MÜNCHEN. Eine angehende Lehrerin, prominente Klimaschützerin, wird nicht zum Referendariat zugelassen – weil sie angeblich Linksextremistin ist. Nun beschäftigt die Entscheidung des bayerischen Kultusministeriums die Justiz. Die GEW unterstützt den Eilantrag.
Der Ausschluss von Klimaaktivistin Lisa Poettinger vom Referendariat in Bayern, News4teachers berichtete, wird zum Fall für die Justiz. Wie das Verwaltungsgericht München bestätigte, stellte Poettingers Anwältin am Montag, dem Tag des Dienstbeginns für die neuen Referendarinnen und Referendare im Freistaat, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf eine vorläufige Zulassung.
Der Antrag sei dem Freistaat als Antragsgegner übermittelt worden, sagte ein Gerichtssprecher. Das Gericht wolle «nach Möglichkeit zeitnah» über den Antrag entscheiden. Mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung will Poettingers Rechtsanwältin erreichen, dass die Lehramtsstudentin doch noch als Beamtin für das Referendariat zugelassen wird.
Die Anwältin hat laut «Spiegel» einen Plan B, sollte das Gericht ihrem Antrag nicht nachkommen. Für diesen Fall will sie «gerichtlich erzwingen, dass der Freistaat Lisa Poettinger stattdessen eine Ausbildung in Form eines Anstellungsverhältnisses ermöglichen muss.» Sie werde eine entsprechende Klage dann zeitnah beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen.
«Natürlich steht es Lisa Poettinger zu, verbeamtet zu werden. Aber eine Anstellung im öffentlichen Dienst wäre ein weiterer gangbarer Weg, damit sie noch Lehrerin werden kann», sagt die Juristin laut Bericht. Der Freistaat Bayern sei in der Verantwortung. «Schließlich hat es das Monopol auf die Lehrerausbildung im Land.» Es gehe nicht an, dass das Kultusministerium «de facto ein Berufsverbot verhängt.»
«Lisa Poettinger ist eine engagierte Pädagogin. Bayern muss ihr den Abschluss ihrer Ausbildung ermöglichen»
Die GEW, die Poettinger juristisch unterstützt, sieht das ebenso. GEW-Landesvorsitzende Martina Borgendale sagt: «Lisa Poettinger ist eine engagierte Pädagogin. Bayern muss ihr den Abschluss ihrer Ausbildung ermöglichen.» Ein Problem sei auch, dass das Bayerische Lehrerbildungsgesetz vorschreibt, dass schon der Vorbereitungsdienst zum Lehrerberuf, also das Referendariat, «ausschließlich im Beamtenverhältnis auf Widerruf abzuleisten» sei, wie es dort in Artikel 5 heißt. Das sei nicht überall so: Unter anderem in Schleswig-Holstein, Bremen und Sachsen-Anhalt sei das Referendariat auch im Angestelltenverhältnis möglich.
Poettinger ist Mitglied in der Gruppe «Offenes Antikapitalistisches Klimatreffen München», welche der bayerische Verfassungsschutz als linksextrem einstuft. Sie hatte sich auch wiederholt an Protesten für mehr Klimaschutz engagiert – hierzu laufen noch offene Verfahren gegen sie.
In einer früheren Stellungnahme hatte Poettinger Auszüge aus dem Schreiben des Ministeriums zur Begründung der Entscheidung veröffentlicht: «Nochmals und ausdrücklich sei konstatiert, dass Ihnen Klimaschutz per se nicht zur Last gelegt wird», hieß es darin demnach. «Insbesondere sei betont, dass sich nach Erkenntnis des Verfassungsschutzes linksextremistisches Handeln und Engagement für den Klimaschutz nicht ausschließen, sondern, ganz im Gegenteil: Es ist nicht ungewöhnlich, wenn im Einzelfall – wie bei Ihnen – beides Hand in Hand geht.»
Die Anwältin hält die Aussichten für ihre Mandantin, doch noch den Zugang zum verbeamteten Referendariat zu erzwingen, für gut – und die Gründe für die Nichtzulassung, die das bayerische Kultusministerium angibt, für schwach. So argumentiert die Behörde auch damit, dass Poettinger «Begrifflichkeiten der kommunistischen Ideologie« verwende, so etwa «Profitmaximierung». Das sei «absurd», sagt die Juristin gegenüber dem «Spiegel»: «Auch Wirtschaftswissenschaftler und der Papst gebrauchen das Wort.» News4teachers / mit Material der dpa
Fleischmann: Fall Poettinger löst beim Lehrer-Nachwuchs große Verunsicherung aus

