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Ataman: “Migration und Vielfalt gehören zu Deutschland wie die Bratwurst”

BERLIN. Rassismus und Diskriminierung sind allgegenwärtige Probleme in Deutschland, die sich auch im Bildungssystem widerspiegeln. Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, warnt gegenüber der Funke Mediengruppe eindringlich vor einer Zunahme rassistischer Diskriminierungen im Alltag und fordert ein entschiedenes Vorgehen. Besonders Schulen, das hatte sie in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht, spielen eine zentrale Rolle in der Bekämpfung von Vorurteilen und der Schaffung eines respektvollen Miteinanders.

“Deutschland hat darin bisher versagt”: Ferda Ataman. Foto: Kritzolina / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Seit 2006 sind bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes rund 21.600 Anfragen eingegangen, in denen Menschen von rassistischer Diskriminierung berichteten. Diese reichen von Mobbing am Arbeitsplatz bis hin zu diskriminierenden Vorurteilen im medizinischen Bereich, wenn etwa Muslime als Patienten abgelehnt würden. Diese Zahlen nannte Ataman nun.

Alarmierend sind demnach auch Berichte über rassistische Vorfälle an Schulen: Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund würden beispielsweise mit Beleidigungen wie “kleiner Terrorist” konfrontiert. Ataman betont, dass – anstatt die Sicherheitsgefühle von zugewanderten Menschen zu stärken –, sie zunehmend als Sicherheitsproblem dargestellt würden.

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„Schulen sind keine diskriminierungsfreien Zonen. Im Gegenteil: Nirgendwo lohnt es sich mehr, sich für ein respektvolles, faires Miteinander zu engagieren“

Der rassistische Anschlag in Hanau vor fünf Jahren, bei dem ein Rechtsextremist neun Menschen tötete, wirkt ihr zufolge bis heute nach. „Das war ein Schock für alle Migranten und ihre Nachkommen”, sagt die Antidiskriminierungsbeauftragte. Viele Menschen mit Migrationshintergrund haben laut Ataman seitdem mehr Angst als je zuvor.

Kritik äußerte sie an den unzureichenden Konsequenzen, die aus der Tat gezogen wurden: Fehlende offizielle Entschuldigungen für Ermittlungsfehler der Polizei, keine nachhaltige Aufklärung des behördlichen Versagens und das Fehlen eines zentralen Mahnmals in Hanau seien deutliche Versäumnisse.

Hunderte per Haftbefehl gesuchte Rechtsextreme liefen in Deutschland frei herum. Zudem sei der Vater des Täters weiterhin in der Lage, die Hinterbliebenen zu drangsalieren. Ataman wörtlich: „Staat und Behörden in unserem Land haben die Pflicht, nach einem Anschlag wie in Hanau Konsequenzen zu ziehen, damit sich solche Taten nicht wiederholen. Leider muss man sagen: Deutschland hat darin bisher versagt.“

Ataman kritisiert insbesondere die vergangene FDP-Bundestagsfraktion, die das Demokratiefördergesetz blockiert und als „linkes Ideologieprojekt“ verunglimpft habe.

Hintergrund: Der schließlich gescheiterte Gesetzentwurf sah vor, „Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und Extremismen wie Rechtsextremismus, islamistischer Extremismus, Linksextremismus“ sowie „Hass im Netz, Desinformation und Wissenschaftsleugnung“ als Gefahren für die Demokratie zu benennen. Konkret gefördert werden sollen unter anderem Initiativen zur „Stärkung und Förderung demokratischer Werte“ und des demokratischen Engagements, Projekte zur „Selbstermächtigung und Selbstbestimmung der von Diskriminierung betroffenen Gruppen“ sowie Maßnahmen zur Extremismusprävention. Das im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbarte Gesetz hätte erstmals einen gesetzlichen Auftrag des Bundes zur Förderung und Stärkung der Demokratie sowie der politischen Bildung bedeutet.

Dass dies nicht zustande kam, sei – betont Ataman – gerade in Zeiten wachsender rechtsextremer Gefahren ein fatales Signal an Millionen von Menschen gewesen, die sich gegen Extremismus engagieren. Auch die ständige Stigmatisierung von Menschen mit Migrationsgeschichte in politischen Debatten verschärfe das Problem, sagt Ataman und unterstreicht: „Migration und Vielfalt gehören zu Deutschland wie die Bratwurst und Schrebergärten.“

Ataman hatte in der Vergangenheit immer wieder auch auf die Bedeutung von Schulen im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung betont. „Schulen sind keine diskriminierungsfreien Zonen. Im Gegenteil: Nirgendwo lohnt es sich mehr, sich für ein respektvolles, faires Miteinander zu engagieren“, sagte die Antidiskriminierungsbeauftragte. News4teachers

Deutschland hat ein Rassismus-Problem (auch in den Schulen) – und das nicht erst seit gestern. Ein Kommentar

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