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Chaos beim Schulessen – Schulleitungen bestellen für alle Schüler Pizza

BERLIN. In Berlin gibt es seit Schuljahresbeginn massive Probleme beim kostenlosen Schulessen. Nachdem auch in dieser Woche zahlreiche Schulen kein Essen geliefert bekamen, zog die Bildungsverwaltung in dieser Woche die Notbremse – und setzte andere Caterer als den eigentlich beauftragten ein. Reibungslos funktioniert das allerdings nicht, wie die GEW moniert. Sie fordert schnelle Konsequenzen.

Der Teller blieb leer. Foto: Shutterstock

Nachdem offenbar Dutzende Schulen in Berlin seit Schuljahresbeginn immer wieder nicht mit Essen beliefert wurden, gab der Caterer Ende vergangener Woche laut Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) per Rechtsanwalt eine Erklärung ab. Die Firma versorge seit 2020 zahlreiche Berliner Schulen. Im jüngsten Vergabeverfahren habe sie den Zuschlag bekommen, 103 Schulen zu beliefern, mit insgesamt rund 40.000 Essen pro Tag, wozu sie auch im Stande sei. Allerdings sei es im Vergabeverfahren aufgrund von Mitbewerber-Klagen zu erheblichen Verzögerungen gekommen.

Deshalb habe das Unternehmen für mehr als die Hälfte der Schulen „erst sehr kurzfristig und während der Berliner Sommerferien den Zuschlag“ erhalten. Daher komme es „an vereinzelten Schulen“ zu Verzögerungen der Essensauslieferungen, was der Caterer sehr bedaure. Er arbeite mit Hochdruck daran, diese zu beheben. Einzelne Schulen wiederum hätten keine Bestellungen ausgelöst. Vorwürfe einer mangelnden Essensqualität weist der Caterer dem Schreiben zufolge „vehement zurück“. Nachdem am Dienstag laut rbb erneut mehr als 70 Schulen nicht beliefert wurden, schritt die Bildungsverwaltung ein – und beauftragte kurzfristig andere Anbieter, für das Schulessen in dieser Woche zu sorgen.

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„Der Schulbetrieb ist massiv gestört. Die Taktung des Stundenplans und die Essenszeiten können nicht eingehalten werden“

Aus Sicht der GEW ist die Situation unhaltbar. „Der Schulbetrieb ist massiv gestört. Die Taktung des Stundenplans und die Essenszeiten können nicht eingehalten werden und am wichtigsten: sehr vielen Berliner Schüler*innen fehlt die vielleicht einzige warme und gesunde Mahlzeit am Tag“, betont die GEW-Landesvorsitzende Martina Regulin. „Die Schulleitungen und das Schulpersonal müssen all das Chaos nun auffangen, das mit der Vergabe angerichtet wurde. Manche Schulen bestellen Pizzen, damit die Kinder etwas zum Mittag bekommen. Die Schulen bekommen teilweise nur auf Nachfrage Informationen vom Schulamt und gleichzeitig müssen sie auf die vielen berechtigten Beschwerden von Elternseite eingehen“, so Regulin.

Die GEW-Chefin fordert: „Diesem Riesenstress muss ein Ende gesetzt werden. Die Schulen brauchen jetzt eine verlässliche Lösung für das gesamte Schuljahr.“ Die Gewerkschaft kritisiert das Verfahren, in dem die Schulgemeinschaften nicht wie bisher beteiligt waren. „Vertreter*innen der Schulgemeinschaft sollten unbedingt wieder mehr Mitsprache haben. Das Schulessen ist eine wichtige Angelegenheit. Diesmal wurde die Entscheidung allein auf Basis von anonymen Menükarten getroffen, die den Schulen vorgelegt wurden. Davor wurde das Schulessen durch einen von der Schulkonferenz einberufenen Mittagessen-Ausschuss verkostet und der Caterer auf dieser Basis ausgewählt. Hier konnten auch Kriterien wie die Verlässlichkeit und Zusammenarbeit mit dem Caterer einfließen. Schulen schätzen in der Regel langfristige Kooperationen, da dies mit deutlich weniger Aufwand verbunden ist“, so heißt es in einer Pressemitteilung.

Grundsätzlich sollte bei der Auftragsvergabe der Essenslieferung zukünftig darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Art Monopolisierung kommt. „Wohin das führt, haben wir jetzt gesehen. Dass nur wenige Caterer das Schulessen in Berlin übernehmen und damit überfordert sind, ist nicht im Interesse der Schulen“, so Regulin. Auch hierfür sei eine Rückkehr zum bisherigen Verfahren sinnvoll. Sylvia Schulze, Erzieherin an der Charlotte-Salomon Grundschule berichtet: „Die aktuelle Situation ist eine Zumutung für alle Beteiligten. In einer Woche drei unterschiedliche Caterer. Der Stress und die Verwirrung, die den Kindern durch die ständigen Änderungen entstehen, sind untragbar. Wir brauchen sofortige Maßnahmen und eine verlässliche Lösung!“

Tanja Sallah vom Personalrat Friedrichshain-Kreuzberg erklärt: „Kolleg*innen berichten, dass das Küchenpersonal kaum geschult ist, das Essen nicht ausreicht und unappetitlich aussieht. Vom 5. bis 9. September blieben Essensreste in der Schulküche liegen – bei über 30 Grad am Wochenende!” Fatos Aydil, Facherzieherin für Integration an der Aziz-Nesin Grundschule sagt: „Sowas habe ich noch nie erlebt! Wir fühlen uns alleine gelassen und können einfach die Probleme nicht bewältigen.”

„Die Schulen sollen die Möglichkeit bekommen, sich einen Caterer im Kiez auszusuchen“

Die GEW fordert das Land Berlin auf, ein Landesprogramm für die Reaktivierung und für den Auf- und Ausbau der Schulküchen ins Leben zu rufen und somit sich das Ziel zu setzen, dass an allen Schulen vor Ort gekocht wird. Sie fordert ebenfalls, wieder kommunales Personal für die Verpflegung an Schulen einzustellen und bis dahin bei der Vergabe des Schulessens das Kriterium der Nachhaltigkeit mit zu berücksichtigen. „Dazu gehören: Transportwege, Vermeidung von Verpackungen, Energieintensivität und die Einbeziehung der Kieze. Die Schulen sollen die Möglichkeit bekommen, sich einen Caterer im Kiez auszusuchen“, heißt es. Dabei soll allerdings das Berliner Vergabegesetz bezüglich der Tarifverträge und der Vergütung beachtet werden.

Seit mehreren Jahren wird an Berliner Schulen kostenloses Mittagessen angeboten. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte allerdings unlängst mit Blick auf notwendige Einsparungen angekündigt, das Angebot auf den Prüfstand zu stellen (News4teachers berichtete). News4teachers

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