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Ist eine Linke ungeeignet für den Schuldienst? Streit um “Berufsverbot” eskaliert

MÜNCHEN. Eine angehende Lehrerin aus Bayern, Klimaaktivistin und bekennende Marxistin, wird womöglich nicht zum Referendariat zugelassen – entschieden ist das entgegen ursprünglicher Meldungen noch nicht. Aus der Staatskanzlei kommt gleichwohl die Ansage: «Wir wollen weder Kommunisten noch Nazis in unseren Schulen.» Die Betroffene wehrt sich allerdings. 

Marx und Engels in Berlin – verfassungsfeindlich? Foto: Shutterstock / Mo Photography Berlin

Im Streit um ein vermeintliches Berufsverbot für eine angehende Lehrerin hat Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) klargestellt, dass eine Zulassung zum Referendariat bisher nicht verweigert wurde. Hintergrund des Streits ist ein Bericht über die Klimaaktivistin Lisa Poettinger. Diese hatte auf der Plattform X über ein gegen sie verhängtes «Berufsverbot» geklagt, das ihr seitens des Freistaats erteilt worden sei. In dem Kontext hatte sie auf einen Beitrag der «Süddeutschen Zeitung» verwiesen, in dem es heißt, sie sei zum Referendariat endgültig nicht zugelassen worden (News4teachers berichtete).

Wie Herrmann weiter mitteilte, ist dies aber noch nicht entschieden, vielmehr werde der Fall aktuell noch geprüft. Ähnlich hatte sich zuvor auch ein Sprecher des Kultusministeriums auf Anfrage geäußert. Poettinger habe demnach keinen finalen Ablehnungsbescheid, sondern lediglich ein Anhörungsschreiben erhalten. Die finale Entscheidung steht demnach aus. Laut Ministerium soll Poettinger darauf bereits geantwortet haben. Am 17. Februar starten die neuen Referendarinnen und Referendare in Bayern ihren Dienst.

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Klimaaktivismus sei nicht der Grund für Prüfung

Herrmann hob hervor, dass – anders als behauptet – Poettingers Tätigkeit als Klimaaktivistin nicht der Grund für das Anhörungsverfahren sei. Es gehe um ihr «Engagement in linksextremistischen Vereinigungen sowie auch um im Zusammenhang stehende strafrechtliche Ermittlungen». Poettinger war zuvor an Veranstaltungen der Gruppe «Offenes Antikapitalistisches Klimatreffen München» beteiligt. Die Organisation wurde vom bayerischen Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft.

Herrmann stellte klar: «Extremisten haben im Staatsdienst nichts verloren, im Schuldienst erst recht nicht. Wir wollen weder Kommunisten noch Nazis in unseren Schulen.»

Poettinger selbst bestätigte auf Anfrage, dass sie den Vorwürfen in dem Anhörungsschreiben widerspricht. Sollte sie einen finalen Ablehnungsbescheid bekommen, will sie rechtlich dagegen vorgehen. Die Gleichsetzung von Antikapitalismus und Marxismus – dem sie sich selbst zuordnet – mit Demokratiefeindlichkeit sei «skandalös», sagte Poettinger. Sie sei überrascht, dass ein Staat, der sich der Meinungsfreiheit verschreibe, so handle.

Poettinger stellt sich auf «X» als „Kinderpflegerin. Lehramtsanwärterin. Klimaaktivistin. Marxistin, nicht Grüne» vor – und gibt dann noch den Slogan hinzu: «Klimaschutz = Klassenkampf»).

Die Linke München bekundet hingegen auf «X», «geschlossen hinter unserer Genossin» zu stehen. Sie meint: «Das Berufsverbot gegen sie ist Ausdruck zunehmender staatlicher Repression gegen Linke und ein weiterer Schritt der Gesellschaft nach Rechts. Die Erkenntnis, dass konsequenter Klimaschutz und kapitalistisches Wirtschaften sich widersprechen, ist notwendig. Nicht demokratiegefährdend. Die bayerischen Schüler*innen könnten von einer mutigen, klugen und engagierten Lehrerin wie Lisa eine Menge lernen.»

Sie selbst postet: «Ich war heute den ganzen Tag nicht erreichbar wegen Arbeit und komme gerade zurück ans Handy, an Social Media, usw. Und damn – eure Solidarisierungswelle ist overwhelming. Danke euch allen! <3 Unterstützungsmöglichkeiten wird es geben, danke für die Nachfragen! :)» Eine Pressekonferenz in eigener Sache, die sie eigentlich für den 6. Februar anberaumt hatte, will sie nun auf den 31. Januar vorverlegen: «aufgrund des extrem hohen Interesses». News4teachers / mit Material der dpa

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