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Schule verbietet Schülern und Lehrkräften die Handy-Nutzung (weitgehend) – Protest

VERDEN/BERLIN. Smartphone-Verbot – ja oder nein? In Deutschland müssen Schulen diese Frage immer noch selbstständig klären, oftmals verbunden mit einem aufwändigen Aushandlungsprozess. Am Ende steht ein Kompromiss, mit dem nicht immer alle zufrieden sind, wie ein Fall aus Niedersachsen zeigt. Forderungen nach landesweiten Regelungen werden laut. 

Am Verdener Domgymnasium protestierten Unbekannte vor den Herbstferien gegen das neue Smartphone-Verbot an der Schule. Symbolbild: Shutterstock/oxinoxi

Am Verdener Domgymnasium in Niedersachsen gilt seit diesem Schuljahr ein Smartphone-Verbot während des Schultages – und zwar sowohl für Schüler:innen als auch für Lehrkräfte, wie die Kreiszeitung berichtet. Nur in den Pausen gestattet die neue Schulordnung einen kurzen Blick auf das Handy. Das allerdings auch nur innerhalb vorgegebener Bereiche, im Lehrerzimmer, im Oberstufenraum oder in der – Modell Raucherecke – neu eingerichteten Kommunikationszone auf dem Pausenhof.

„Wir haben das bewusst getan, um den Schülern digitale Pausen zu ermöglichen und sie anzuregen, in den Pausen wieder da zu sein, wo sie sind“, erklärt Schulleiterin Dorothea Blume laut Kreiszeitung das Verbot. Sie zeigt sich zufrieden mit der Regelung und ihrem Effekt: Die Schüler:innen redeten in den Pausen wieder miteinander. Diesen Eindruck teilten auch viele Lehrkräfte, wie Schulelternratsvorsitzende Melanie Hamann berichtet. Sie sammelt als Mitglied der Arbeitsgruppe Schulordnung Feedback zum Smartphone-Verbot ein.

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Positiver Effekt wissenschaftlich bestätigt

Die von den Pädagog:innen wahrgenommene positive Wirkung bestätigte erst kürzlich eine Studie der Universität Augsburg auch wissenschaftlich. Tobias Böttger und Professor Klaus Zierer, beide am Lehrstuhl für Schulpädagogik der Universität Augsburg tätig, hatten Untersuchungen aus Ländern mit einem Smartphone-Verbot an Schulen ausgewertet – mit der Erkenntnis: Ein Smartphone-Verbot verbessert vor allem das soziale Klima an Schulen, was sich in einem höheren Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler widerspiegele (News4teachers berichtete).

Am Verdener Domgymnasium sind jedoch nicht alle mit der neuen Regelung zufrieden. Vor den Herbstferien manifestierte sich die Kritik in Form einer ungewöhnlichen Protestaktion. Unbekannte hatten in der (für die kurze Handy-Nutzung freigegebenen) Kommunikationszone mehrere Sitzbank-Tischkombinationen aus Holz zu einer Pyramide übereinander getürmt. Ein Foto davon mit der Unterschrift „Protest gegen das Handy-Verbot am Domgymnasium“ kursierte anschließend in den sozialen Medien. Für Schulleiterin Blume ist die Aktion nicht mehr als grober Unfug. Sie verweist auf den aufwändigen Aushandlungsprozess zwischen Schüler:innen, Lehrkräften und Eltern, der der neuen Regelung in der Schulordnung vorangegangen sei.

Kommunikationszone – nur ohne Sitzgelegenheiten

Diesen bestätigt auch Schulelternratsvorsitzende Hamann. Sie weiß aber auch zu berichten, dass trotz des Wunschs der Schüler:innen in der Kommunikationszone – in der sich nun die getürmten Sitzmöbel fanden – keine Sitzbank stehen darf. Dies soll die Zeit am Smartphone ungemütlich und damit kurz halten. Wie es mit dem Smartphone-Verbot am Domgymnasium weitergeht, ist noch offen. Die Schule will die Regelung erst Anfang 2025 evaluieren und bis dahin Feedback sammeln.

Schulleiterin Blume würde sich allerdings eine landeseinheitliche Vorschrift wünschen: „Lieber wäre mir natürlich, das Land Niedersachsen hätte eine generelle Regelung getroffen. So wird jede Schule mit dem Problem alleingelassen.“ Eine Auffassung, die auch Schulleitungen in anderen Bundesländern teilen, wie ein Beitrag von rbb24 zeigt. „Ich glaube, eine landesweite Regelung würde Ruhe schaffen. Das gilt dann einfach für alle“, sagt dazu etwa die Schulleiterin des Berliner John-Lennon-Gymnasiums Antoneta Berisha. Ähnlich sieht das Schulleiter Manfred Gehrke von der Beriner Theodor-Haubach-Schule. Das beliebige Herumprobieren in jeder Schule ist aus seiner Sicht „ein taktischer Fehler“. Er präferiere ein generelles Handy-Verbot.

Erfahrung mit einer solch allgemein geltenden Vorgabe hat beispielsweise Bayern. Doch vor zwei Jahren hob das dortige Kultusministerium das landesweite Handy-Verbot an Schulen auf. Der damalige Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) erklärte diesen Schritt gegenüber dem „Merkur“ mit den Worten: „Ein generelles Verbot über alle Schularten hinweg halte ich für nicht zeitgemäß.“ Es gehe an der Realität vorbei. „Mir persönlich ist es wichtig, dass die Schulen sich flexibel für die Lösungen entscheiden können, die für alle Beteiligten am besten passen.“ Die Verantwortung – und damit auch die Arbeit – entsprechende Kompromisse auszuhandeln, übertrug er den Schulen. News4teachers

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