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Inklusion: Eltern-Umfrage zeigt hohe Zufriedenheit mit Förderschulen – aber…

DORTMUND. Zwei Betroffenenverbände haben mehr als 2.300 Eltern befragt, deren Kinder eine Förderschule in NRW besuchen. Das Meinungsbild sei eindeutig, sagen sie: Die Zufriedenheit ist hoch. Gleichwohl richten sie Forderungen an die Politik, die auch das Regelsystem betreffen.

Eltern von Förderschülerinnen und -schülern sind zwar mehrheitlich zufrieden mit dem Angebot ihrer Förderschule – viele davon würden sich aber doch grundsätzlich ein inklusives Schulsystem wünschen. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Zufriedenheit von Eltern mit den Förderschulen, die ihre Kinder in Nordrhein-Westfalen besuchen, ist einer Umfrage zufolge hoch. In der Befragung von zwei Elternverbänden äußerten sich fast drei Viertel (73 Prozent) «sehr zufrieden» oder «zufrieden» mit ihrer Förderschule. Hingegen gaben 11,5 Prozent der Eltern an, sie seien «unzufrieden» oder «sehr unzufrieden» und 15 Prozent wählten die Option «teils teils». Die Ergebnisse basieren auf 2.354 Rückmeldungen, wie der Verein mittendrin und die Landeselternschaft der Förderschulen Geistige Entwicklung und Körperliche & Motorische Entwicklung mitteilten.

Unter den Gründen, warum sie ihr Kind an einer Förderschule angemeldet haben, nannten 72 Prozent das Argument: «An der Förderschule gibt es kleinere Klassen und
mehr Lehrkräfte.» Zwei Drittel glauben zudem, dass ihr Kind in einer allgemeinen Schule beim Lernstoff nicht mitkommen würde. Häufig genannt wurden auch die therapeutische Versorgung und der hilfreiche Schülerspezialverkehr – etwa mit einem Kleinbus oder Taxi.

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Eine hohe Zufriedenheit zeige sich unter anderem beim Verhältnis zu den Lehrkräften und bei der Verlässlichkeit der Unterrichtszeiten. Hingegen falle die durchschnittlich ermittelte Zufriedenheit bei den Lernangeboten «mäßig» aus. So gaben auch nur weniger als die Hälfte der Eltern 46 Prozent an, dass sie überzeugt sind, «dass die Förderschule grundsätzlich die bessere Schulform für Kinder mit Behinderung» ist.

Eine Minderheit von 15 Prozent der Eltern überlegt konkret, ihr Kind an eine inklusive Regelschule wechseln zu lassen. Unter allen Befragten gaben 18 Prozent an, dass ihr Kind vor der Förderschule bereits eine inklusive Schule besucht habe. «Sie kennen also beide Schulformen», heißt es.

Kinder, die eine geistige oder körperliche Behinderung haben oder die etwa aufgrund ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung eine besondere Förderung benötigen, haben einen Anspruch auf inklusiven Unterricht gemeinsam mit nicht-behinderten Kindern in Regelschulen. Allerdings fehle auch zehn Jahre nach Verankerung der Inklusion im Schulgesetz häufig an den allgemeinen Schulen noch ein Angebot, das die Schülerinnen und Schüler mit Behinderung einbeziehe und deren Lernbedürfnisse mitdenke, kritisierte der Elternverein mittendrin.

Die Verbände stellten klar, dass ihre offene Online-Umfrage in einem «nicht wissenschaftlichen Kontext» durchgeführt wurde. Das Meinungsbild sei aber deutlich: Der Vorsitzende der Landeselternschaft der Förderschulen GE und KME in NRW, Bernd Klagge, sprach von einem «eindeutigen Plädoyer für die Förderschule». Das bewährte System der Förderschulen dürfe nicht angetastet werden. Es müsse mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden, forderte der Verband.

«Es fehlt an Ressourcen und es fehlt an einer Schul- und Unterrichtsentwicklung, die die Lernbedürfnisse von Schüler*innen mit Behinderung mitdenkt»

Eva-Maria Thomas, Vorsitzende von mittendrin, mahnte laut Mitteilung aber auch Reformen im Regelsystem an: «Vor allem die angegebenen Gründe für die Anmeldung an der Förderschule zeigen, dass Eltern vieler Kinder mit Behinderung selbst zehn Jahre nach Verankerung der Inklusion im Schulgesetz immer noch kein inklusives Schulangebot vorfinden, das ihre Kinder wirklich einbezieht. Es fehlt an Ressourcen und es fehlt an einer Schul- und Unterrichtsentwicklung, die die Lernbedürfnisse von Schüler*innen mit Behinderung mitdenkt. Es ist höchste Zeit, dass die Landesregierung endlich planvoll und strukturiert daran arbeitet, inklusive Bildung in guter Qualität in die Fläche zu bringen. Wo bleibt der im Koalitionsvertrag angekündigte Aktionsplan?»

NRW-Schulministerin Dorothee Feller sagte, die Umfrage zeige, dass an den Förderschulen hervorragende Arbeit geleistet werde. Die Landesregierung verfolge das Ziel, allen Schülerinnen und Schülern faire Bildungschancen zu ermöglichen. «Die Förderschulen leisten dazu einen wichtigen Beitrag, ebenso wie die Schulen des Gemeinsamen Lernens», unterstrich die CDU-Politikerin. «Ein gutes inklusives Schulangebot und gute Förderschulen bieten Eltern von Kindern mit einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung die Möglichkeit, das für ihre Kinder passende Angebot zu wählen.» News4teachers / mit Material der dpa

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