HAMBURG. Schlechte Technik und unzureichender IT-Support stressen Lehrerinnen und Lehrer: Arbeitsbedingungen an Schulen mit «geringerer digitaler Reife» sind deutlich belastender als an technisch gut ausgestatteten Einrichtungen. Das zeigt eine Studie, die die GEW Hamburg in Auftrag gegeben hat.
Die digitale Ausstattung an Hamburgs Schulen liegt einer Studie zufolge über dem Bundesschnitt, allerdings nicht überall. So gebe es eine deutliche digitale Kluft zwischen den weiterführenden Schulen der Hansestadt, heißt es in der Untersuchung der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen. Besonders groß seien die Unterschiede bei den Strategien zur Anwendung digitaler Technik, der Einbindung der Lehrkräfte bei der Entwicklung von Strategien sowie bei der Verfügbarkeit von technischem Support. Und: Das hat Einfluss auf die Belastungssituation von Lehrkräften.
Die Untersuchung ist Teil einer großen Arbeitszeit- und Belastungsstudie für den Schuldienst, die nach Angaben der GEW im Sommer vorgelegt werden soll. An der repräsentativen Teilstudie nahmen 925 Lehrkräfte von 118 weiterführenden Schulen teil, wie Studienleiter Frank Mußmann sagte. Erfreulich sei, dass 94 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer täglich oder mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht einsetzten.
Lehrkräfte erwarten professionelleren und effektiveren Unterricht
Die Erwartung der Lehrkräfte sei dabei, den Unterricht professioneller, effektiver und aktueller gestalten zu können. Außerdem gehe es ihnen um die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. «Die Motivation der Lehrkräfte ist definitiv Treiber der Entwicklung», sagte Mußmann. Es gebe aber auch Hindernisse, etwa die fehlende Vorbereitungszeit zum Einsatz der digitalen Medien. Auch sei der Aufwand zur Umstellung hoch und es fehle oft eine Einbindung in schulische Entwicklungsprozesse.
Vor diesem Hintergrund sei der Einsatz digitaler Medien für Lehrkräfte auch eine zusätzliche Arbeitsbelastung. «74 Prozent nehmen die Digitalisierung als zusätzliche Aufgabe, insofern auch als zusätzliche Arbeitsbelastung wahr», sagte Mußmann, der in diesem Zusammenhang auch von digitalem Stress sprach. Dieser sei umso höher, je häufiger etwa die Technik streike. So erlebten an digitalen Vorreiterschulen nur elf Prozent der Lehrkräfte wegen Defekten zusätzlichen Stress, während es an Nachzüglerschulen 63 Prozent seien.
Hamburgs GEW-Vize Yvonne Heimbüchel sagte: «Wir brauchen ein gutes Niveau in allen Schulen.» Auch die jetzt noch als Nachzüglerschulen identifizierten 25 Prozent der Bildungseinrichtungen müssten mitgenommen werden. Zudem müsse es mehr Zeit für kollegialen Austausch geben. Nach wie vor fehlende Medienbildungskonzepte müssten entwickelt und der IT-Support müsse professionalisiert werden. «Es kann nicht sein, dass wir Schulen haben, wo der IT-Support im Grunde nebenbei läuft.»
Digitaler Stress führt zu erhöhtem Burnout-Risiko
«Die Arbeitsbedingungen der Hamburger Lehrkräfte an Schulen mit geringerer digitaler Reife sind deutlich belastender, da die Infrastruktur weniger zuverlässig ist und technische Ausfälle an der Tagesordnung sind», sagte Heimbüchel. Der auch daraus resultierende digitale Stress führe zu einem erhöhten Burnout-Risiko.
Die Lehrkräfte müssten daher zeitlich, technisch und konzeptionell besser ausgestattet werden. «Die Schulbehörde muss endlich nachlegen, um die Hürden und Ungerechtigkeiten zu überwinden.» Denn diese erhöhten nicht nur die Belastungen für die Lehrkräfte, sondern gefährdeten auch die Zukunft einer digitalen Bildung und gerechten Teilhabe der Schülerinnen und Schüler.
Behörde: fast überall digitale Präsentationssysteme
Die Schulbehörde wies darauf hin, dass es bereits mehr als 500 Fortbildungen für Lehrkräfte mit jährlich mehr als 10.000 Teilnahmen gegeben habe. Zudem starte mit dem neuen Schuljahr an allen weiterführenden Schulen Informatik als Pflichtfach. Hinzu komme, dass die Schulbehörde seit Anfang des Jahres sukzessive einen zentralen IT-Support für alle Schulen einführe, der auch eine Hotline für Supportanfragen und bei Störungen bieten soll.
Nach früheren Angaben der Schulbehörde sind inzwischen fast alle Unterrichtsräume mit digitalen Präsentationssystemen ausgestattet. Die Quote liege bei rund 95 Prozent. Zudem verfügten alle Hamburger Schulen über schnelles Internet. Darüber hinaus seien zwischen 2019 und 2024 für die Schülerinnen und Schüler 65.000 digitale Endgeräte angeschafft worden. Das entspreche einer Abdeckung von einem Gerät pro drei Schüler. News4teachers / mit Material der dpa
