb sind Institutionen wie der Kita-Beirat, in dem schon den Kleinsten eine Stimme gegeben wird, der Klassenrat, die Schülerinnen- und Schülervertretungen vor Ort bis hin zur Landesschüler*innenvertretung auf höchster Ebene in Rheinland-Pfalz ganz zentral: Hier spüren junge Menschen ganz praktisch, dass ihr Engagement etwas bewegen kann.“ Demokratiebildung werde deshalb auch weiterhin ein Schwerpunkt der Bildungspolitik des Landes bleiben, so die Ministerin.
Was Demokratiebildung konkret bedeuten sollte und welche Bedingungen sie braucht, hat der VDR nun aufgelistet – um es Politiker*innen wie Hubig ins Stammbuch zu schreiben. In der Erklärung heißt es:
- „Der VDR steht unmissverständlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. In der uns durch das Grundgesetz und das Beamtenrecht übertragenen Verantwortung für die Gesellschaft sind wir als systemrelevante Berufsgruppe in besonderem Maße unserer Gesellschaft verpflichtet. Diese Verantwortung nehmen wir wahr und positionieren uns gegen Hass, Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Unsere Schulen stehen für Vielfalt, Pluralismus, Solidarität und ein respektvolles Miteinander.
- Demokratiebildung ist für Schülerinnen und Schüler insbesondere infolge der ernsten innen- und außenpolitischen Bedrohungslage in Europa und im Nahen Osten wichtiger denn je geworden. Wir brauchen daher verstärkt Programme gegen den Antisemitismus und jedwede Form von Extremismus sowie die Stärkung der politischen Bildung in allen Bundesländern. Wir dürfen nicht wegschauen, wenn es darum geht, Haltung zu zeigen. Wir alle müssen Stellung beziehen. Schule hat den Auftrag, junge Menschen in ihrem Engagement für den demokratischen Rechtsstaat und ihr entschiedenes Eintreten gegen antidemokratische und menschenfeindliche Haltungen und Entwicklungen zu stärken. Unsere Lehrkräfte müssen von den politischen Entscheidungsträgern in den Bundesländern die volle Rückendeckung bei Gewalt und Hass im Klassenzimmer besitzen. Es gilt Unterstützungsangebote für Lehrkräfte weiter auszubauen.
- Der VDR fordert, direkte Erfahrungen zu stärken: Es gibt zahlreiche Gelegenheiten und Orte, das Grundgesetz und die darin enthaltenen Bürger- und Menschenrechte, aber auch deren Verletzungen, sichtbar werden zu lassen: im Schulalltag, bei Besuchen von Gedenkstätten oder Museen, durch Einbeziehung von Abgeordneten oder Zeitzeugen im Unterricht – und auf Klassenfahrten mit geschichtlichen und politischen Spuren und Schauplätzen.
- Wenn es darum geht, unseren Bildungs- und Erziehungsauftrag für die Demokratie erfolgreich und nachhaltig umzusetzen und gleichzeitig die Qualität unserer Schulen, des Unterrichts oder der Abschlüsse auch in Zukunft zu gewährleisten, braucht es wissenschaftliche Grundlagen, Transparenz im System sowie attraktive Arbeitsbedingungen mit einer angemessenen Personal- und Sachausstattung an der Schule vor Ort.“
In den letzten Monaten hätten tausende Menschen in vielen Städten Deutschlands ein deutlich sichtbares Zeichen gegen Extremismus, Ausgrenzung, Hass und Hetze gesetzt und sich für die Werte unserer Demokratie stark gemacht, so heißt es weiter. „Es ist gut und an der Zeit, dass sich auch die Zivilgesellschaft laut und deutlich zu Wort gemeldet hat und weiter zu Wort meldet. Das macht uns Mut, gerade in dem Jahr, in dem wir den 75. Geburtstag unseres Grundgesetzes feiern. Die dort zugrunde gelegten Werte und Menschenrechte sind zwingend darauf angewiesen, dass sie von den Bürgerinnen und Bürgern getragen, verteidigt und gelebt werden.“
„Wir sind es, die den Schülerinnen und Schülern Orientierung geben und entschieden gegen antidemokratische und menschenfeindliche Haltungen und Entwicklungen eintreten“
Sie müssten aber auch an jede nachfolgende Generation neu vermittelt werden. „Die Demokratie als Basis unseres Zusammenlebens ist nicht mehr selbstverständlich. Der Bildung kommt daher eine ganz entscheidende Rolle zu. Wir Lehrkräfte sind dem Staat und unserer Verfassung in besonderer Weise verpflichtet und stehen tagtäglich für die Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ein. Wir sind es, die den Schülerinnen und Schülern Orientierung geben und entschieden gegen antidemokratische und menschenfeindliche Haltungen und Entwicklungen eintreten“, betont der VDR – zu ergänzen wäre: Dafür muss es zunächst mal genügend Lehrkräfte geben. News4teachers
Die wöchentliche „Verfassungs-Viertelstunde“ ist ein (schlechter) Witz – ein Kommentar
„Demokratiebildung konkret bedeuten sollte und welche Bedingungen sie braucht“
Klingt gut, aber gehen wir mal durch:
Punkt 1 enthält keinerlei Forderung, sondern nur Bekenntnisse.
kleiner Tipp aus der Öffentlichkeitsarbeit: Promote what you love instead of bashing what you hate. Will heißen, man sollte besser schreiben, WOFÜR man ist und nicht wogegen.
Vielfalt, Pluralismus, Solidarität und ein respektvolles Miteinander sind dann leider nur unbestimmte Rechts begriffe. Darunter kann jeder etwas anderes verstehen.
Punkt 2: „Wir brauchen daher verstärkt Programme“
Die dann WIE aussehen sollen, WIE umgesetzt werden sollen usw.?
Hier entnehme ich also auch NICHTS, was mir sagt, was „Demokratiebildung konkret bedeuten sollte“
Btw – ist der Extremismus der Mitte hier auch mit gemeint?
Punkt 3:
endlich mal etwas Konkreteres.
Klassenfahrten, außerschulische Lernorte, Zeitzeugen-Projekte
gern – aber warum wir in dem Punkt keine konkrete finanzielle Unterstützung eingefordert?
Punkt 4:
wissenschaftliche Grundlagen (aber nicht via KI), Transparenz im System sowie attraktive Arbeitsbedingungen mit einer angemessenen Personal- und Sachausstattung an der Schule vor Ort.
Das Fordern Gewerkschaften seit Jahrzehnten – leider auch ohne Erfolg.
Dennoch hätte ich den Punkt als erstes genannt, weil damit steht und fällt schlussendlich alles andere.
„Wir sind es, die den Schülerinnen und Schülern Orientierung geben“
Hier überschätzt sich der VDR dezent maßlos.
Auch die Vodafone-Studie zeigt u.a. in Abb. 3 und 10, den zentralen Stellenwert von Familie und Freundeskreis, während Schule/Lehrkräfte deutlich dahinter rangieren.
D.h. „unser“ Einfluss ist zwar da, aber er ist relativ gering.
Zu Punkt 2: Typischer Punkt. Noch mehr Jobs auf Steuerzahlerkosten, die wirtschaftlich nichts einbringen, weil nichts verkauft oder produziert wird.
Das Grundgesetz ist ziemlich gut, aber als Unterrichtsinhalt eignet es sich halt nicht immer.
Wenn ich also durch das Schuljahr getrieben werde, um stumpf Noten zu produzieren, Oh, WO wird es dann haken?
Die Bayern erwiesen sich insofern als pragmatisch, regelmäßig ne Viertelstunde zu „opfern“. Ob das reichen wird, bleibt abzuwarten.
Ich wäre den Organisationen dankbarer, wenn sie öfter konkrete Inhalte, bspw. Videos als Gesprächsanlässe, Rollenspiele oder Unterrichtsbesuche anbieten würden.
Die FORDERUNG ist seit langem, offensichtlich von so geringem Interesse sie die Schüler:innen selbst =(
…“Dafür muss es zunächst mal genügend Lehrkräfte geben“…
Zentraler Punkt!
Alle anderen Überlegungen und Forderungen sind ansonsten für die Tonne!
Wollen hilft nicht. Einer muss es tun.
In jeder Klasse mindestens einer! Das wäre Aufgabe eines vertrauten Lehrers, eines Klassenlehrers. Der ist aber nicht mehr „in“. Heute regieren „reisende“ Fachlehrer die für meinen Geschmack viel zu großen Schulen, in denen einer den anderen nur noch vom Sehen kennt, Lehrer ihre Schüler nur noch für ein Fach, im Zweifel eine Stunde pro Woche, sehen.
Demokratiearbeit ist Vertrauensarbeit.
Doppelte Lehrerzahl vorausgesetzt könnte es gehen.
Bis dahin reaprieren wir, wo Verstöße auffallen. Und zwar nur, wo sie auffallen. Für alles andere haben wir keine Zeit.
Wenn für mehr Leute Geld da ist, muss man noch Leute finden, die es machen wollen.
Dazu braucht man bessere Bedingungen – auch für die, die schon da sind.
Lässt man es weiterhin auf mehr oder weniger regelmäßige Generationswechsel in der Lehrerschaft ankommen – es werden erst neue eingestellt, wenn alte gehen – wird in der Schule nie ein realistisches Abbild der Gesellschaft entstehen, an dem Kinder lernen können.
Mehr Direktdemokratie wie in der Schweiz kann den Demokratiegedanken stärken, da die Menschen dann direkt über sie wichtige Sachen abstimmen kann.
Wollen Sie Steuern zahlen? Ja/Nein – bitte ankreuzen. Herzliche Grüße Die Redaktion
Ziemlich dumme Reaktion. Volksabstimmung sind eigentlich Demokratie in Reinkultur. Und Ihre platte Antwort zeigt, dass Sie das Volk entweder für doof halten oder nicht mündig. Beides finde ich frech.
Wir sind der Meinung, dass Politik viel zu komplex ist, um sie auf einfache Ja/Nein-Fragen herunterzubrechen – siehe Brexit. Deshalb gibt es, aus guten Gründen, in Deutschland eine repräsentative Demokratie.
Volksabstimmungen sind eben nicht „Demokratie in Reinkultur“ – dazu gehört schon mehr, der Rechtsstaat zum Beispiel. Sonst könnte eine Mehrheit durchsetzen, einer Minderheit alle Rechte zu nehmen. Hatten wir schon.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Und deshalb wird mit allen Kräften versucht, die einzige programmatische Oppositionspartei zu verbieten. Kritikwürdig ist sie in Teilen durchaus, aber eine funktionierende Demokratie hält das aus.
Wie die Weimarer Republik gezeigt hat, kann eine Demokratie durchaus in die Brüche gehen – deshalb sieht das Grundgesetz ja Möglichkeiten wie den Ausschluss von der Parteienfinanzierung oder ein Parteiverbot vor.
Artikel 21, Absatz 2: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“ Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_21.html
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Sie haben wohl die letzten 5 Jahre geschlafen, daher ein kurzes Update: die AfD…
– strebt Massendeportationen an (hat aber ein schöneres Wort dafür)
– will aus der EU raus bzw. forder das unterlassen von Hilfe an die Ukraine, ist gleichzeitig massiv in Skandale um Russland und China verwickelt
– Spitzenpersonal zitiert regelmäßit Nazis, fiel zuletzt damit auf die Nase, wirklich verbotene Parolen gesellschaftsfähig zu machen
– leugnet den Klimawandel auf einem Niveau, welches Sechstklässler:innen widerlegen können
– verbreitet rassistische/ völlig widerlegte Rassentheorien über Menschen“typen“
– bezeichnet Menschen, die Zuflucht in einer freien Demokratie suchen, als Verbrecher, religiöse Fanatiker und Gefahr für Frauen
– spricht Frauen, geschweige Menschen mit anderer Identität, die gleichen Rechte (wenn nicht die Existenz) ab
und fürchtet sich vor dem „Austausch“ des Deutschen Volkes… Wir können ahnen welche Hautfarbe dieses wohl haben wird. Aber Bernd Höcke gab in seinem Buch ja einen Wink, was mit solchen passieren wird, die als Deutsche falscher Hautfarbe/ Religion/ Kultur geboren wurden…
Wer will die CDU verbieten? Muss an mir vorbeigegangen sein.
Also sind alle Länder, in denen es häufigere Plebizite gibt, Schweiz natürlich, aber auch Irland und Spanien fähiger, politische Inhalte herunter zu brechen? Oder ist das Staatsvolk klüger?
Es gibt halt äußerst selten Plebiszite – und wenn, dann sind sie hinterher meist strittig. Siehe Großbritannien. Dort gibt es „mitlerweile eine klare Mehrheit, die den Brexit bedauert“. Das wirft eine Grundsatzfrage auf: Wie lange gilt so ein Plebiszit denn überhaupt – ewig? Und was ist dann mit den Nachgeborenen: Haben die kein Stimmrecht? Quelle: https://www.ipg-journal.de/regionen/europa/artikel/das-spiel-ist-aus-7443/
Und für die Schweiz gilt: „Die direkte Demokratie der Schweiz ist somit kein Gegensatz, sondern eine Ergänzung der repräsentativen Strukturen. Die Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger gelten nicht unmittelbar, sie sind stets mit Parlamentsbeschlüssen verschränkt und Teil des konsensualen Gesamtsystems. Dies zeigt sich in der Praxis: Die Mehrzahl der Referenden werden angenommen, was darauf hinweist, dass ein mehrheitsfähiger Kompromiss gefunden wurde.“ Und zwar schon vor dem Volksentscheid. Gerne hier nachlesen: https://katapult-magazin.de/de/artikel/direkte-demokratie-in-der-schweiz-ein-vorbild-fuer-deutschland
(In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir geschrieben, dass Referenden in der Schweiz rechtlich nicht bindend sind. Das ist falsch – sie sind es.)
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Ich sah es auch als Ergänzung wie in der Schweiz.
Die Gültigkeitsdauer eines Plebizites könnte man durch ein zweites zum gleichen Thema nach einigen Jahren beschränken. Zu sehen, dass man einen Irrweg beschritten hat und den zu revidieren, wird leider viel zu selten gemacht.
Gibt es in Deutschland ja, zumindest auf Länderebene. Gerne hier nachlesen: https://www.bundestag.de/resource/blob/422954/13a6fb40c22e1a162e9ea3ad2cadcb4a/wd-3-237-09-pdf-data.pdf
Und hier wird auch schon die Problematik deutlich. In Baden-Württemberg beispielsweise lief ein Volksantrag (die Vorstufe zur Volksabstimmung) mit der Forderung „G9 jetzt!“. Die ist natürlich wohlfeil, weil die Initiatoren sich nicht darum kümmern müssen, woher denn das Geld für ihre Forderung kommt. Sie haben jetzt tatsächlich so viel öffentlichen Druck erzeugt, dass die Gymnasien – mal wieder – mit viel Geld umgebaut werden. Dafür fehlen dann die Mittel, um in die Grundbildung für alle Kinder zu investieren, wie es die Landesregierung eigentlich vorhatte.
Wir stellen fest, dass mit Instrumenten wie Volksantrag oder Volksabstimmung die Interessen kampagnenfähiger Minderheiten (hier: der Gymnasialeltern) noch mehr zum Tragen kommen als ohnehin schon. Ist das sinnvoll? Gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2023/12/zurueck-zu-g9-jeder-vierte-schueler-kann-kaum-lesen-jetzt-fliesst-viel-geld-in-die-gymnasien-wie-sinnvoll-ist-das/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Vielleicht ist ja einfach der Bildungsetat generell zu klein? Wenn Volksantrag bzw. Volksbegehren von den erforderlichen Unterschriften gedeckt sind, muss sich das Parlament damit befassen. Die Mittel für die Umsetzung zu beschaffen ist ebenfalls Aufgabe des Parlaments – wer sagt, dass in dem von Ihnen zitierten Beispiel die Mittel aus dem Bildungsetat kommen müssen? Ich erinnere an das Sondervermögen Bundeswehr oder die Steuerschlupflöcher CumEx/CumCum oder oder oder.
Ich selbst habe mit einigen Mitstreitern in Brandenburg vor etlichen Jahren ein Bürgerbegehren initiiert. In diesem mussten wir die Finanzierung unseres Antrags darlegen. Das ist schwierig, weil man dazu den Haushalt einer Gemeinde/eines Landes kennen muss, und der macht etliche Kilo Papier aus – geeignet dazu, Menschen von der Nutzung des demokratischen Elements Bürgerbegehren abzuhalten. Von daher finde ich es sehr positiv, dass das zumindest in BW nicht notwendig ist.
Ich finde diese Elemente der direkten Demokratie sehr sinnvoll. Sie stellen die Ergänzung zur repräsentativen Demokratie dar. Und ja, es ist durchaus möglich, dass der Ausgang einer Volksabstimmung dem Einzelnen nicht gefällt. Derjenige hat jedoch ebenfalls die Möglichkeit, Volksantrag etc. zu nutzen. Und unter Umständen muss man damit leben, dass eine einem falsch erscheinende Entscheidung getroffen wurde. So ist Demokratie eben: großartig, und manchmal bitter.
„Und der macht etliche Kilo Papier aus…“ Genau das ist aber seriöse Politik: Sich mit der Komplexität der Probleme zu beschäftigen – und nicht zu suggerieren, es gäbe für alles eine einfache Lösung, die nichts kostet. Genau diese Haltung führt zur Politikverdrossenheit. Sie schürt eine Erwartung, die nicht erfüllbar ist. Weil es solche Lösungen eben in der Regel nicht gibt.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Wenn die Hürden der Bürgerbeteiligung derart hoch gelegt werden, dass diese faktisch unmöglich wird, gibt es diese Bürgerbeteiligung nur auf dem Papier. DAS erzeugt Politikverdrossenheit!
In unserer Gemeindevertretung gibt es nur sehr wenige Personen, die den Haushalt der Gemeinde durchsteigen, und denen wird er sogar ausführlich von der Kämmerei erklärt. Wie sollen normale Bürger, die diesen Luxus nicht haben, das können? Ich bezweifle stark, dass Sie in den Landesparlamenten, den Kommunalvertretungen und im Bundestag jeweils auch nur zehn Prozent der Abgeordneten finden, die Ihnen den Haushalt mit den zugehörigen Kostenstellen, Rückstellungen, Konten, Umlagen etc. erklären können. Von Bürgern, die ihr Recht auf Mitbestimmung wahrnehmen, verlangen Sie da jedoch?
„Wie sollen normale Bürger, die diesen Luxus nicht haben, das können?“
Genau deshalb gibt es in Deutschland die repräsentative Demokratie. Herzliche Grüße Die Redaktion
Also es gibt zwar das demokratisch legitimierte Recht auf Mitbestimmung per Bürgerbegehren/Volksentscheid/,…, aber es ist okay, dass die Hürden dazu in einzelnen Bundesländern derart hoch sind, dass solche faktisch nicht zum Tragen kommen können, denn es gibt ja die gewählten Volksvertreter.
Hab ich Sie so richtig verstanden?
Wenn ja, teile ich Ihre Auffassung von Demokratie offensichtlich nicht.
Dann verstehen Sie leider die Demokratie, in der Sie leben, nicht. Demokratie ist kein Selbstzweck. Sie zielt auf den friedlichen Ausgleich der Interessen innerhalb einer Gesellschaft. Und nicht darauf, dass es für alles und jedes immerzu eine Abstimmung geben muss, egal wofür – und dass, umgekehrt, alles legitim wäre, wofür es eine Mehrheit gibt. Das Mehrheitsprinzip wird schon durch den Rechtstaat gebrochen: Eine Mehrheit kann mit einer Minderheit nicht tun und lassen, was sie will. Dagegen steht das Grundgesetz. Wenn Sie so wollen: undemokratisch.
Wenn Sie Bürgerinnen und Bürger zu jedem Thema befragen, werden Sie auch nicht realisierbare und widersprüchliche Antworten bekommen – wie hier: https://www.news4teachers.de/2023/11/hae-deutsche-wollen-mehr-bildungsgerechtigkeit-brennpunkt-schulen-besser-ausstatten-das-will-die-mehrheit-aber-nicht/
Und dann?
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Sie liegen falsch. Mittel, welche durch demokratisch legitimierte Parlamente geschaffen wurden, um Elemente der direkten Demokratie in die Gesetzgebung einfließen zu lassen, müssen auch praktisch nutzbar sein. Anderenfalls stellt sich die Frage, warum diese Mittel überhaupt geschaffen wurde. Es geht hier nicht um den Ersatz der repräsentativen Demokratie, sondern um ihre Ergänzung. Und wenn ein Parlament in seinen Entscheidungen gegen Volkes Willen verstößt, ist das Mittel des Bürgerbegehrens und der Volksabstimmung ein notwendiges und wichtiges Korrektiv. Es braucht, um einen Initiatvvorschlag in ein Gesetz zu gießen, ein anspruchsvolles mehrstufiges Verfahren, in welchem die Bürger ihren Willen zum Ausdruck bringen können. Durch die jeweilig notwendigen Quoten und Quoren ist sichergestellt, dass nicht das alleinige Ziel einer kleinen Interessengruppe, welches dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung widerspricht, zum Gesetz gefasst wird. Da ist es für die kleinen Interessengruppen meist deutlich effektiver, direkt an die Mandatsträger heranzutreten und die Gesetzesentwürfe gleich mitzuschreiben.
Sie sind doch auch praktisch nutzbar – aber es gibt Hürden. Und die gibt es unserer Meinung nach völlig zurecht.
„Volkes Willen“, was soll das denn sein? Es gibt kein Einheitsvolk, das einen einzigen Willen hätte. Der Mehrheitswille manifestiert sich in den Wahlen, bei denen sich Parteien mit ihren Programmen zur Abstimmung stellen. Sie können als Bürgerin natürlich auch selbst mitwirken – und sich zur Wahl stellen. Und natürlich gibt es auch hier Hürden (wie die Fünf-Prozent-Hürde), um Chaos zu vermeiden. Hatten wir in der deutschen Geschichte schon genug.
Auch in der Schweiz stehen grundlegende Fragen (Kapitalismus abschaffen?) nicht zur Abstimmung. Raten Sie mal, wieso. Die Form der direkten Demokratie, die Ihnen vorschwebt, gibt es weltweit nicht. So lässt sich kein Staat mit Millionen von Menschen regieren, die auch einen Anspruch auf Verlässlichkeit und Sicherheit vor Willkür haben. Wir (zum Beispiel) haben keine Lust, an einem sozialen Experiment teilnehmen, bei dem es um Existenzen geht. Die Bundesrepublik hat eine über Jahrzehnte gut funktionierende repräsentative Demokratie, und wir sehen keine Notwendigkeit, die aufs Spiel zu setzen – nur damit Populistinnen und Populisten so richtig frei drehen können.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
PS. Beim Demokratieranking der Universität Würzburg rangiert Deutschland im weltweiten Vergleich auf Platz 2 – vor der Schweiz (Platz 4). Gerne hier nachlesen: https://www.demokratiematrix.de/ranking
Volkes Wille: Wille der Mehrzahl der Bürger eines Landes/Bundeslandes/Kommune bezüglich einer konkreten Entscheidungsfindung.
Im Übrigen arbeite ich seit langem politisch engagiert: seit ca. 1986, und natürlich engagiere ich mich in der Kommunalpolitik, seit über 10 Jahren. Ich habe also durchaus Ahnung von repräsentativer und direkter Demokratie. Der stille Vorwurf: ‚Wenn Sie was stört, dann werden Sie doch aktiv!‘ greift bei mir nicht – ich hab mich schon immer interessiert und mitgemischt. Meine Mitstreiter und ich bewirken hier einiges, und auch in diesem Jahr stellen wir uns wieder zur Kommunalwahl.
Aber zurück zum Thema:
„ Die Form der direkten Demokratie, die Ihnen vorschwebt, gibt es weltweit nicht.“
Ups, was glauben Sie denn, was mir vorschwebt? Ich bin im großen und ganzen sehr zufrieden mit der repräsentativen Demokratie. Ausschließlich auf direkte Demokratie zu setzen halte ich nicht für sinnvoll. Im Interesse der Beteiligung und der Mitnahme der Menschen in Entscheidungsprozesse und vor allem als Korrektiv finde ich jedoch, dass manche Hürden für DIE Elemente der direkten Demokratie, die wir haben, zu groß sind, um diese politisch gewollten Elemente auch praktisch einsetzen zu können. Wie schrieben Sie so schön zur Volksinitiative in der Schweiz? „Es handelt sich also um eine theoretische Möglichkeit, die praktisch keine Rolle spielt.“ So soll es eben nicht sein. Das haben auch viele Bundesländer erkannt und die Hürden für Bürgerbegehren und andere Elemente der direkten Demokratie gesenkt, weil diese eben ein wichtiges Korrektiv darstellen, auch wenn Sie das anders sehen.
Die Gefahr, dass „Kampagneneltern“ Bürgerbegehren und Co gegen den Mehrheitswillen missbrauchen, sehe ich aufgrund der in allen Bundesländern gegebenen Mehrstufigkeit des Verfahrens nicht gegeben. Letztlich ist es aber eben auch so: Wenn ich mich nicht für ein Thema interessiere (sei es die Enteignung von Wohnkonzernen, die Bebauung des Tempelhofer Feldes, den Artenschutz, …) interessiere und nicht abstimme, muss ich mit dem Ergebnis leben: nicht anders als bei den Wahlen der Abgeordneten.
PS: Ich habe dem Fakt, dass Deutschland ein demokratisches und demokratisch regiertes Land ist, nie widersprochen – weil ich keinen Grund dazu sehe.
Mit freundlichen Grüßen, Mika
Dann sind wir uns doch einig – nur im Detail nicht. Sie sind für niedrigere Hürden für Volksabstimmungen, wir eher für höhere.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Sind wir, was die prinzipielle Ausrichtung der Gesetzgebung betrifft, absolut.
Ähm, im Katapult-Artikel, also Ihrer gewählten Quelle, steht das Gegenteil von
„In der Schweiz gibt es übrigens keine Plebiszite, sondern (rechtlich unverbindliche) Volksentscheide.“.
Zitat:
„Den Schweizerinnen und Schweizern stehen auf Bundesebene plebiszitäre und populistische Elemente zur Verfügung.“
Ich fasse beide Elemente kurz zusammen, sonst wird es zu lang hier:
Das plebiszitäre Element ist das Referendum. Dabei werden vom Parlament oder der Regierung ausgearbeitete Beschlüsse dem Volk zur Abstimmung übergeben (ja/nein ankreuzen), welches somit über sein Veto Gesetze verhindern kann: „Die plebiszitären Referenden führen folglich zu einer Korrektur und zusätzlichen Legitimation parlamentarischer Entscheidungen.“
Das populistische Element ist die Volksinitiative, welche im Gegensatz zum Referendum von den Bürgerinnen und Bürgern eingebracht wird. Wird diese Initiative in der Volksabstimmung angenommen, MUSS sie in ein Gesetz umgewandelt werden, welches wiederum den Weg des Referendums geht.
Das alles steht ziemlich genau vor dem von Ihnen zitierten Absatz.
Mit freundlichen Grüßen, Mika
Quelle:
https://katapult-magazin.de/de/artikel/direkte-demokratie-in-der-schweiz-ein-vorbild-fuer-deutschland
In einem Punkt haben Sie offensichtlich recht: Die Ergebnisse von Referenden sind in der Schweiz rechtlich bindend.
Dann aber gerne weiter zitieren:
„Neben der geringen Abstimmungsbeteiligung fällt bei den Volksinitiativen der letzten zehn Jahre auf, dass nur zwei von Einzelpersonen lanciert wurden: Die »Hornkuh-Initiative« des Bergbauern Armin Capaul 2018 und die Initiative »gegen die Abzockerei« des Unternehmers Thomas Minder 2013. Alle weiteren Volksinitiativen gehen entweder auf Vorschläge von politischen Parteien oder verschiedenen Interessenverbänden, Gewerkschaften und Vereinen zurück. Das »Volk« greift somit nicht direkt und unmittelbar in den politischen Prozess ein. Vielmehr nehmen Parteien, Interessenverbände und andere Organisationen eine vermittelnde Funktion ein. Die Volksinitiativen dienen als bewährtes Mittel, um politische Themen zu setzen und vernachlässigte Inhalte in den Politikbetrieb zu bringen.“
Es handelt sich also um eine theoretische Möglichkeit, die praktisch keine Rolle spielt. Da waren Volksinitiativen in Deutschland (G9 in Baden-Württemberg und Bayern) relevanter.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Ja klar, wenn man an einer Stelle zugeben muss, falsch zu liegen, macht man eine andere Baustelle auf, um obigen Fakt zu relativieren.
Es ging in Ihrem Beitrag nicht darum, ob Volksinitiativen von einem oder vielen Personen ausgingen, sondern darum, dass Sie Volksabstimmungen und Referenden als rechtlich unverbindlich dargestellt haben. Folglich habe ich mich auf letzteres bezogen. Das Problem, das „Volksinitiativen“ von Einzelnen eingebracht werden können, sehe ich ebenfalls, allerdings steht auch hier, dass auch diese Abstimmungen positiv im Sinne des Erstellers erfolgen müssen, um in den Gesetzgebungsprozess zu kommen. Viel problematischer sehe ich die geringe Beteiligung an den Abstimmungen.
Ihre Auslegung:
„Es handelt sich also um eine theoretische Möglichkeit, die praktisch keine Rolle spielt.“ müssten Sie mir bitte erklären, da sie der von Ihnen als Beleg zitierten Aussage im Artikel: „Die Volksinitiativen dienen als bewährtes Mittel, um politische Themen zu setzen und vernachlässigte Inhalte in den Politikbetrieb zu bringen.“ widerspricht.
Theoretische Möglichkeiten, die praktisch keine Rolle spielen, sind kein bewährtes Mittel.
Genau, den Parteien. Volksinitiativen, die de facto gar nicht aus dem Volk kommen (sondern von Parteien oder Verbänden), sind damit letztlich auch ein Instrument repräsentativer Demokratie. Politiker*innen regeln, die Wahlbürgerinnen und Wahlbürger stimmen darüber ab. In der Schweiz recht kleinteilig, in Deutschland durch Wahlen in den Kommunen, in den Bundesländern und im Bund.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Also zunächst mal: die Mitglieder der Parteien und Verbände gehören zum Volk. Damit kommen deren Vorschläge ebenfalls aus dem Volk.
Ihre Argumentation ist meiner Ansicht nach aber auch ohne diesen Umstand nicht schlüssig:
Volksinitiativen sind dann ein Instrument repräsentativer Demokratie, wenn sie von gewählten Volksvertretern eingebracht werden. Verbände sind in der Regel kein Mitglied des Parlaments. Parteien, die im Parlament sitzen, bringen ihre Vorhaben in dieses ein: die brauchen das Mittel der Volksinitiative nicht. Es dürfte deshalb eher selten vorkommen, dass parlamentarisch vertretene Parteien Volksinitiativen starten. Damit ist die Volksinitiative eben (die gesetzlich so gewollte) populistische Ergänzung zu den durch das Referendum bestätigten Gesetzen der repräsentativen Demokratie.
Irland (troubles) und Spanien (Kathalonien) sind jetzt nicht unbedingt die Beispiele bestfunktionierender Demokratie.
Der Idee nach sollte man sich aus den Problemen nicht herauskaufen oder -bomben sollen…
Sie haben scheinbar die Gebrauchsanweisung speziell für @ Marc und @ Unfassbar vergessen
@Marc
Ganz schön frech, vor allem platt ! gesamt dümmlich, Ihr Geschreibsel.
@Unfassbar
„…….“ Rhetorik, Propaganda – mangelhaft.
Mich nervt Ihr beiden mit Eurer plumpen Dampfplauderei !
Es kann sich nicht jeder so wortgewandt und respektvoll wie Sie ausdrücken
Sie vergessen die Desinformationsnetzwerke, Propagandaabteilungen und Fake News auf Social Media.
Bürger:innen müssen sich nicht nur mit Themen auseinandersetzen, sondern auch die Wolken aus Schwachsinn durchdringen (Esotherik, Lobbyismus, Russlandpropaganda, wirtschaftliche Abhängigkeit von Autokratien und Diktaturen, Klimaskepsis, religiöse Hardliner etc.)
Muss man das? Oder kann man sich auf den Konsum seriöser Medien beschränken? Herzliche Grüße Die Redaktion
Muss man. Schon um seriöse Medien von unseriösen zu unterscheiden. Nennt sich Medienkompetenz.
Das bezog sich auf die „Wolken von Schwachsinn“, die man angeblich durchdringen muss. Müssen wir nicht und tun wir nicht. Herzliche Grüße Die Redaktion
Okay, ich hatte den Kommentar von RainerZufall so verstanden, dass man immer wieder auf „Wolken von Schwachsinn“ trifft. Und wenn mich meine Freunde/Kinder/Schüler zu solchen „Wolken“ fragen, finde ich es sinnvoll, sich mit den Inhalten dieser Wolken kompetent auseinandersetzen zu können. Und bestenfalls lernt jeder (na ok, das „jeder“ ist vermutlich vermessen), kompetent mit Medien umzugehen und Schwurbelschwachsinn oder gut gemachte Indoktrination als solche zu erkennen.
Da ich Teil des Volkes bin, finde ich es besser, wenn ich nicht alle möglichen superkomplexen Entscheidungen treffen muss. Ich bin dazu nämlich wirklich zu dumm trotz Abiturs, Studiums und meiner Lehrtätigkeit.
Aber hey, die Dunning-Kruger-Infizierten sehen das natürlich anders.
Interessant finde ich, dass rechts immer mehr direkte Demokratie fordert. Was heißt interessant? Bezeichnend trifft es wohl eher.
Das liegt im Kalkül begründet, mit populistischen Kampagnen punkten zu können.
„Mehr Volksrechte, das klingt gut – die Bürger entscheiden, die Politik führt aus, alles wunderbar. Dass sich gerade eine Partei wie die AfD für einen Ausbau der direkten Demokratie einsetzt, überrascht nicht. Die Forderung nach einer Stärkung der Volksrechte ist ein gängiger Reflex populistischer Parteien. Sie geben vor, dem angeblich entmündigten Bürger so gegenüber dem politischen Establishment Gehör verschaffen zu wollen. (…) Dass manche Vorlagen, die zur Abstimmung gestellt werden, internationale Vereinbarungen gefährden oder das Völkerrecht verletzten, braucht die Urheber nicht zu kümmern – wird eine ihrer Initiativen (…) tatsächlich einmal angenommen, stehen andere in der Pflicht, die Beschlüsse umzusetzen.“ Quelle: https://www.cicero.de/innenpolitik/direkte-demokratie-alternative-volksentscheid/57581
Herzliche Grüße
Die Redaktion
PS. Es hat im Übrigen nichts mit Dummheit zu tun, schwierige Entscheidungen politischen Repräsentanten (= Abgeordneten) zu überlassen. Es hat vielmehr damit zu tun, dass diese Repräsentanten von ihren Berufen freigestellt sind und damit über Zeit und Informationen verfügen, sich in komplexe Sachverhalte einzuarbeiten. Nicht umsonst gibt es in Parlamenten zig Beratungsgremien, in denen Beschlüsse vorbereitet werden. Seriöse Politik ist eben häufig kein schlichtes Ja/Nein-Geschäft.
Witzig, dass Sie gerade den cicero zitieren, der seit seinen Kommentaren zur Politik Angela Merkels 2015 eher am rechten Rand der Medienlandschaft versorget wird…
Das sollte „verortet“ heißen. Olle Autokorrektur!
Um für mehr Plebizite zu sein, muss man nicht zwangsläufig rechts oder vom Dunning – Krüger – Effekt infiziert zu sein. Es reicht, wenn man mehr – nicht jede Entscheidung wird ja durch Volksabstimmung getroffen – direkte Demokratie im Ausland kennen gelernt hat. So sehr ich Sie schätze, geehrter Echter Norden, gerade sind Sie schon ein wenig polemisch.
In der Schweiz haben Volksabstimmungen eine lange Tradition, weshalb ich keine Chance sehe, das Prinzip adäquat auf Deutschland zu übertragen.
Selbst bei lokalen Abstimmungen, die nicht verbindlich sind, nehmen in Deutschland insgesamt zu wenige Menschen überhaupt teil. Diese Art der Abstimmung kann außerdem massiv beeinflusst werden (Tiktok, Springer …) und Lügen-Propaganda. Denken Sie nur an die Brexit-Abstimmung!
Das Einzige, das ich mir vorstellen könnte, wären noch mehr Bürger*innen-Räte.
Das es politisch unruhiger wird, da stimme ich zu.. Schweiz ist das ehrwürdigste, doch nicht das einzige Land in Europa, das mehr plebizitaere Anteile hat. Propaganda gibt es aber auch da, natürlich. Menschen können Fehlentscheidungen treffen, Politiker und Abgeordnete aber auch. Nichts ist ein Allheilmittel. Das Thema war auch mehr Interesse an Politik, und direkte Mitwirkung könnte sie steigern.
Da Menschen auch an Abstimmungen auf lokaler Ebene, wo sie wirklich direkt betroffen sind, tendenziell nicht teilnehmen, halte ich das nicht für das geeignete Mittel.
Ich habe eher das Gefühl, dass sehr viele Menschen hierzulande Demokratie als selbstverständlich betrachten und (Achtung Volksbashing!) zu bequem sind, sich mit wirklich wichtigen Angelegenheiten, die sie erstmal nicht direkt zu betreffen scheinen, auseinandersetzen wollen.
Nein! Volksabstimmungen, wie Sie den Begriff verstehen, sind reine Mehrheitsentscheidungen. Demokratie in Reinkultur bedeutet auch, dass es Mechanismen zur Beteiligung aller gibt, verbindliche Zuständigkeiten, Minderheitenschutz, Konsens- und Kompromissmechanismen und -optionen.
Noch dazu, ‚das Volk‘ als homogene Masse und nicht als Summe von Individuen zu verstehen, entspricht nicht unserem Menschenbild.
Der Reaktion der Redaktion können Sie widersprechen, aber bspw. solche Abstimmungen machen jetzt Deutsche zu unerwünschten Migrant:innen in der Schweiz XD
Machen die Schweizer das so? * Wunder* die Stärkung der plebizitaeren Anteile wäre nur förderlich. Sie wurde im Gegensatz zur Weimarer Verfassung übrigens nur nicht ins Grundgesetz aufgenommen, da man den Deutschen etwas misstraute.
Wer ist „man“? Herzliche Grüße Die Redaktion
Die Väter und Mütter des Grundgesetzes. Und der Grund waren die Erfahrungen von Weimar und das Ende der Weimarer Republik. Doch mittlerweile haben die Deutschen sich Jahrzehnte als demokratische Nation bewährt.
Haben „die Deutschen“ das? https://www.news4teachers.de/2023/09/rechtsextremismus-auf-dem-vormarsch-wie-ist-es-um-die-demokratie-bildung-an-den-schulen-bestellt/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Ja. Ich habe lange im Ausland gelebt, und erlebt, wie Rechtsextreme da schon immer auftreten. Deutschland nähert sich mit einer rechten Partei eher jetzt dem Rest der Welt/ Europa an. Diese Annäherung findet in mehreren Bereichen statt, unabsichtlich wie im Fall AfD, doch auch gewollt wie beispielsweise militärisch. Das Staatsvolk muss nur aufpassen, dass diese Rechte nicht an die Macht kommt. Daraus zu schließen, dass die Deutschen mehrheitlich keine Demokraten mehr sind, würde ich nicht. Genauso wenig wie bei Spaniern, Franzosen oder Italienern. Die Staaten in Osteuropa wie Ungarn müsste man noch einmal extra analysieren.
Das würden wir auch nicht. Wie die Erfahrung zeigt, benötigen Rechtspopulisten aber (zunächst) gar keine Mehrheit, um Demokratien schrittweise auszuhöhlen – ein paar Wahlerfolge reichen. Gerne hier nachlesen: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/studie-demokratien-autokratien-bertelsmann-transformationsindex-100.html
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Es gibt schon eine Petition, das Grundgesetz zu ergänzen durch ein Recht auf ein Leben und Teilhabe an der Gesellschaft ohne Digitalzwang:
https://civi.digitalcourage.de/recht-auf-leben-ohne-digitalzwang
Eine digitale Petition gegen Digitalisierung und „noch mehr Überwachung“, bei der fröhlich persönliche Daten übermittelt werden sollen. Genau unser Humor.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Sie lenken ab. In der Zeitung stand, dass jemand auf einem Bahnhof die Toilette nicht benutzen konnte, weil er kein Smartphone hatte und daher die dafür notwendige App nicht herunterladen konnte (elektronische Bezahlung).
DAS ist gemeint: Jeder soll freiwillig das Internet und alles nutzen, was digital ist, aber es soll keinen ZWANG dazu geben. Niemand muss jetzt diese Petition unterschreiben.
Mit anderen Worten: Es geht um ein Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft auch OHNE Smartphone, auch OHNE Cookies, auch OHNE Datenspeicherung.
… ohne Strom, ohne Bankkonto, ohne Steuernummer… Herzliche Grüße Die Redaktion
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Meine Großmutter hat Strom und ein Bankkonto, aber eben kein Smartphone. Das heißt, sie hat neuerdings keine Möglichkeit mehr, was der Arzt beispielsweise auf ein Rezept geschrieben hat, einzusehen, bevor es in der Apotheke ist. Und sie kann niemand mehr aus der Nachbarschaft ein Rezept mitgeben, um es einzulösen. Denn das ist jetzt auf ihrer Krankenkassekarte, die sie ungern aus der Hand gibt.
Es gibt viele ältere und alte Menschen, die mit Apps überfordert sind, aber diese leben nicht im Mittelalter, verehrte Redaktion.
Bin älter. Bilde mir nach den Erfahrungen mit Online- und Hybridunterricht ein, dass Apps mich wahrscheinlich nicht überfordern würden. Bin stur. Habe noch nichts von der Staatsbürgerpflicht gehört, ein Smartphone zu besitzen. Überlebe immer noch ohne ein solches.
Strom und Bankkonten und auch Steuernummern gab es schon lange vor dieser „digitalen Transformation“. Fahrscheine auch. Das ging also. Nur die individuelle Steuer-ID, die man jetzt überall (z.B. bei der Krankenversicherung) angeben soll, ist eine neue Erfindung.
Aber demnächst kann man Fahrscheine für die Bahn nur noch mit einem Smartphone kaufen. Ist das demokratisch so beschlossen worden? Oder machen das „private“ Unternehmen nach Gutsherrnart? Was ist denn mit Leuten ohne Smartphone?
Die Bahn schrieb mir scheinheilig, man wolle doch nur den Berg von jährlich zu wechselnden Bahncards vermeiden. Aber wie groß ist der Berg von periodisch auszumusternden Smartphones? Wie umweltfreundlich ist deren Herstellung?
Auch alte Erfindungen waren irgendwann mal neu.
„Als die Lok ‚Adler‘ 1835 erstmals zwischen Nürnberg und Fürth verkehren sollte – mit 30km/h –, soll ein Gutachter des Bayrischen Medizinalkollegiums gemeint haben, dass die Geschwindigkeit „bei den Passagieren die geistige Unruhe, ,Delirium furiosum‘ genannt“, hervorrufe. Natürlich könne sich jedermann freiwillig dieser Gefahr aussetzen – aber die Zuschauer müssten geschützt werden, und zwar durch eine sechs Fuß (zwei Meter) hohe Schranke auf beiden Seiten der Bahn.“ Quelle: https://www.diepresse.com/543154/fehleinschaetzungen-der-menschheit
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Ja nur, es stimmt schon, dass ältere oder „behinderte/eigenständig lebende Betreute“ Menschen da einfach gerade was v.a. dummerweise den med. Alltag angeht, ohne Hilfe nicht klarkommen, selbst wenn sie ein Handy haben.
Hier bietet der VdK ITüberlebenskurse an – trotzdem sorgt besonders die Kartenspeicherei für trouble
( s.@Lisa) und für Ältere wird der Fortschritt zum – Rückschritt, bzw mindestens Stolperstein.
Menschen, die durchaus wichtige und richtige Kritik am Gebaren von Unternehmen und/ oder Institutionen äußern derart abzubürsten bzw. lächerlich zu machen, ist unangemessen und überheblich.
Einerseits kann Digitalisierung z. B. Teilhabe ermöglicht werden- beispielsweise in Kommunikation, Güterversorgung oder Meinungsbildung. Andererseits bleibt der Profit durch Kostensenkung, Datengewinnung und Datennutzung nicht bei uns.
Das liegt in der Natur der Marktwirtschaft. Herzliche Grüße Die Redaktion
Ich denke, dass Sie den ersten Teil des Posts von @Generische Femina überlesen haben. Jenes nicht zu tun, liegt doch wohl in Ihrer Hand, oder nicht?
Sorry, wir halten die Forderung, ein Recht auf ein smartphonefreies Leben im Grundgesetz zu verankern, für absurd. Das geht ja weit über „Kritik an Unternehmen“ hinaus.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Das können Sie gerne tun bzw. finden, dennoch bleibt der Vorwurf, in der Replik an Herrn Individualist diesen bzw. dessen Rede vom Gebaren z. B. der Bahn mit dem Beispiel des Zuges zu diskreditieren und ins Lächerliche zu ziehen. Es geht nicht um ein Recht auf ein smartphonefreies Leben in Absolutheit- was in der Tat inzwischen skurril anmutet sondern um Selbstbestimmtheit, eigene Lebensweise, Daten und ein Recht auf Anonymität. Natürlich priorisiert da ein Markt, eine freie Marktwirtschaft- doch lohnt sich hier die Lektüre des Artikels 20 GG.
Die unterschiedlichen Positionen sind eine Sache, das Abbürsten eine andere- letzteres ist zu kritisieren.
Dazu gehört der Hintergrund, dass uns „Individualist“ mit welchselndem Alias seit Jahren an allen passenden und unpassenden Stellen mit seiner Meinung zu Cookies und zur Digitalisierung insgesamt beglückt. Wohlgemerkt: Wir sind ein digitales Medium, das von „Individualist“ recht rege genutzt wird, um seine Meinung zu allem Möglichen kundzutun. Halt immer so, wie’s gerade passt. Das finden wir lustig.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Klar, und jeder Mensch kann gut weiterleben, ohne n4t zu nutzen. Wenn ich ohne Smartphone in der Öffentlichkeit jedoch nicht mehr aufs Klo gehen kann, meine Tageszeitung nur noch digital erscheint (und hier gibt es nur diese eine Zeitung mit Regionalbezug) und ich den Bus zukünftig nicht mehr nutzen kann, weil für alles ein Smartphone nötig ist, dann ist mir die gesellschaftliche Teilhabe schon arg erschwert. Und als digitaler Sicherheitsneurotiker (weil Ahnung vom Fach) bin ich eh sehr skeptisch, was die Abhängigkeit der öffentlichen Verwaltung von digitalen Strukturen betrifft. Sicher, gerade was die von und über uns dort hinterlegten Daten betrifft, ist da gar nichts!
Die Geschichte mit dem „Delirium“, das Mediziner angeblich befürchteten, ist eine urbane Legende.
Quelle: https://www.mittelbayerische.de/archiv/1/die-bahn-lueftet-ihre-grossen-geheimnisse-11404139
Es geht hier nicht um Kritik an technischen Gefahren, sondern um Kritik an gesellschaftlichen Gefahren: „Big „Brother is watching you“, nach chinesischem Vorbild (die chinesischen Smartphones funktionieren nach demselben Prinzip wie unsere, also kann man auch dasselbe damit machen).
Warum bitte sind Bildungsjournalisten für das „Big brother is watching you“ ??? Sieht das Grundgesetz sowas vor? Ich glaube nicht.
Geht’s noch? Herzliche Grüße Die Redaktion
PS. Es gibt in Europa den strengsten Datenschutz der Welt – und das gefällt auch nicht jedem: https://www.capital.de/wirtschaft-politik/datenschutz–europa-droht-die-digitale-verzwergung–33544370.html
Der strengste Datenschutz kann wohl nur funktionieren, wenn sich die Anwender an wirklich alle Leitsätze halten (und das tun die meisten nicht).
Ein gutes Beispiel, was man alles absolut beachten müsste 😉
https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Verbraucherinnen-und-Verbraucher/Informationen-und-Empfehlungen/Cyber-Sicherheitsempfehlungen/Basisschutz-fuer-Computer-Mobilgeraete/Schutz-fuer-Mobilgeraete/schutz-fuer-mobilgeraete_node.html
Ehrlich gesagt halte ich nicht sehr viel von schulischer Demokratiebildung. Junge Menschen lernen demokratisches Verhalten und Respekt vor der Würde des anderen durch das lebendige Vorbild der Erwachsenen.
Wenn aber ständig gegen politische Gegner gehetzt wird und behauptet, dass nur das eigene Lager „demokratisch“ sei und andere zu beschimpfen und zu bekämpfen gerade Pflicht sei, lernen sie nie demokratisches Verhalten, sondern nur Hass und Hetze gegen angerbliche „Feinde“.
Feindbilder haben noch nie der Demokratie genützt, sondern immer nur autoritären Bestrebungen. Dort sind Feindbilder geradezu das A und O der Machtgewinnung und Machtsicherung.
Die Senkung des Stundenzahl für die Fächer Geschichte, Erdkunde und Politik zugunsten der „neuen“ Fächer Wirtschaft und Informatik an Schulen in NRW zeigt doch die Bedeutung, die der Demokratiebildung beigemessen wird, oder?