BERLIN. Angesichts des offiziellen Inkrafttretens der Anpassung des Amtlichen Regelwerks für die deutsche Rechtschreibung und der diesbezüglichen Zustimmung der Kultusministerkonferenz (News4teachers berichtete) mahnt der Deutsche Philologenverband (DPhV) die Kultusministerinnen und Kultusminister zur Einheitlichkeit im Umgang mit den Regeln der deutschen Rechtschreibung in der Schule. Erst gestern hatte Sachsen angekündigt, es künftig als Fehler werten zu wollen, wenn Schülerinnen und Schüler mit Sonderzeichen gendern.
Seit drei Wochen ist eine Anpassung des Amtlichen Regelwerks für die deutsche Rechtschreibung nach Zustimmung der zuständigen staatlichen Stellen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Belgien, Liechtenstein und Südtirol offiziell. Darin wurde das Wörterverzeichnis aktualisiert. So wurden etwa Fremdwörter wie «timen», «mailen» oder «whatsappen» aufgenommen. Auch wird der erweiterte Infinitiv wieder verbindlich mit Komma abgetrennt.
Neu im Regelwerk ist auch ein Abschnitt zu Sonderzeichen in Wörtern, wie sie von Befürworterinnen und Befürwortern einer geschlechtersensiblen Sprache genutzt werden. «Diese Wortbinnenzeichen gehören nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie», heißt es. Der Rat betont in seinen Erläuterungen allerdings, dass die Schule zwar der Ort der Vermittlung der orthografischen Normen sei. Vorgaben für die schulische Bewertung seien aber nicht die Aufgaben des Rates. Derzeit handhaben die Bundesländer den Umgang mit Sonderzeichen mit Geschlechterbezug sehr unterschiedlich.
Uniongsgeführte Bundesländer haben zuletzt Genderverbote in Schulen mit viel politischem Getöse durchgesetzt. Entstanden ist (mal wieder) ein Flickenteppich: In Schleswig-Holstein oder Hessen sind Abzüge bei der Notengebung beim Verwenden von Sonderzeichen im Wortinneren als Ausdruck geschlechtergerechter Schreibung laut Philologenverband möglich. In Bayern und Rheinland-Pfalz seien Sonderzeichen zwar nicht erwünscht, hätten aber in der Praxis der Notengebung keine Konsequenzen. Das Bildungsministerium in Bremen befürworte dagegen die Möglichkeit des Einsatzes des Doppelpunktes im Wortinneren als Ausdruck geschlechtergerechter Schreibung. Bei anderen Bundesländern sei eine klare Positionierung nur schwer erkennbar.
Philologen-Bundesvorsitzende Prof. Susanne Lin-Klitzing meint dazu: «Es kann nicht sein, dass sich manche Bundesländer an das Regelwerk halten und manche nicht! Ein Rechtschreib-Allerlei verwirrt alle Beteiligten. Hier muss in der KMK im Interesse der lernenden Schülerinnen und Schüler für Klarheit gesorgt werden, unabhängig davon, in welchem Bundesland sie die deutsche Sprache lernen. Die verbindliche Umsetzung in den Schulen soll laut Rat und bereits erfolgter Zustimmung der KMK spätestens zum Schuljahr 2027/2028 umgesetzt sein.»
Lin-Klitzing weiter: «Die Beherrschung der deutschen Rechtschreibung ist fundamental für unsere Kommunikation, für Bildungserfolg und dient der Chancengleichheit. Auf diese Bedeutung hat auch das Bundesverfassungsgericht jüngst hingewiesen. Die Arbeit des Rats für deutsche Rechtschreibung ist bedeutsam und zu respektieren. Ein Durcheinander können wir uns nicht leisten, schon gar nicht vor dem Hintergrund der zahlreichen bildungspolitischen Herausforderungen.» News4teachers / mit Material der dpa
Mitglied des Rechtschreibrats sagt: „Gendern sollte nicht als Fehler gewertet werden“
